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"Rey!", hörte ich jemanden rufen. "Ja!?", rief ich zurück. "Beeil dich, der Zug nach Rothern fährt gleich!", rief Mom zurück. "Gut!", sagte ich. Ich hatte meinen Koffer bereits in den Kofferraum unseres Autos befördert, wo ich jetzt auf der Rückbank saß. "Isaac wird dich vom Bahnhof an begleiten", sagte Mom. Wer zur Hölle ist Isaac? , fragte ich mich. "Mom, wer ist Isaac?", fragte ich zaghaft. "Dein Cousin, der Sohn von Dad seinem Bruder Charles, er ist drei Jahre älter als du und geht auch auf die Horizontschule", antwortete Mom. Inzwischen waren wir am Bahnhof angekommen und Dad, der sich die ganze Zeit im Auto mit Captain Blaubär Heftchen von Luis, meinem sechsjährigem Bruder vertrieben hatte, führte mich zu Isaac. "Na Isaac, wie läuft es so, Gott, hab ich dich lang nicht mehr gesehen, das letzte mal warst du vier oder fünf Jahre alt", sagte Dad. "Bei mir ist alles super, Onkel Karl, aber wie geht's dir?", fragte Isaac. War ich Luft oder was?, dachte ich. "Gut", sagte Dad kurz angebunden. Nach einer unwirschen Verabschiedung ließ er Isaac und mich alleine. "Du bist also meine kleine Cousine Reyna", sagte Isaac und musterte mich. "Rey, bitte", sagte ich. "Ich hatte dich mir ganz anders vorgestellt, mit dem schwarzem Haar deines Vaters", sagte Isaac. Ich hatte zwar die dunkelbraunen Locken von Mom geerbt, aber der Rest war größtenteils von Dad. "Hm", sagte ich nur. "Rey, komm, wir müssen los, der Zug nach Rothern fährt in zehn Minuten", sagte Isaac irgendwann. Er klang ungeduldig, was er auch war, da er dasselbe schon dreimal gesagt hatte und ich es gekonnt ignoriert hatte. Ich versuchte es wieder, doch jetzt wurde er langsam wütend: "Rey, entweder du kommst jetzt mit mir mit, oder ich geh alleine, das ist mir ehrlich gesagt egal!" "Ich komm ja schon", sagte ich und stieg schließlich zusammen mit Isaac in den Zug nach Rothern ein. "Rey?", fragte Isaac irgendwann. "Hm?", fragte ich. Ich war erschöpft und müde und hatte eigentlich vor ein wenig zu schlafen, bevor wir an der Horizontschule ankamen. "Was hast du für... naja... Schwächen?", fragte Isaac. "Ich sag sie dir unter der Bedingung, dass du mir dann auch deine erzählst", sagte ich. "Einverstanden", sagte Isaac. "Also", fing ich an. "Ich ähm bin sehr 'begabt' darin mich in irgendwelche Schwierigkeiten zu bringen", sagte ich und lief rot an. "Aha", sagte Isaac. "Und deine?", drängte ich. "Ich bin irgendwie voll der Kontrollfreak", sagte Isaac. "Dann sitzen wir ja Angesicht zu Angesicht dem Feind gegenüber", sagte ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht. "Allerdings", bestätigte Isaac. Ich blickte an die Decke der S-Bahn und sah, dass wir in zehn Minuten in Rothern ankommen würden, also lohnte es sich nicht nochmal zu versuchen zu schlafen. "Isaac, wir sind da!", sagte ich, nachdem der Zug angehalten hatte und Isaac keinerlei Anstalten machte auszusteigen. "Oh, danke Rey", sagte er. Seine Stimme klang müde. Er ging mit mir zu einem Bus, der aussah, als ob er von irgendwelchen bekloppten mit Graffitis besprüht worden sei. Wir stiegen in den Bus ein und ich war froh, dass wir einen Sitzplatz ergattern konnten. Hier driftete ich wirklich in den Schlaf ab. Ich träumte irgendwas von einem Tiger, der mit einer Henne Heiratete und dessen Kinder ein schwarzer Panther und ein Schaf mit lilafarbener Wolle waren, die Luke und Fina hießen. Mein Traum wurde abrupt beendet, als Isaac mich wachrüttelte. "Wir sind da", flüsterte er. Ich öffnete meine Augen und war ziemlich froh, das es dunkel war. Ich folgte Isaac in das unglaublich riesige Schulgebäude der Horizontschule. Ich war froh, dass ich nicht mitten im Jahr wechseln musste, denn so bekamen die Neulinge einen Sitzplatz. Isaac ging mit einer Gruppe Jungen seines Alters mit. Dann begann ein Mann zu sprechen: "Herzlich willkommen auf der Horizontschule an die Neulinge, an die, die schon länger hier sind, herzlich willkommen zurück! Ich bin Mr. Nail, und jetzt ein paar Dinge, die ihr beachten solltet: Nach 22 Uhr hat sich niemand mehr auf den Gängen oder sonst wo aufzuhalten, mit Ausnahme der eigenen Zimmer. Der Wald darf nicht ohne Begleitung betreten werden, und ab 19 Uhr ist er sowieso für euch Schüler Tabu. Ihr habt von 7:30 Uhr bis 8:30 Zeit zu Frühstücken, dann habt ihr noch eine halbe Stunde Zeit, bis der Unterricht beginnt. Die Stundenpläne bekommt ihr morgen beim Frühstück und ihr werdet ganz normal mit Vornamen angesprochen!" Nach dieser Rede bekam jeder Neuling einen sogenannten Paten, ich war froh, als sich der meine als Isaac herausstellte. Er führte mich zu meinem Zimmer und ich warf ihm ein "Gute Nacht" hinterher, als er sich auf den Weg zu seinem Zimmer machte. Ich war so müde, dass ich mir nicht mal die Mühe machte mich auszuziehen und in T-Shirt und kurzer Sporthose ins Bett schlüpfte.

Der Wecker klingelte am nächsten morgen um 7:00 Uhr, also viel zu früh. Ich meine hatte Mr. Nail nicht gesagt, dass das Frühstück erst um halb acht beginnt, und der Unterricht um neun? Müde wie ich war zog ich mir dennoch was ordentliches an. Unter was ordentliches fiel heute ein blaues T-Shirt und eine kurze Jeans. Ich putzte mir die Zähne und wusch aus welchem Grund auch immer meine Haare. Als diese endlich getrocknet waren blickte ich erneut auf den Wecker, der 7:50 Uhr anzeigte. Ich ging zum Speisesaal, der glücklicher Weise der Raum war, in dem wir willkommen geheißen wurden. Ich setzte mich zu einer kleinen Gruppe gleichaltriger Mädchen. "Hi, bist du auch neu?", fragte eines der Mädchen an mich gewandt. "Ja", sagte ich. "Ich bin Elena und wie heißt du?", fragte das Mädchen. "Ich heiße Reyna, nenn mich aber bitte nur Rey", antwortete ich. "Ok, Rey", sagte Elena. Inzwischen wurden die Stundenpläne verteilt. Elena und ich verglichen unsere und mussten feststellen, dass wir fast identische Stundenpläne hatten. "Och Menno, ich hätte gern mit dir Verteidigung gehabt, aber da du in diesem Halbjahr Fechten hast und ich Bogenschießen geht das wohl nicht", beklagte sich Elena. "Ja, find ich auch schade, aber dafür haben wir aber alles andere zusammen", sagte ich. Wir suchten unsere Schulsachen zusammen und gingen den Raum suchen, in dem wir jetzt Unterricht hatten.

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