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Der Bus bremste abrupt und ich wurde in meinem Sitz nach vorne geworfen. Um mich herum schrien die Leute; im ersten Moment konnte ich den Grund dafür nicht ausmachen, doch dann packte mich jemand von hinten und riss mich von meinem Sitz weg. Jetzt schrie auch ich und versuchte vergeblich, mich loszureißen.

Zusammen mit den anderen wurde ich aus dem Bus gezerrt, auf ein großes Gebäude zu. Es war quadratisch, von einem schmutzigen Grau und vollkommen fensterlos. Dunkel erinnerte ich mich an den Luxus, von dem meine große Schwester Joy mir berichtet hatte und fragte mich, ob wir irgendwas falsch gemacht hatten.

Ich wurde in das Gebäude gebracht und war plötzlich alleine. In dem Moment, als die schwere Eisentür hinter mir zuschlug, vestummten die Schreie. Zwei Männer drückten mich auf einen Stuhl und einer drückte mir eine Waffe an die Schläfe.

"Mira Haze. Sie haben das System hintergangen!", schrie er mich an. Kleine Spucketröpfchen trafen mein Gesicht.

Woher wissen sie das!?, wollte ich schreien, aber meine Kehle war wie ausgetrocknet und es kam nur ein heiseres Krächzen aus meinem Mund. 

"Und für Leute wie sie gibt es nur eine Möglichkeit", fuhr der Mann fort. Seine Stimme nahm einen hysterischen Ton an, in seinen braunen Augen lag pure Verachtung. Doch ansonsten erinnerte er mich an meinen Vater. Nicht nur das, er sah genau aus wie er. Auf einmal war mir die Waffe egal, sie schien verschwunden zu sein. Ich wollte nur...

"Mira!", kam Lias Stimme aus der Ferne. "Aufwachen!"

Verwirrt öffnete ich die Augen, blinzelte ins grelle Licht und sah mich um. Ich war noch im Bus. Am Leben.

Und mein Vater war nicht da.

"Sie haben die Rolläden hochgefahren", erklärte Lia aufgeregt. Na ja, für ihre Verhältnisse aufgeregt, wirklich aus der Ruhe bringen konnte meine beste Freundin nichts.

Sie hatte recht. Und nun konnte ich sehen, wo wir waren. Die Straße, auf der der Bus fuhr, führte direkt durch eine karge Wüste, in der Ferne waren Ruinen zu sehen.

"Wir sind außerhalb der Stadt", flüsterte Deanna hinter uns ehrfürchtig.

"So lange wie wir gefahren sind, war es eigentlich offensichtlich", bemerkte Lia.

Niemand verließ freiwillig die Sicherheit der Stadt. Niemals. Das war eine ungeschriebene Regel. Hier draußen war es zu gefährlich. Nachdem der größte Teil der Welt ausgetrocknet oder im Krieg zerstört worden war, boten nur noch die großen Städte einen Raum zum Leben - so wie Lacrima, wo wir lebten und wo zur Wahrung der Sicherheit das System eingeführt worden war.

Schon wieder musste ich an all die Dinge denken, die sie hier draußen mit uns machen konnten. Mein Traum war immer noch präsent, die Erinnerung daran vermischte sich mit den unzähligen Gerüchten, die ich über die Welt außerhalb von Lacrima gehört hatte.

Wir fuhren auf ein großes, futuristisch anmutendes Gebäude zu, das in dem ganzen grauen Staub, zwischen den Ruinen, völlig fehl am Platz wirkte. Hier fanden bestimmt die Tests statt. Wenigstens sah es nicht aus, als würde ich sofort erschossen werden, wenn ich es betrat, doch das konnte mich nur begrenzt beruhigen.

Der Bus hielt und wir alle stiegen aus; die meisten freiwillig, andere mussten aus dem Bus geschleift werden, weil sie sich weigerten auszusteigen. Einige Männer, die ich als Betas einstufte, führten uns auf das Gebäude zu. Immer noch sah ich mich staunend um und wäre fast in die Person vor mir gelaufen. Ich war noch nie außerhalb von Lacrima gewesen und as hier war sowohl beeindruckend als auch beängstigend.

Für einen kurzen Moment konnte es mich sogar von dem ablenken, was mir bevorstand.

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