***Sophie***
Nach all der langen Zeit hatte ich endlich mein Auto wieder. Wie sehr ich es vermisst hatte.
Natürlich musste ich es gleich ausprobieren. Daher hatte ich mich dazu entschlossen, einen kleinen Tripp zu meinem geheimen Platz zu unternehmen.
Ich hatte diesen Ort letztes Jahr entdeckt, wo meine Familie und ich eine Europareise mit dem Wohnwagen veranstaltet hatten. Eigentlich war es mehr eine spontane Idee gewesen, doch dann meinte unser Dad das wir mal etwas Abwechslung vertragen könnten. Ihm wäre alles viel zu eintönig und grau geworden. Meine Mum hat sofort zugestimmt. Ich wusste, dass bei ihnen in letzter Zeit nicht alles glatt lief, doch ich sagte nichts dazu. Sie waren zwei erwachsene Menschen und konnten das untereinander klären. Mein Bruder hat am Anfang zwar protestiert, doch am Ende war er wahrscheinlich derjenige, dem das alles am Meisten gefallen hatte. Wir waren in Amsterdam, Paris, Madrid, Rom, Wien, Prag, Warschau und zum Abschluss in Berlin gewesen. Ihr könnt euch vorstellen, dass es ziemlich nervenaufreibend gewesen ist, doch es hat mir viel Spaß gemacht. Unsere Großeltern haben noch im selben Jahr mit meinem Bruder und mir ebenfalls einen Ausflug zu einem Campingplatz gemacht. Ich habe viele neue Freundschaften geschlossen. Unter anderem lernte ich Jenny kennen. Aber das war eine andere Geschichte.
Eines Abends bin ich aus dem Wohnwagen geschlichen. Zum einem hat mich Jonas Schnarchen gestört, sowie das ständige Grunzen meines Opas und dem Gepuste meiner Oma, aber vor allem wollte ich mal meine Ruhe haben und einfach nur alleine sein. Also habe ich mir eine Decke und eine Taschenlampe geschnappt und bin mehrmals um den See herum gegangen. In den Wald habe ich mich nicht getraut. Ein kleines Kaninchen hat mich anschließend zu dem magischen Ort geführt. Es kam aus dem Dickicht gesprungen und stand erwartungsvoll auf seinen Hinterpfoten. Fast so, als ob es mich erwartet hatte. Das Kaninchen ist dann losgehoppelt und ich bin ihm gefolgt. Jetzt im Nachhinein wurde mir erst bewusst, dass das alles sich ziemlich merkwürdig anhören musste. Ich würde es sowieso niemandem weiter erzählen. Wo war ich stehen geblieben? Meine Beine trugen mich einen kleinen Berg hinauf und ich kam schwer atmend oben an. Als ich wieder etwas Luft hatte, ließ ich meinen Blick über die Umgebung gleiten. Von hier oben sah ich alles. Der See glitzerte pechschwarz und die einzelnen Laternen hätten Sterne sein können. Die Wohnwagen standen wirr durcheinander und allgemein sah das ganze Gelände ziemlich unordentlich aus. Ich liebte es hier. Suchend sah ich mich nach dem Kaninchen um und entdeckte es am Rand des Waldes. Ich winkte ihm dankend zu und es verschwand zufrieden. Lange starrte ich in die Dunkelheit des Waldes und versuchte, irgendwelche Geräusche oder Bewegungen wahrzunehmen. Als ich nichts weiter bemerkte, setzte ich mich auf den Boden und wickelte die Decke um meinen Körper. Fast wäre ich eingeschlafen, hätte das Knacken eines Zweiges mich nicht in Panik versetzt. Ich riss meine Augen auf und drehte mich um.
