Verzeih' mir

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Andre:
Scheiße. Ich hatte mir geschworen, dass nie zu tun. Ich war doch sein Beschützer. Wie konnte ich nur... Ich habe ihn geschlagen. Meinen Jan. Und alles nur wegen einem kleinen Streit.

Okay, klein konnte man das jetzt nicht nennen, aber das war noch lange kein Grund meinen Freund zu schlagen. Fassungslos, mit knallroter Wange stand er vor mir und sah mich an.

Ich streckte eine Hand nach ihm aus, doch er wich sofort zurück. "Jan, ich..." begann ich verzweifelt, aber er unterbrach mich.

"Spar dir deine Spucke." entsetzt sah ich ihn an. Seine Augen zeigten keinerlei Emotionen mehr. Sein Gesicht war wie versteinert.

Noch einmal versuchte ich zum Reden anzusetzen: "Lass es mich bitte..." doch auch dieses Mal unterbrach er mich. "Halt die Fresse jetzt.", fauchte er.

Tränen traten mir in die Augen. "Das war's dann wohl mit uns.", flüsterte er und drehte sich um. Wenig später hörte ich die Haustür zufallen. Er war weg.

Nach und nach realisierte ich, was er da eben zu mir gesagt hatte. Mein Freund hatte soeben mit mir Schluss gemacht. Ich hatte mich noch nie so allein gelassen gefühlt, wie in diesem Moment.

Die ersten Tränen suchten den Weg über meine Wangen. Je mehr ich darüber nachdachte was ich angerichtet hatte, desto lauter begann ich zu schluchzen.

Ich hatte ihn verloren. Meine Luft zum Atmen, meinen Fels in der Brandung, meinen Lebensinhalt. Ich sank auf die Knie und vergrub das Gesicht in meinen Händen.

Es fühlte sich an, als würden sich tausend Messer in mein Herz bohren. Ich wollte ihm nicht weh tun. Wirklich nicht. Aber er hatte so einen starken Einfluss auf mich.

Kein Mensch konnte mich so ehrlich lächeln lassen wie er. Ebenso, konnte mich aber auch kein Mensch so sehr in Rage bringen wie er. Das lag daran, dass ich niemanden so richtig an mich ranließ.

Außer Jan, denn er kannte den Weg zu meinem Herzen. Er wusste immer wie es mir ging, was ich dachte oder wann ich log. Er kannte mich besser als ich mich selbst.

Seine Nähe ließ mein Herz höher schlagen und mich auf Wolke sieben schweben. Wir hatten nie eine perfekte Beziehung gehabt, aber wir haben uns immer bedingungslos geliebt. Das war entscheidend.

Ich rappelte mich auf, und machte mich leicht schwankend auf den Weg in Jans Zimmer. Dort schnappte ich mir einen getragenen Pulli von ihm und zog ihn mir über.

Genießerisch vergrub ich meine Nase in dem weichen Stoff und sog Jans Duft in mich auf. Automatisch bildete sich eine Gänsehaut auf meinen Armen.

Mit dem Ärmel wischte ich mir die verbliebenen Tränen aus dem Gesicht. Ich ging zu seinem Schreibtisch und schnappte mir Zettel und Stift. Ich begann zu schreiben:

'Jan... Ich bitte dich. Bitte verzeih' mir. Ich liebe dich aus tiefstem Herzen, dass weiß du. Niemals könnte ich für einen Menschen nur annähernd so empfinden, wie für dich. Ich halte das nicht aus, wenn du mich allein lässt. Aber ich kann verstehen das du mich hasst, ich würde mich auch hassen. Trotzdem liebe ich dich, und ich werden nie damit aufhören. Versprochen.'

Beim Schreiben tropften einige Tränen aufs Papier, sodass die Schrift an machen Stellen verschwamm. Ich hatte zwar nicht viel geschrieben, aber ich denke es war genau richtig, so.

Ich hoffte das er den Brief überhaupt lesen, und nicht sofort verbrennen würde. Naja, einen Versuch war es wert. Ich faltete das Papier und malte noch ein kleines Herz oben drauf. Dann legte ich ihn auf Jans Kopfkissen. Es ging mir tatsächlich ein wenig besser. Ich ging in mein Zimmer und schmiss mich auf's Bett. Ich schloss die Augen und fiel nach einigen Minuten in einen unruhigen Schlaf.
• • •

Ich wurde durch ein lautes Poltern geweckt. Die Wohnungstür knallte, und ein Reisverschluss wurde energisch geöffnet. Cengiz könnte es nicht sein, der war für ein paar Tage zu seinen Eltern gefahren.

Also musste Jan zurück gekommen sein. Ich schluckte. Kurz darauf fiel eine zweite Tür zu, seine Tür. Ein dünner Schweißfilm bildete sich auf meiner Stirn. Gleich würde er den Brief finden. Nervös knabberte ich an meinen Fingernägeln.

Seine Reaktion würde nun über meine Zukunft entscheiden. Denn eins war klar: Ohne ihn, würde ich nicht glücklich werden. Er war unersetzbar. Mein Jan.

In diesem Moment machte mein Handy 'Pling', und das Display leuchtete auf. Jan hatte geschrieben. Mein Herz machte einen gewaltigen Satz. Mit leuchtenden Augen, öffnete ich seinen Chat:

"Komm endlich her und küss mich, du verdammter Idiot."

Jandre || OneShotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt