3 ~ Francesca

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Was hatte ich mir eigentlich gedacht? Das Diego mich verstehen würde? Ja, doch eigentlich schon... Er wusste von vorne herein, dass Marco nicht gut für mich war. Warum habe ich ihm nur nie zugehört? War ich zu stur? Zu naiv? Zu blind vor Liebe gewesen? Ich wusste es nicht! Langsam schlenderte ich den Krankenhausflur entlang. Was machte ich eigentlich noch hier? Was hielt mich noch im Krankenhaus? War es Violetta? Was sollte es bringen? Sie würde mich doch sowieso nicht erkennen!

 Tränen flossen mir in Strömen über meine Wangen und tropften auf mein Kleid. Schluchzend setzte ich mich auf einen der Besucherstühle. Einige Minuten saß ich einfach nur weinend da. Ärzte kamen, Ärzte gingen. Kleine Kinder rannten über den Flur hinweg, nervöse Elternteile sahen ihnen hinterher und riefen laut die Namen der Kinder, alte Menschen schleppten sich mit ihren Infusionen vor meiner Nase entlang. Türen gingen auf und wieder zu. Es schien alles um mich herum seinen gewohnten Gang zu gehen, doch ich wäre in der Zeit stecken geblieben. 

Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass jemand seinen Arm um mich gelegt hätte und dass ich an einen zweiten Körper gezogen wurde, aber als ich mich umdrehte war niemand zusehen. Auch das Gefühl verschwand schlagartig. Die Tür zu Angies Zimmer öffnete sich und Angie schlich sich leise heraus. Was hatte sie vor? Eilig wischte ich mir die Tränen weg und stand auf. Vorsichtig versuchte Angie die Tür zu schließen. Als sie es geschafft hatte und sich umdrehte, erschrak sie. 

„Um Gotteswillen, Francesca!", sagte sie und legte ihre Hand auf ihr Herz. „Wo willst du hin, Angie? Solltest du nicht im Bett liegen? Bei einem gewissen jungen Mann, der nicht gerade zufällig mein Bruder ist?", fragte ich sie aus und sah sie vorwurfsvoll an. Sie seufzte nachgiebig. „Ja, sollte ich eigentlich. Aber ich muss zu Violetta und Diego lässt mich nicht alleine hin! Dennoch bin ich alt genug um selber Entscheidungen zu treffen!", murmelte sie leise, so dass nur ich sie hören konnte. „Gut, dann begleite ich dich. Ich würde sie auch gerne sehen, doch ich weiß nicht wie ich von hier zu ihrem Zimmer komme", gestand ich und ein Lächeln bildete sich auf Angies Gesicht. Sie nickte wild und gemeinsam machten wir uns auf den Weg zu Vilus Zimmer. Zu dem Zeitpunkt wussten wir ja auch noch gar nicht was passieren würde!

In Violettas Zimmer angekommen, wurde Angie sofort von Germán belagert. Dieser zog sie erst einmal aus dem Raum. Ich blieb alleine zurück. Violetta schien zu schlafen, also setzte ich mich schweigend neben sie. „Hallo. Dein Name ist... Sag es nicht! Ich weiß ihn!", fing Violetta plötzlich an zu sprechen und öffnete die Augen. „Du bist meine Freundin... Du musst die Italienerin sein! Fran... Francesca!" Überrascht starrte ich sie an. Sie konnte sich an mich erinnern! Sie wusste wer ich war! Ich hätte am liebsten laut aufgeschrien, doch Violettas Augen blieben dunkel. „Freue dich nicht so viel... Ich weiß deinen Namen nur, weil Germán es mir erzählt hatte. Deswegen weiß ich auch, dass du meine Freundin und eine Italienerin bist. Was haben wir so gemacht? Also vor meinem Unfall", fragte sie mich aus. Ich dachte kurz nach. 

