Drogen.

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Auf diese Begegnung hätte er verzichten können. Dieser Mann hatte den Teenager in ihm hervorgerufen, denn bissigen, lächerlichen "Du kennst meinen Namen, aber nicht meine Geschichte!"-Teil von ihm. Aber er hatte ja eigentlich Recht. Was hatte Nathanial hier zu suchen? Macht? Einfluss? Drogen? Was würde ihm das alles bringen? Welchen Sinn hätte es, sich einen großen Namen zu machen, um dann doch an dem Tumor zugrunde zu gehen? Das hätte er genauso gut in Deutschland geschafft. Wenn nicht sogar besser. In einem hübschen kleinen Hospizzimmer mit Krankenschwestern, die ihm den Hintern und den Sabber aus dem Mundwinkel wischten, mit Opium das ihn komplett unzurechnungsfähig und süchtig macht und mit den Blicken seiner Eltern, die ihn mitleidig und traurig betrachteten ohne auch nur eine Ahnung zu haben, wie es ihm dabei geht. Sie würden ihn nicht fragen, ob er in ein Hospiz will. Sie würden nicht fragen ob er vielleicht lieber daheim bleiben würde, dort, wo er sich noch ein wenig wohl fühlt. Wenn er das Wort "Sterbehilfe" auch nur erwähnen würde, würden sie ihn für verrückt halten, lieber würden sie ihn leiden sehen.
Was wussten sie schon.
Wer hatte denn den Tumor? Wer hatte die höllischen Kopfschmerzen? Die Übelkeit? Die letzten Nachwirkungen der Chemotherapie? 
Wer musste zusehen, wie jeden Morgen mehr Haare im Kamm hängen blieben?

Aber das war vorbei. Entgültig. Für alle Zeit. Für immer. 
Er war weg, und sie hatten keine Ahnung wo er war, sie würden ihn nie finden können. Es war praktisch unmöglich. Und selbst wenn konnten sie ihn nicht zwingen, zurückzukommen. 
Er presst die Hände auf die Augen und streicht sich dann stöhnend über die Haare. Wieso dachte er überhaupt darüber nach, es war irrelevant. Er brauchte Abwechslung, und vor allem brauchte er endlich wieder Geld. Viel Geld. Und für beides gab es eine Lösung: Drogen. Ganz einfach. Er musste nur jemanden finden, der ihm für den Rest seines Geldes eine Menge vertickte, dass er dann weiter verkaufen würde. 

x x x 

Die Fassade des unverputzten Hauses grinste ihn an. Vielleicht bildete er sich das auch ein, wer weiß. Der Tumor machte ich manchmal etwas wirr im Kopf. Er klopfte gegen die Tür, die aus irgendwelchem alten, halb vergammelten Holz bestand und aussah, als würde sie auseinander fallen wenn er nicht aufpasste. Aus dem Inneren drang ein spanischer Fluch, dann schlurfende Schritte und schließlich wurde die Tür aufgezogen. Eine kleine, verrunzelte alte Frau schaute misstrauisch zu ihm auf. 
"Was willst du den, Blanco?"
Er stutzte kurz als er diese Bezeichnung hörte, aber er wollte es sich nicht mit ihr verscherzen. 
"Buenas noches! Ich weiß was für ein Geschäft du hier betreibst, aber ich will dich nicht aufhalten, ich denke nur dass wir gut zusammenarbeiten können.." 
"Und was bringt dich dazu?" 
"Ich habe saubere Klamotten und die Sicherheitsleute in den Hotels kennen mich nicht." Dazu setzte er sein schönstes Lächeln auf. Sie lächelte zurück und entblößte dabei drei einzelne Zähne. 
"Nicht schlecht, Blanco, nicht schlecht.. aber komm erstmal rein.." 

KrebstotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt