Nach kurzer wortloser Fahrt waren wir beim dem Haus meiner Tante angekommen.
Sie verdiente nicht schlecht. Ihr Haus glich eher einer Villa.
Als ich noch ein kleines Mädchen war, das in einer Welt erfüllt von Liebe und Freude lebte, war ich so oft wie möglich bei meiner Tante gewesen. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit in der ich in meinen pinken Prinzessinenkleid, mit einem Zauberstab in der Hand und einer Krone auf dem Kopf lachend von einem Zimmer ins nächste gesprungen bin und einfach alles noch so perfekt war. Doch mein Leben hatte sich geändert.
Zusammen mit meiner Tante brachte ich meinen Koffer in das Gästezimmer. Ich sah mich um.
Es sah alles noch genauso aus wie früher.
Die Bilder an den Wänden.
Dieselben Möbelstücke.
Derselbe Teppich auf dem Boden.
Es war alles wie früher.
Sogar meine alten Spielsachen lagen noch in der großen Eichentruhe, die am Ende des Ganges stand.
Als ich langsam den Deckel öffnete und meine alten Puppen rausnahm, füllten sich meine Augen mit Tränen. Einfach wieder Kind sein ....das wäre es. Unbeschwert zu leben und lachend durch die Zimmer hüpfen.
In Gedanken ging ich von Zimmer zu Zimmer. Ich hatte die Puppe immer noch in der Hand.
Im Flur strich ich mit meiner Hand die Wand entlang. So viele Erinnerungen. Ich kam schlussendlich auch in die Bibliothek. Ich hatte mich früher immer hier her zurückgezogen wenn ich traurig war oder einfach nur allein sein wollte.
Mein Blick fiel auf den Globus der noch immer im Zentrum der Bibliothek stand. Ich ging darauf zu und stupste den runden Erdball vorsichtig an. Er drehte sich. So wie früher als ich klein war stand ich nun da und beobachtete das Geschehen. Mein Blick fiel wieder auf die Puppe.
Eine freundliche Stimme riss mich wieder zurück in die Gegenwart."Wie ich sehe hast du dich schon gut eingelebt!", lachte meine Tante und fuhr dann fort, "Hast du Hunger Süße? Soll ich dir etwas machen?"
Ich nickte ihr zu und hauchte ihr ein leises 'Danke' zu. Sie nahm mich in den Arm und drückte mich. Sofort begann ich zu weinen.
'Wir schaffen das', flüsterte sie. Sie nahm mich an der Hand und gemeinsam verließen wir die Bibliothek.
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Engelsrufer
Teen FictionIch habe einmal gehört, dass jedes Ende auch ein Neuangang ist. Ich möchte gern glauben, dass es so ist. Wenn man sein lebenlang nur von allen fertig gemacht wird, kommt irgendwann der Zeitpunkt an dem man sich fragt, wofür man überhaupt noch kämpft...