„Wir haben viel zusammen gesungen. Du hast eine wunderschöne Stimme, Violetta!", erzählte ich ihr lächelnd. Sie lächelte zurück, doch es war traurig. „Meinst du, wir können etwas gemeinsam singen? Vielleicht kommen meine Erinnerungen dann zurück", murmelte sie nachdenklich. Gerade als ich zustimmen wollte, betraten Germán und Angie den Raum. Wir wussten beide, dass singen nun ausfallen werde. Angies Blick war traurig und sehr zurückhaltend. War etwas vorgefallen? Auch Vilu musterte neugierig und sehr besorgt ihre Tante. Ihr Blick verriet mir, dass sie versuchte sich zu erinnern. „Camila und ich waren damals ganz große Fans von deiner Mama gewesen. Wir haben uns damals für dich entschieden statt für Ludmila. Du warst unsere beste Freundin!", murmelte ich und durchbrach damit die Stille. 

„Ich war eure beste Freundin?", fragte sie vorsichtig. „Dann hattest du deinen Unfall...", erwiderte ich leise. Violetta nickte nur und sah dann Angie an. „Was ist mit dir? Du siehst so traurig aus!", sprach sie zu ihrer Tante. Hilfesuchend sah sie erst Germán, dann mich an. Ich konnte ihr nicht helfen. Ich wusste ja nicht, was ihr Problem war. Sie setzte ihr gefälschtes Lächeln auf. Vilu hatte es mir vor ihrem Unfall mal erklärt. Man erkannte Angies gefälschtes Lächeln grundsätzlich dann, wenn sie traurig war. Ihre Augen sind matt und glanzlos, auch ihr sonst so lebensfrohes Lächeln scheint eher deprimiert zu sein. Ihr Blick war gesenkt und sie spielte unsicher mit ihren Händen, laut der alten Vilu ein Zeichen dafür, dass das Lächeln nicht echt war. 

„Es ist alles gut, Vilu. Es ist nur... Ich hoffe, du wirst bald wieder gesund und wir können gemeinsam weiter leben. So wie damals. Wir haben uns ein Zimmer geteilt, waren gemeinsam immer reiten, gingen gemeinsam shoppen oder ins Studio. Du hast mich damals mit Pablo verkuppelt. Es war an Silvester. Du warst immer für mich da. Du bist mir sogar nach Deutschland gefolgt und hast immer wieder versucht mich zu motivieren Deutsch zu lernen. Nun kann ich die Sprache flüssig sprechen und habe dir sogar ein Lied in dieser Sprache geschrieben. Ich hoffe, du kannst dich eines Tages wieder an alles erinnern!", erzählte Angie mit zitternder Stimme und ich merkte, wie schwer es ihr fiel so darüber zu reden. Das wäre der Moment, wo Diego sie jetzt ganz fest in den Arm nehmen würde und sie hier raus brachte. Doch ich ließ sie hier sitzen. Sie musste auch erst lernen mit dieser Situation hier umzugehen. 

„In ein paar Tagen werde ich entlassen, Violetta. Ich werde dann sehen, dass ich so schnell wie möglich wieder arbeiten kann. Dies bedeutet allerdings, dass ich dann nicht mehr so oft hierherkommen kann." Violetta nickte verständnisvoll. „Wo ist dein Freund?", fragte Vilu Angie. Sie grinste belustigt. Es war dieses mal wirklich echt. Einzig und alleine der Gedanke an Diego lässt sie lächeln."Er weiß nicht, dass ich hier bin. Deshalb sollte ich auch langsam zurück, sonst macht er sich auch noch Sorgen", lachte Angie liebevoll und träumte weiter vor sich hin. 

„Kann ich mit? Ich will nicht die ganze Zeit hier liegen!", beschwerte sich meine Freundin und sah ihre Tante bittend an. Doch diese schüttelte den Kopf. „Sei du bitte vernünftiger als ich es war und ruhe dich aus. Mir dauerte alles zu langsam, aber es ist nicht gut für deine Gesundheit!", erklärte Angie ihr und ging dann ohne ein weiteres Wort. Sollte ich ihr folgen und sie fragen, was das gerade sollte?

Musik ist das was mich ausmacht *abgebrochen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt