Vergangenheit

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Seit ich denken kann, steht das Glück nicht auf meiner Seite. Mein grösster Wunsch ist bis heute noch eine Familie zu haben, die immer hinter mir steht. Was für einige als selbstverständlich gesehen wird, ist für mich kaum zu erreichen. Meine Eltern haben mich bereits als Baby in ein Heim gesteckt. Die Gründe kann ich mir nicht vorstellen und deshalb fällt es mir schwer, mein Schicksaal zu akzeptieren. Viel weiss ich über sie nicht, sie waren beide albanische Landsleute und ca. 17 Jahre alt damals. Aus diesem Grund habe ich die albanische Sprachschule bereits im frühen Alter besucht, denn man meinte, dass man den Bezug zur Herkunft nicht verlieren sollte. Vielleicht war es ein guter Entscheid meines Kinderheims, denn jede Sprache bereichert das Leben.

Im Kinderheim war ich gut aufgehoben. Man ist nicht einsam und irgendwie ist es eine Art Ersatz für jenes, welches wir nicht kennenlernen durften. Meine Schulleistungen waren stets stark. Die Schule habe ich früh bereits als ernste Angelegenheit eingestuft und ich sehe es als Mittel zur Erfüllung der Ziele.

Meine beste Freundin habe ich bereits im Kindergarten kennengelernt, Dilara bedeutet die Welt für mich. Sie ist Türkin und ein sehr erzogenes Mädchen, viele könnten sich von ihr eine Scheibe abschneiden. Vieles haben wir gemeinsam unternommen und sie hat mir in jeder Hinsicht den Rücken gestärkt. Auch meine restlichen Freunde aus meiner Klasse waren in Ordnung. Wir kamen alle gut miteinander klar und wir trafen uns öfters.

Einen Freund hatte ich nie, vielleicht liegt das an meine nicht vorhandenen "familiären" Umständen. Denn ich habe keinem die Chance gegeben mich zu überzeugen. Wozu sollte ich? Man wird sowieso verlassen, denn alles im Leben wird sich einmal verabschieden und solche weitere Enttäuschungen spare ich mir gerne ein.

Als ich die Nachricht über meine Versetzung nach Berlin erhielt, war ich am Boden zerstört. Meine kleine Welt, die ich mir aufgebaut habe, wurde durch diese Nachricht zerstört. Ich hatte mich nächtelang ins Schlaf geweint und fragte mich wieso mir Gott das antut. Irgendwann habe ich es akzeptiert und ich bin froh, dass mir Dilara zur Seite stand. Wir haben uns versprochen täglich zu telefonieren und den Kontakt aufrecht zuhalten, komme was wolle.

Als ich mit dem Zug in Berlin eintraf, holte mich ein Fahrer aus dem neuen Wohnheim ab. Die ganze Fahrt über schwieg er und dies war mir recht so, denn ich beobachtete somit die Stadt vom Fenster aus. Dort angekommen zeigte man mir gleich mein Zimmer. Es war meinem alten nicht ähnlich. Alles war stets in der Farbe weiss und es erinnerte mich an ein Krankenhaus. Was mir auffiel war die kleine Küche und das Bad. Es schien wie eine kleine Wohnung zu sein und doch war es ein betreutes Wohnen. Mein Wohnheim kam mir gigantisch gross vor und das einzige was mich am Ganzen motivierte war das Dekorieren. Zumindest in meinem Zimmer sollte ich mich wohlfühlen.

Die Wohnheim-Leiterin hat mir aller erklärt und mich über alles was mich betrifft, informiert. Ich bin gespannt wie morgen mein erster Schultag wird. Aber schlimmer kann es hoffentlich nicht werden.

Ein Licht am anderen EndeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt