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Es fühlt sich ein wenig an wie Blut oder Messerstiche, die Tränen, die über meiner eiskalten Wangen laufen, während ich nach Hause eile.

Meine halb eingefrorenen Beine und meinen völlig durchnässten Oberkörper spüre ich überhaupt nicht mehr, ein anderer Schmerz rückt in den Vordergrund.

Eine Art Schmerz, den ich noch nicht kannte.

Man hörte oft davon, wie Jugendliche veräppelt, beleidigt und völlig niedergemacht wurden. Man bekam es auch oft genug mit. Aber man geht immer davon aus, dass es einem selbst niemals passieren wird.

Völlig fertig schleppe ich mich die Treppen zu unserer Haustüre hoch und krame nach meinem Schlüssel. Ich schniefe kurz, wische mir über das Gesicht und sperre auf.

Ich blieb kurz im Türrahmen stehen, jedoch regte sich nichts im Haus, was darauf hin deutet, dass niemand daheim zu sein scheint.

Ein wenig erleichtert trete ich ein, ziehe mir schnell meine ebenfalls nassen Schuhe aus Stoff aus und stürme geradewegs hoch in das Badezimmer. Ich zerre mir die eiskalten und nassen Klamotten vom Leib, während immer mehr Tränen unaufhaltsam über meine Wangen fließen.

Was habe ich ihnen getan, dass sie mich so behandeln müssen? All die fremden Menschen, die mir bis heute nur ins Gesicht gelächelt haben, während sie sich all das Schlimme dachten.

Ich springe in die Dusche, lasse das Wasser heiß werden und verkneife mir einen Aufschrei, als es auf meine eiskalte Haut trifft. Es fühlt sich an, als würde ich verbrühen. Ehrlich gesagt hätte ich nicht mal etwas dagegen, wenn ich brennen würde.
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Ich habe das Gefühl, nur noch im Bett liegen und niemals wieder aufstehen zu wollen.

Ich ziehe mir etwas Bequemes an und krieche dann unter meine Decke. Meine Haut prickelt und schmerzt, aber es ist mir egal.

Mit zitternden Händen greife ich nach meinem Handy. Irgendwas in mir drinnen sagt mir, dass ich es lassen soll und nicht mehr weiterlesen soll, aber die andere Seite kämpft dagegen an. Und eine Seite ist immer stärker.

Es sind mehr Nachrichten geworden als vorher. Mein Herz fängt an, schneller zu schlagen und ein Adrenalinstoß durchfährt mich.

Ich scrolle zu den neuen Kommentaren, die immer gemeiner und rücksichtsloser werden. Doch das Schlimme ist, es wurden auch immer mehr bearbeitete Bilder, die die Kommentarbox sprengten.

Wieder fangen die Tränen an zu fließen und ich frage mich, wie es überhaupt möglich ist, so viel an einem Tag zu weinen.

Eine eingegangene Nachricht wird mir gemeldet und ich sehe, dass mir all die fremden Menschen auch privat schreiben. Mit zitternden Händen suche ich Jade's Nummer raus und tippe wild drauf los. Ich mache ihr Vorwürfe, stelle rhetorische Fragen und weine schließlich, weil ich weiß, dass es alles sowieso nicht rückgängig machen wird.

'Ich kann daran nichts ändern, Adina. Es ist, wie es ist', lautet ihre Antwort und ich lese mir die Nachricht immer und immer wieder durch, bis ihr Bild verschwindet und ich bemerke, dass sie mich blockiert hat.

Der letzte Hoffnungsfaden, der mich vielleicht ein paar Zentimeterchen noch festhielt, riss und ich fiel. Fallen ist nicht frei sein. Frei sein bedeutet, wenn du keine Gefühle mehr in dir trägst und ich bin voll mit ihnen. Hass, Wut und Angst, zusammen mit mir eingesperrt.

Eine weitere Nachricht lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf mein Handy. Sie stammt von Colin und ich wische mir die Tränen weg, als ich seinen Namen lese.

'Ich habe das auf Facebook mitbekommen, Adina. Du darfst dir das nicht zu Herzen nehmen. Sie werden alles zurückbekommen.'

Ich höre, wie die Haustüre aufgesperrt wird und meine Familie das Haus betritt. Ich höre sie lachen und Witze reißen, obwohl ich die nicht hören möchte. Ich möchte nicht, das gelacht wird. Ich möchte nicht, dass jemand glücklich ist während ich leide.

Hektisch werfe ich das Handy weg, als wäre es giftig, und presse dann meine Augen fest zusammen. Die Müdigkeit übermahnt mich plötzlich und ich falle dankbar in einen tiefen Schlaf.
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und auch hier nochmal, dieser Account ist mehr als nur pausiert. wenn ihr mehr wissen wollt, lest meine Bio oder meinen Post, zu dem ihr euch runterscrollen müsstet. ich werde versuchen, alles zu beenden und werde dann von der Bildfläche verschwinden.

Break upWo Geschichten leben. Entdecke jetzt