6.Kapitel Ava

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New York City ist wirklich atemberaubend. Wir sind noch keine ganze Stunde unterwegs und ich bin jetzt schon überfordert, mir die ganzen Straßen und Läden zu merken. Eins steht fest, wenn Adam genau so wenig sich hier auskennt, nehme ich demnächst Harley mit zum shoppen. Er sieht von der Seite fast genau so hübsch aus wie von vorne. Ich kann mich die ganze Zeit nur halb auf alles andere konzentrieren, da ich ihn andauernd beobachten muss, wenn er mir alles genau erklärt. Dann leuchten seine Augen und mein Herz macht tausende von Freudensprüngen. Hör auf ihn so anzustarren! - ermahnt mich mein schlechtes Gewissen und bringt mein Herz wieder in die richtige Bahn. „Ava?" , völlig abrupt werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Harley schaut mich von der Seite an und zieht eine Braue in die Höhe. Mir gefällt sein Style. Lässig, aber chic. Er hat sich noch eine schwarze Lederjacke angezogen und ebenfalls schwarze Schuhe. Noch nie sah jemand in schwarz so verdammt gut aus. Adam trägt meistens Pullover, dabei ist die Farbe völlig egal. Seine Stoffhosen sind mittlerweile Adams Markenzeichen und auch seine Schuhe sind das komplette Gegenteil von Harleys Schuhen. Ich kann nicht genau sagen welcher Style mir mehr gefällt. Erst jetzt bemerke ich das Harley mich immer noch anschaut. Wir stehen einfach so da mitten auf einem wenig gefüllten Fußweg. „Entschuldigung, was hast du eben gesagt?", mir ist es peinlich, dass ich so desinteressiert rüber komme. Ich blicke zu Boden, aber ich kann genau spüren wie mich Harleys Blick durchbohrt. Nach ein paar Sekunden wendet er ihn jedoch wieder ab. Schließlich räuspert er sich, „Da drüben ist die Stadtbibliothek und wenn man jetzt - ..." , „Stadtbibliothek? Super, lass uns rein gehen!" ich zupfe ihn an der Jacke und quengel wie ein Kleinkind. „Dein Wunsch sei mir Befehl" ,sagt er schließlich und wir gehen Schnurstraks auf die großen Eingangstreppen zu. Das Gefühl mit ihm etwas zu unternehmen ist völlig anders als das, wenn ich mit Adam unterwegs bin. Wie genau kann ich jedoch nicht sagen.

***

„Wie findest du New York City?", fragt mich Harley, nachdem wir nach der Bibliothek noch ein bisschen durch die Läden gestreunert sind. Ich sollte etwas anziehen und Harley sollte entscheiden ob es gut aussieht oder nicht, da ich Adam ja nicht dabei hatte. Komischerweise hat er fast alles abgelehnt was ich angezogen hatte und nachdem ich meine Hände in die Hüften gestemmt hatte und eine fragende Miene aufsetzte, verdrehte er nur entnervt die Augen und ging los, um mir Sachen seiner Wahl zu bringen. Ich war ziemlich überrascht über die Art der Sachen. Zuerst hatte ich ein enges blaues Kleid an, aber ich fand, dass es mir nicht stand. Dann noch ein Bauchfreies, weinrotes T-Shirt mit Franzen, welches ich dann auch mitgenommen habe. Dazu eine schwarze, enge Jeans und schwarzlackierte High-Heels. Harley pfiff laut, als ich aus der Umkleide kam und wieder begann mein Herz zu springen. An der Kasse bezahlte er mir die Sachen und legte das enge, blaue Kleid noch schnell dazu. Ich verdrehte lachend die Augen und nahm meine Tüte vom Tresen. Dann holten wir uns noch einen Starbucks Café, da er hier besonders gut schmecken soll, was ich jedoch bezweifle, da es dieselbe Filiale ist, wie die, die ich auch in allen anderen Städten zu sehen bekomme. Aber ich wollte Harley nicht den Spaß verderben, weswegen ich einfach lächelte und zustimmte. Nun überlege ich ernsthaft ob ich die Stadt toll finde oder vielleicht doch meinen persönlichen Reiseführer. Was ist nur los mit mir? Ich kann es doch sonst kaum ohne Adam aushalten, aber heute war es ganz anders. Ich habe mich wohlgefühlt, so wie schon lange nicht mehr. „New York City ist ganz Ok, also es lässt sich hier leben" sage ich schmunzelnd und Harley lacht. Sein Lachen klingt wunderschön, so ehrlich und es erfüllt einen immer voll und ganz. Er macht sich nichts aus der Meinung anderer. Adam versucht immer perfekt vor anderen zu sein. Warum vergleiche ich Harley eigentlich die ganze Zeit mit Adam? Adam ist mein Freund und da sollte Harley gar nicht erst in Frage kommen. Tut er auch nicht - meldet sich plötzlich wieder mein schlechtes Gewissen. „Ganz Ok? Da bist du die erste die das so findet, Judy wollte gar nicht mehr nach Hause als -..." er hält inne und sofort schwindet mein Lächeln. Wer ist Judy? Er schließt kurz die Augen und verzieht das Gesicht, als würden Erinnerungen vor seinem inneren Auge aufblitzen. „Wer ist Judy?" frage ich und versuche, möglichst ruhig und unschuldig zu fragen, aber am Ende muss ich hörbar ausatmen. Er hält den Blick stur auf die Straße gerichtet und seufzt. „Niemand, bloß eine Freundin" er klingt etwas genervt und deshalb beschließe ich, nicht weiter nach zu forschen. Es kann mir ja schließlich egal sein. Aber im inneren nehme ich den Namen immer wieder auseinander. J-U-D-Y.

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