Hillside Asylum, 23.07.1984

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Liebe Nichte,

So ist das also, du schämst dich, mir deine Künste auf der Klarinette zu offenbaren? Ich glaube nicht, dass du so schlecht bist, wie du meinst. Und ich kann verstehen, dass du sauer bist, dass es kein Saxophon geworden ist. Anne hätte es dir sicher gekauft, doch hat sie sich wieder von deinem Vater unterkriegen lassen, nicht? Ich weiß, dass sie nicht mit mir telefonieren darf. Sie schreibt mir auch ab und zu.

Aber genug davon, ich will mich nicht bei dir über deinen Vater ausheulen, denn das bringt dich bestimmt in eine Zwickmühle. Ach, Väter, das liebe Thema, nicht?

Du bist ganz schön neugierig, was meinen Schwarm angeht, liebe Birgit! Und nein, ich habe noch nicht mit ihm gesprochen. Sie geben ihm Medikamente, die ihn sehr müde machen, ich glaube kaum, dass er mir folgen könnte. Manchmal lächle ich ihn an und einmal hat er zurück gelächelt. Mein Herz hat wie verrückt geklopft. Ich klinge wie ein Teenager, nicht wahr?

Warum wolltest du nicht mit deiner Tante Barbara und deinen Schwestern in den Urlaub fliegen? Du sagtest doch, dass du die Wärme liebst? Ist es wegen Anne? Wie ich gehört habe, ist sie wieder im Krankenhaus, oder?

Übrigens ist Gran davon überzeugt, mit Lionel endlich den richtigen Mann gefunden zu haben. Mal wieder...Als sie mich besucht haben, hat er mich angesehen, als sei ich eine Ausgeburt des Teufels. Ich habe ganz schön zugenommen, liebe Nichte... Aber dein verspätetes Osterpaket war einfach zu verlockend, um es sich vernünftig einzuteilen. Und du hast mir ja geschrieben, dass du auch Schwierigkeiten damit hast...Da sind wir uns einig, was weg muss, muss weg!

Nun denn, die Gartenarbeit ruft...

Deine Tante Bridget

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