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Schweißgebadet wachte ich aus der Simulation und blickte in Crystal Pervayas Gesicht. Sie hatte wieder dieses perfekte Alpha-Lächeln aufgesetzt und ich fragte mich, ob sie überhaupt irgendetwas von dem verstörenden Szenario aus meiner Simulation gesehen hatte. Rebellen. Tote. Lia, die tot auf dem Boden lag.

Ich atmete auf, als ich realisierte, dass meine beste Freundin noch am Leben sein musste.

"Gut. Du kannst gehen", sagte Clarissa und lächelte genauso perfekt wie Crystal. Die beiden sahen sich ohnehin ziemlich ähnlich. Hätte unser Land keine strikte Ein-Kind-Politik (die meine Eltern übrigens kein bisschen interessiert hatte), hätte ich gedacht, dass sie Schwestern waren.

Auf zittrigen Beinen verließ ich den Raum.

War bei mir etwas anders verlaufen als bei den Anderen? Hatte ich etwas falsch gemacht? Ich hatte garantiert etwas falsch gemacht, schließlich hatte ich nicht mal kapiert dass es eine Simulation war.

Oben in unserem Zimmer fiel ich Lia um den Hals und blinzelte die Tränen in meinen Augen weg. Sie strich mir beruhigend über den Kopf, wie meine Mutter es früher immer getan hatte, wenn ich einen Albtraum gehabt hatte.

"Du lebst", flüsterte ich, als müsse ich mich selbst davon überzeugen.

In den Augen meiner besten Freundin spiegelte sich derselbe Schrecken wieder, den ich selbst spürte, und ich fragte mich, ob sie mich in ihrer Simulation gesehen hatte. "Es ist vorbei", erwiderte sie. "Du musst so was nie, nie wieder durchmachen."

Da hatte sie recht. Trotzdem fragte ich mich, ob nicht noch Schlimmeres folgen würde.

Wir sprachen nicht weiter über unsere Simulationen, sondern gingen in den Aufenthaltsraum und vertrieben uns dort die Zeit mit einem sinnlosen Onlinespiel. Erst als die Lautsprecherdurchsage kam, dass nun der Test der persönlichen Fähigkeiten - wie sie es nannten - stattfinden würde, standen wir wortlos auf. Ohne zu sprechen, wusste ich, dass Lia sich genau so vor diesem Test fürchtete wie ich.


"Nur noch zwanzig Runden, dann habt ihr es geschafft!", brüllte uns ein junger Mann vom Rand aus zu. Danach nahm er einen provokant großen Schluck aus seiner Wasserflasche und ich unterdrückte ein Stöhnen, während ich meine Beine zum Weitermachen zwang. Wir trabten eine Runde nach der anderen durch die große Sporthalle und in den Gesichtern der anderen spiegelte sich meine eigene Erschöpfung wieder. Hätten die uns nicht einfach wieder auf einen ihrer Stühle schnallen können?

"Hey", hörte ich da eine Stimme neben mir. Jase Ryan. Der übrigens aussah, als würde ihm das ganze hier auch noch Spaß machen. "Du bist ganz schön schnell."

Er hatte recht. Ich gehörte zu den Vordersten - reine Willenskraft. Gut, und ziemlich viel Training.

"Du... aber auch", keuchte ich.

"Noch fünfzehn!", unterbrach der Alpha, der den Test beaufsichtigte, unser Gespräch. Am liebsten hätte ich mich einfach auf den Boden fallen lassen und nicht mehr weitergemacht, und ein kurzer Blick nach hinten verriet mir, dass einige dies bereits getan hatten. Ich bis die Zähne zusammen. Nein. Ich würde jetzt nicht aufgeben.

Ich zwang mich, an meine Mutter zu denken, die krank zu Hause lag, an meine Schwester, die von früh bis spät arbeiten musste. Ich dachte an die nicht bezahlte Stromrechnung, an die Spinnweben in den Ecken, die niemand putzen mochte, an die Schmutzränder unter Joys Fingernägel und die selbstgemachte Seife, die gegen diese nur wenig half.

Eine weitere Runde. Und dann noch eine, noch eine, noch eine, bis ich die Runden geschafft hatte, mich wie ein nasser Kartoffelsack auf den Boden fallen ließ und mich dort erstmal aufs Atmen konzentrierte.

Doch meine Euphorie übertraf die Erschöpfung. Ich hatte es geschafft. Ich hatte durchgehalten.

Zumindest vorerst. Denn nach den Runden folgten Kraftübungen, bis ich das Gefühl hatte, jeden Milimeter meines Körpers zu spüren. Lia neben mir hatte schon längst aufgegeben, als ich mich zu den letzten paar Liegestützen zwang, dann aber aufgab, ohne die volle vorgegebene Anzahl geschafft zu haben.

Fast alle, beruhigte ich mich selbst. Ich hatte fast alle geschafft.

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