9. Kapitel

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Ich wachte in Mias Bett auf und streckte mich.

Der laute Wecker hatte uns aus dem Traum geworfen.

"Und?", fragte mich Mia gähnend. "Was wolltest du heute Nacht unbedingt essen?"

"Zuckerwatte.", antwortete ich lächelnd und erinnerte mich sofort wieder an den Traum.

Schnell blickte ich an mir herunter und betrachtete meinen Schlüssel noch einmal genauer.

Es war wirklich nicht das Original, ich war mir zu hundert Prozent sicher.

"Warte mit der Wahrheit Vani, wir müssen den Schlüssel auf eine andere Art und Weise besorgen.", meinte Mia zu mir, als könnte sie meine Gedanken lesen.

"Aber... Wer weiß, ob er schon das Geheimnis gefunden hat, wir dürfen nicht mehr warten!", meinte ich dann wütend.

Ich wollte ihn am liebsten wieder K.O. schlagen, wenn er mir den Schlüssel nicht von selbst herausrücken wollte.

~~~

Nachdem wir fertiggefrühstückt hatten (Lottie hatte leckere Waffeln gemacht!), fuhren wir mit einem coolen Tandemfahrrad, auf dem früher Liv und Mia gefahren sind, zur Schule.

Ich holte alle Physiksachen aus meinem Schließfach und lief vollbepackt in den Unterricht.

Wir wiederholten das Thema Magnetismus und mussten verschiedene Gegenstände auf ihre Anziehungsfähigkeit prüfen.

Ich und Mia wurden in eine Gruppe mit Milo zugeteilt.

Na toll, besser konnte es ja nicht werden.

Vielen Dank, Herr Physiklehrer, von dem ich den Nachnamen vergessen hatte...

Ich holte die Materialien für den Versuch, während Mia und Milo alles am Platz aufbauten.

Milo war mit einem Verband um die Nase wiedergekommen, anscheinend war sie verstaucht.

Warum konnte sie ihm nicht gleich abfallen?

Ich lief mit den ganzen Materialien zu unserem Tisch und während ich die Kiste abstellte, fiel mir der Magnet herunter.

Ich bückte mich, hob ihn auf und glitt dabei aus Versehen an der Jeans von Milo entlang.

Er stand mit dem Rücken zu mir, also schien er es nicht bemerkt zu haben.

Aber ich hatte etwas bemerkt.

Ich fuhr mit dem Magnet noch einmal über seine Hose und sah in seinem Arschbackenbereich eindeutig einen leichten Umriss eines Schlüssels herausstechen.

Ich legte den Magneten so nah an seinen Po, dass ich den Umriss wiedererkennen konnte.

Es war mein Schlüssel!

Dieser... Arsch!

"Was machst du da?", fragte mich ein Mädchen total verwirrt.

"Äh... nichts... mir ist nur der Magnet heruntergefallen und...", versuchte ich mich herauszureden, aber das schien sie doch nicht zu interessieren, weil sie anfing mit Milo herumzuflirten.

Ich seufzte und schlich mich zu Mia, die davon anscheinend nichts mitbekommen hatte.

"Hey, ich glaub ich weiß, wo mein Schlüssel ist.", flüsterte ich ihr ins Ohr und sie lächelte.

"Aber ich weiß nicht, wie ich an ihn herankommen soll... Ich meine, ich werde bestimmt nicht seinen Arsch begrapschen..."

"Ich hab eine Idee.", meinte Mia zu mir und meinte, ich solle bis zum Nachmittag warten.

~~~

Der Plan war eigentlich ausgezeichnet, wir hatten alles durchgeplant, wir mussten nur noch hoffen dass alles so klappt, wie wir es uns vorgestellt hatten.

Nach dem Unterricht fand ein wichtiges Basketballspiel statt, bei dem Milo auch trotz seiner Nasenverletzung mitmachte, weil das Spiel anscheinend sehr wichtig war.

Ich und Mia verteilten uns mit Walkie-Talkies, die sie in ihrer Spielzeugkiste gefunden hatte, in der Sporthalle.

Ich musste darauf achten, wo sich gerade Milo und seine Hose befanden, während Mia schaute, dass uns niemand störte.

Alles schien gut zu klappen, ich schlich mich in die Umkleidekabine der Jungs, die zum Glück nicht abgeschlossen wurde, aber abartig nach Schweiß stank.

Mit einer geliehenen Haarklammer brach ich ein Schloss der Schließfächer nach dem anderen auf (Silva hatte mir gezeigt, wie das geht).

Das fünfte Schließfach stellte sich als das von Milo heraus.

Darin befanden sich frische Handtücher, die ich vorsichtig mit Juckpulver bestreute und schelmisch grinste.

Das wird höllisch wehtun...

Darunter war seine Jeans, die ich ein bisschen herauszog und die Hosentaschen durchsuchte.

Aber auch als ich mit einem Magnet drüberfuhr, kam kein Schlüssel zum Vorschein.

War es vielleicht das falsche Schließfach?

Ich schaute noch einmal hinein, aber ich erkannte dort eindeutig Milos Schultertasche.

Ich wollte noch so gerne schauen, was sich in der Tasche befand, hatte aber leider schon das Juckpulver darüber gestreut, also ließ ich es lieber sein.

Enttäuscht flüsterte ich ins Walkie-Talkie: "Kein Schlüssel in der Hose, over."

"Bist du dir sicher, over?", meinte dann Mia.

Ich dachte noch einmal nach.

Der Abdruck im Physikunterricht war relativ eindeutig, aber zu schwach.

War er vielleicht nicht in der hinteren Jeanshosentasche, sondern...

"Rückzug! Basketballteam kommt in ca. zwei Minuten, over", zischte Mia ins Walkie-Talkie .

"Treffpunkt in der Mädchenumkleide, schnell, over!", zischte ich zurück, stopfte die Jeans hektisch wieder an ihren Platz und schlug alle offenen Spindtüren zu. Gerade, als ich herausrennen wollte, hörte ich aber schon die zufriedenen und lauten Stimmen der Basketballer.

Mann Mia, hättest du mich nicht vorher warnen können?

Zum Herausrennen war es schon zu spät.

Ich war aufgeflogen.

Oder...

Schnell rannte ich in das Behindertenklo im hinteren Bereich der Umkleide und hoffte, dass niemand auf die Idee kam, dort reinzulaufen.

"Bin noch in der Umkleide, aber der Treffpunkt steht noch, over!", flüsterte ich außer Atem ins Walkie-Talkie und stellte mich hinter die offene Tür, sodass man mich nur sehen konnte, wenn man im Klo war und die Tür schließen würde.

Und gerade, als ich die Tür noch ein letztes Stückchen zu mir gezogen hatte, hörte ich schon stampfende Schritte in die Umkleide kommen.

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