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Schweigend blickte ich auf das Wasser unter mir. Es würde mich mit sich reißen, wie es alles mit sich riss. Nichts war vor dem Strom sicher.

Ich hatte diesen Ort gemocht. Es überkam mich jedes mal ein Gefühl von Stärke, wenn ich auf der sicheren Brücke stand und den Fluss sah, der alles mit sich riss. Nur mich nicht. Ich konnte entscheiden, ob ich weiterhin stark sein oder auf dem Wasser wegtreiben lassen wollte. Ich hatte mich immer für das Leben entschieden.

Doch dieses Mal würde ich nicht zögern zu springen.

Ich griff zu meinen Handy und öffnete den Chat mit Louis. Unwillkürlich musste ich mir seine letzte Nachricht noch einmal durch lesen. Ich tippte eine letzte Nachricht an ihn.

Maddie: Leb wohl, Louis.

Ich sah, wie er sofort online kam, die Nachricht las und wieder offline ging. Ich wusste, dass er denken würde, dass es so gemeint war, dass ich endlich mit ihm abgeschlossen hatte. Er wusste nicht, dass ich hier stand und fertig war mit meinem Leben.

Er hatte es geschafft. Er hatte mich zerstört. Erst war er so lieb gewesen. Ich war wirklich nahe dran gewesen, ihm zu zuhören. Aber dann... Vielleicht war ich auch selber daran schuld. Ich hätte ihm nicht von meinen Armen erzählen sollen. Es war ein Fehler, aber das war mein Leben. Ein einziger Fehler. Und das war der Grund, warum ich jetzt hier stand.

Ich trat noch einen Schritt näher an das Geländer der Brücke. Langsam schwang ich beide Beine über das Geländer, sodass ich jetzt auf dem schmalen Stück der Brücke stand, der sich hinter dem Geländer befand, während ich mich mit meinen Händen festhielt, um nicht sofort zu fallen.

Ich dachte an Selena. Meine beste Freundin. Das Mädchen, dass immer für mich da war. Die - im Gegensatz zu mir - die Hoffnung, dass ich mit Louis zusammen kommen könnte, nie aufgegeben hat.  Die, die verzweifelt mit Liam versucht hat, uns zu verkuppeln.

Liam. Ich kannte ihn nicht wirklich. Ich hatte ihn nie getroffen oder mit ihm geschrieben, aber ich wusste von Selena, dass auch er die Hoffnung auf eine Beziehung nie aufgegeben hat. Er war der beste Freund von Louis und er würde dafür sorgen, dass es ihm wieder gut gehen würde. Wenn er es überhaupt mitbekommen würde. Wenn es ihn überhaupt interessieren würde.

Meine Familie. Oder zumindest der kleine Teil, der mir noch geblieben war. Sie würden über mich hinweg kommen.

Und dann noch Louis. Der Grund, warum ich hier stehe. Meine... Was war er? Die Liebe des Lebens? Ich war mir nicht sicher...  Aber wenn er es nicht wäre, würde ich dann hier stehen? Eigentlich nicht. Er hatte mir so viel gegeben. Und mir alles genommen. Von ihm bekam ich Hoffnung, Halt, Motivation zum Leben, Vertrauen. Und er nahm mir mein Herz.

Ich löste meine Hand und, mit einem letzten Blick auf den Strom unter mir, sprang ich. Ich schrie nicht, kein Laut drang aus meiner Kehle. Mein Körper teilte das Wasser und ich spürte noch, wie es sich über mir wieder schloss, bevor ich das Bewusstsein verlor.

Ich habe dich geliebt, Louis.

Love Me, Hate Me, Kill MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt