Liebe

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Ja, was war die Liebe schon? Machte sie einen nun glücklich oder traurig, erfüllt oder leer, zufrieden oder einsam? Wenn jemand von Liebe sprach dachte man doch an diese perfekten Beziehungen, an Paare die händchenhaltend den Sonnenuntergang betrachteten. Aber was, wenn es mal nicht so läuft wie in den Vorstellungen? Was, wenn man liebt, und die Gefühle nicht erwidert werden? Was, wenn sich einer verdammt nochmal in seinen besten Freund verliebt? Was passiert bei solchen Ausnahmefällen? Wieso wird Liebe immer so rosig dargestellt, wo sie doch viel mehr alles kaputt macht? Ich wusste es nicht, und Google anscheinend auch nicht. Ich klappte meinen Laptop zu und schob ihn unter meine Bettdecke. Mit einer Hand angelte ich nach meinem Handy und entsperrte es, was gar nicht so leicht war, da meine Sicht von Tränen verschleiert war. Andre hatte geschrieben. Toll, wie passend.

'Ich bin unterwegs, melde dich falls 'was ist'

Ja, es war 'was, und nein, ich werde mich nicht melden. Andre war sehr fürsorglich, doch ich wollte ihn nicht an mich ranlassen. Er durfte nicht bemerken was ich fühlte, das war das letzte was ich wollte. Andre würde mich bestimmt nicht verstoßen, aber wieso sollte ich ihm von meinen Gefühlen erzählen wenn er sie sowieso nicht erwidern kann. Mit zitternden Fingern tippte ich:

'Ich liebe dich',

löschte die Worte aber wieder ohne sie abzuschicken. Plötzlich klopfte es an der Tür. Ich zuckte zusammen, schließlich dachte ich es wäre niemand Zuhause. "Ja?", rief ich und achtete darauf das meine Stimme nicht allzu gebrochen klang. Ein blonder Haarschopf streckte sich in mein Zimmer. "Jan? Oh nein, du weinst ja", murmelte Andre erschrocken. Er lief zu mir rüber und legte sich neben mich ins Bett. Er zog die Decke über unsere Körper und mich näher an sich. schluchzend legte ich meinen Kopf auf seiner Brust ab. Wenn er nur wüsste, dass genau er der Grund für meine Tränen war. "Willst du reden?", flüsterte er in meine Haare. Hektisch schüttelte ich den Kopf. Bloß das nicht. "Wieso bist du eigentlich noch hier?", murmelte ich benommen vom vielen weinen. "Ich hatte da nur so ein Gefühl..." Ich gab mich mit der vagen Antwort zufrieden und vergrub erneut mein Gesicht in seinem Shirt. Gott, er roch so gut. Seine Anwesenheit beruhigte mich, sodass nach einigen Minuten keine Tränen mehr kamen. Andre löste sich trotzdem nicht von mir. Stattdessen nahm er mein Gesicht in die Hände und küsste die Tränenspuren von meinen Wangen. Mein Herz stolperte. "Andre, was...", wollte ich ansetzten, doch er legte einfach seinen Finger auf meine Lippen. Er küsste meine Stirn, herab zur Nasen und bis hin zu meinen Mundwinkeln. Ich genoss seine Berührungen ohne weiter darüber nachzudenken. Mein Herz war erfüllt mit Wärme. Anscheinend merkte er das, denn er löste sich von mir um mich anzulächeln. Seine Augen glitzerten so schön, dass ich fast angefangen hätte zu weinen, vor Erfülltheit. Andre sagte nichts, zog mich einfach wieder in seine Arme. Morgen würden wir darüber sprechen müssen, doch jetzt war mir das komplett egal. Ich genoss seine Nähe wie nie zuvor. Ja, ich liebte diesen Mann.

Jandre || OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt