VIII.

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Ich weiß noch wie oft wir zusammen Drachen fliegen ließen. Ich weiß noch wie du lachtest als ich dich fragte ob wir dafür nicht zu alt wären. Man sei niemals für etwas zu alt, meintest du. Und wir ließen uns're Drachen fliegen.
Ich weiß noch wie oft wir nachts draußen saßen und uns fragten ob das Leben einen Sinn hätte. Ich weiß noch wie du mich mit deinen großen braunen Augen ansahst als ich sagte, dass ich denke, dass all das hier keinen Sinn hat. Alles hat einen Sinn, man muss ihm nur einen geben, meintest du. Und wir gaben uns'rem Leben einen Sinn.
Ich weiß noch wie oft wir in den Wolken Dinge sahen. Und ich weiß noch wie du mich tadelnd anblicktest als ich in einer Wolke einen Bär erkannte. Das sei ein alter dicker Man auf einem Sofa, meintest du. Und wir fingen beide zu lachen an, weil wir denselben alten Mann meinten.
Ich weiß noch wie du mich nachts mit Nachrichten zugespamt hast. Und ich weiß noch wie du lächelste als ich dir sagte wie süß das wäre. Für einen wundervollen Menschen sei es nur das was er verdiene, meintest du. Und wir umarmten uns beide lange.
Ich weiß noch wie oft wir nachts auf dem Dach saßen mit einem Bier in der Hand und träumten. Und ich weiß noch wie du matt in die dunkle Nacht blicktest als ich von meinen Träumen erzählte. Sie wären unrealistisch und doch würde ich sie nennen als ob ich sie am nächsten Tag erfüllen würde, meintest du. Und wir träumten von Dingen, die unrealistischer nicht sein könnten.
Ich weiß wie ich weinend auf dieser alten Eichenbank saß und realisierte, dass es kein wir mir geben wird. Und ich weiß noch wie du mir lächelnd von unserem Foto entgegen blicktest. Wenn ich den Kampf verliere, dann lebe ich trotz allem in deinem Herzen weiter, meintest du. Und ich blickte in den Himmel mit der untergehenden Sonne und spürte wie mein Herz zerbrach.
Ich weiß noch wie du in diesem hellen Sarg lagst und langsam in dein Grab hinabgelassen wurdest. Und ich weiß noch wie ich mir vorstellte was du jetzt wohl sagen würdest. Viel zu viele Menschen, die viel zu traurig sind, würdest du wohl meinen.
Und ich fing an zu lächeln bei dem Gedanken an dich.
Weißt du, jetzt stehe ich wieder hier. Mit gebrochenem Herzen knie ich hier und vermisse dich. Du fehlst mir so sehr, aber ich weiß, dass du dort oben gut auf meine Familie aufpasst. Und ich stelle mir vor wie ihr dort oben feiert und fröhlich seid. Und ich fange an all die unrealistischen Dinge zu tun für die uns're Zeit zu wenig war.

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