Ein Hupen riss mich aus meinen Erinnerungen und ich blinzelte kurz, um meine Konzentration wieder zurück zu bekommen. Ich warf einen Blick zurück und erkannte hinter mir ein Motorrad. Anscheinend wollte es mich überholen, da der Fahrer immer wieder beschleunigte, um anschließend kurz vor meinem Auto abzubremsen. Was war denn dass Bitte für einer? Zivilisiert wie ich war, fuhr ich ein Stück nach rechts, sodass der Idiot genug Platz hatte, um an mir vorbei zu kommen. Er nutzte seine Chance und fuhr an mir vorbei. Als er beschleunigte, versuchte ich die Person hinter dem Steuer zu erkennen, doch der Mittelfinger, welchen er mir zeigte, lenkte mich voll und ganz ab. Bevor ich ihm irgendetwas entgegnen konnte, verschwand er schon brausend. "Penner", murmelte ich sichtlich genervt und bog nach einer Weile rechts ab. Ich fuhr über einen unebenen Weg und hielt dann schließlich vor einem Schild, dass den Pfad zum See zeigte. Langsam stieg ich aus und lief zum Kofferraum. Dort angekommen holte ich einen Korb und eine Decke hervor. Zufrieden machte ich mich auf zu meinem Platz. Summend ging ich freudig vorwärts und erreichte mein Ziel. Ich ließ mich oben angekommen direkt nieder und breitete meine Arme und Beine aus. Hier könnte ich ewig liegen bleiben. Der Wind spielte mit meinem Haaren und ich hörte das glückliche Lachen eines Kindes, das Plätschern des Wassers, das Rascheln der Zweige, dass Zwitschern der Vögel und das Treiben der Bewohner des Waldes. Ich öffnete meine Augen und betrachtete den hellblauen, von Wolken durchzogenen, Himmel. Wie schön dieser Ort hier war. Unberührt von den Menschen, konnte es sein volles Potenzial entfalten und einfach er selbst sein.
Ein Klingeln unterbrach die Stille und ich setzte mich erschrocken auf. Suchend sah ich mich um und wunderte mich, was dieses Geräusch verursachte, als mir mein Handy einfiel. Genervt kramte ich es aus dem Korb hervor und nahm ab. "Wo bist du?", fragte mein Bruder aufgebracht. "Ich habe gerade eine kleine Spritztour mit meinem Auto gemacht. Wieso? Was ist denn los?" Er atmete tief durch. "Mum und Dad streiten sich." Ich fluchte. "Ich komme sofort nach Hause. Was genau ist passiert?" Schnell packte ich meine Sachen zusammen und lief den Pfad hinunter. Jonas atmete tief durch. "Mum ist einfach ausgerastet. Hat Dad mit seinem Essen beworfen und gefragt, ob seine Freundin gut im Bett gewesen sei. Dad hat sie nur verständnislos angesehen und sagte, er wisse nicht, was sie meine. Mum meinte daraufhin, dass er immer später nach Hause käme und selbst am Wochenende keine Zeit mehr für die Familie habe. Dad erwiderte, dass sein Job ihn nun einmal beansprucht und viel von ihm abverlangt. Ich bin während der Konversation in mein Zimmer verschwunden und habe dich dann gleich angerufen." "Scheiße", fluchte ich. "Kannst du laut sagen." Ich sprang über einen umgestürzten Baum. Schwer atmend kam ich am Auto an und warf meine Sachen auf den Beifahrersitz. "Pass auf! Ich bin in einer halben Stunde bei euch, wenn ich mich beeile. Sieh zu, dass du erst einmal dort verschwindest. Wir treffen uns bei dem Spielplatz, wo wir uns früher immer mit John getroffen haben." Ich gab Gas und schlängelte mich in den Verkehr ein. "Gut. Fahr aber vorsichtig!" Ich lächelte. "Tue ich das nicht immer?" Das Schmunzeln konnte ich durchs Handy heraushören. "Bis nachher!" Ich überholte einen LKW. "Bis gleich!"
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Mein Leben begann mit ihr ...
Roman d'amourAndy und Sophie. Zwei Menschen, die so unterschiedlich sind, wie Tag und Nacht. Andys Vergangenheit war nicht die beste. Wird Sophie damit zurechtkommen? @SoSo412001 (übernimmt Sophies Sicht)und @draemcherry (übernimmt Andys Sicht)arbeiten beide an...