Die Nachricht

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'Andre, es tut mir unendlich leid was passiert ist. Ich hätte das nicht tun dürfen, klar, aber trotzdem hättest du nicht so nachtragend seien müssen... Ach was rede ich, jetzt fange ich schon an dir die Schuld zu geben. Ich war der, der sich betrunken hat und nicht mehr nachgedacht hat. Ich war der, der den Fehler gemacht hat. Ich war der, der ein fremdes Mädchen geküsst hat. Ich weiß, wenn ich das sage glaubst du mir das sowieso nicht und es ist eh das dümmste Klischee, aber ich war betrunken. Ich habe nicht nachgedacht als ich diese Tussi geküsst hab. Und ich habe absolut nichts gefühlt, das solltest du vielleicht auch wissen. Ich habe nichts gefühlt als ihre Lippen meine berührt haben. Naja, irgendwie habe ich schon etwas gefühlt, aber nur Abstoßung und Ekel. Es war nicht schön, wie ich es erwartet hatte. Zumindest glaube ich das ich erwartet hatte das es schön sein würde, denn ich kann mich kaum noch erinnern. Ich weiß nur, das es eindeutig 100 Millionen Mal schöner war DICH zu küssen, als irgendwelche Frauen. Und ich weiß jetzt auch wieso. Weil nämlich einen richtig schönen Kuss erst die Liebe ausmacht, die dabei zum Ausdruck kommt. Weil man bei einem Kuss, der aus Liebe entsteht, das Kribbeln spüren kann. Und das kann ich nur bei dir. Weil ich dich liebe, Andre. Das musste ich wohl erstmal lernen, und jetzt ist es zu spät. Du wusstest schon früher das du mich liebst, und du hast es mir auch gesagt. Ich weiß es noch ganz genau, wie du an dem Abend nach dem LetsDraw-Dreh in mein Zimmer kamst, und nervös mit deinen Fingern gespielt hast. Eine Haarsträhne hing dir in die vor Aufregung schweißnasse Stirn. Ich hatte dich gefragt warum deine Hände so zittern, und du hast geantwortet: 'weil ich so aufgeregt bin' Und ich hatte zugeben müssen, das es schon sehr süß aussah, wie du da unsicher vor dich hinstammelnd versucht hast die passenden Worte zu finden. 'Ich habe Gefühle für dich, Jan.' Sagtest du, dann hast du mich geküsst. Es war das schönste was ich jemals erleben durfte, ich war wie in Trance. Mein Herz schlug Purzelbäume. Doch damals schätzte ich es nicht. Ich schätze Dich nicht. Ich schätzte deine Liebe nicht. Ich löste mich von dir und sagte dir, das ich nicht das selbe fühlte, aus Angst vor mir selbst. Das stellte sich als größter Fehler meines Lebens heraus. Tja, manchmal ist man im Nachhinen schlauer. Manchmal weiß man erst was jemand einem Wert ist, wenn er nicht mehr da ist. Ich meine, du warst schon vorher alles für mich, aber halt auf einer anderen Ebene. Jetzt weiß ich, wenn du jemals zu mir zurück kommen solltest, ich würde dir eins sagen: Ich liebe dich. Denn genau das habe ich an diesem Abend nicht getan. Stattdessen bin ich in einen Club abgehauen, verwirrt von dem Gefühlschaos in meinem Bauch. Um die Schmetterlinge zu betäuben die aufflatterten wenn ich an dich dachte, trank ich Alkohol. Sehr viel Alkohol. Und ich küsste ein Mädchen. Um zu sehen, ob es so schön sein würde wie bei dir. Wie schon gesagt, das war es nicht. Blöderweise habe ich das Mädchen trotzdem weiter geküsst, weil ich dachte das es vielleicht noch wird, und sie mit nach Hause genommen. Und du hast es gesehen. Du hast mich und das Mädchen dessen Namen ich nicht einmal wusste, knutschend im Hausflur erwischt, und bist in Tränen ausgebrochen. Ich hatte sie sofort weggeschickt, doch das bekamst du nicht mehr mit. Bist nur auf dein Zimmer gerannt und hast gegen die Wände geschlagen. Dann bist du gegangen. Ich dachte damals, du würdest nur etwas frische Luft schnappen, um runterzukommen, aber ich irrte mich. Denn du kamst nicht zurück.
Mein schlechtes Gewissen frisst mich innerlich auf, wenn ich darüber nachdenke. Du musst das verstehen Andre, ICH LIEBE DICH! Ich hoffe du glaubst mir das jetzt noch. Und ich hoffe das du zurück kommst, denn ich brauche dich. Und vor allem hoffe ich, das du mich überhaupt noch liebst. Denn ich tu's. Und zwar mehr als alles andere. Dein Jan.'
Ich drückte mit zittrigen Fingern auf 'senden'. Meine Augen weiteten sich, als mir wenig später der Schriftzug 'online' unter Andres Namen auffiel. Und kurz darauf leuchteten auch schon zwei blaue Häkchen auf. Mir fiel vor Schreck fast mein Handy aus der Hand. Ungläubig blinzelte ich und rieb mir die Augen. Hatte ich jetzt schon Halluzinationen? Ich dachte immer, er hatte mich blockiert... Zu meiner unendlichen Enttäuschung ging er nach wenigen Minuten wieder offline. Tja, da hatte ich mir mal wieder zu viele Hoffnungen gemacht. Unwillkürlich stiegen mir Tränen in die Augen und ich vergrub mein Gesicht in den Händen. Ich musste mich langsam damit abfinden, dass ich alles kaputt gemacht hatte. "Pling", machte es. Verwirrt schaute ich auf. Als ich einen Blick auf's Display warf, setzte mein Herz für einen Moment aus. 'Nachricht von Andre.' Mit schwitzigen Händen entsperrte ich mein Handy, wobei ich ein paar mehr Versuche brauchte, und öffnete dann WhatsApp. 'Wo bist du?' leuchtete es mir entgegen 'Zuhause' tippte ich. Er las noch in der selben Sekunde meine Nachricht, und ging offline. Ich hatte keinen blassen Schimmer was er vor hatte, warum er nicht mehr schrieb, oder warum er überhaupt geantwortet hatte. Lange musste ich nicht zappeln, denn bereits nach einer Viertelstunde klingelte es an der Tür. Und als ich sie öffnete, stand mir ein völlig verheulter, aber lächelnder Andre gegenüber. "Andre..." hauchte ich. Glücksgefühle überrollten meinen Körper. Ohne weiter nachzudenken, machte ich einen Schritt auf ihn zu, und küsste ihn. Ich küsste ihn, als wäre es das letzte was ich in meinem Leben tue. Und er erwiderte. Mit seinen Händen wanderte er zu meiner Hüfte, und klammerte sich dort fest wie ein Ertrinkender. Meine Finger waren in seinem Nacken verschränkt, mein Atem ging unregelmäßig und stockend. Der Kuss wurde immer wilder, immer verlangender, und man spürte das wir uns gegenseitig vermisst hatten. Irgendwann mussten wir uns dann doch aus Luftmangel voneinander lösen. "Andre...?" flüsterte ich. "Ja..?" "Ich liebe dich". Er lächelte mich an. So glücklich hatte ich ihn lange nicht mehr gesehen. "Oh Jan... Ich liebe dich auch." murmelte er, und küsste mich wieder.

Jandre || OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt