Kapitel 27: The Fourteenth Day

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Ayiumi's P.O.V:
Es ist Tag 14, der Tag der Hinrichtug. Voller Angst schlürfe ich meine Suppe. Wenn Dae heute nicht kommt, ist es vorbei. Der Rest vergeht so schnell, dass ich nichts bemerke. Ich werde mit dem Seil wieder von Alex in einem anderen Raum gebracht. Brutal stößt Tim mir den Lauf der Pistole gegen den Kopf. Kalter Stahl, hart und unerbittlich. "Knie nieder!", befiehlt er. Eine Stimme, so trocken und grausam wie der Wüstenwind. Ich habe keine andere Wahl. Blind lasse ich mich in die Knie sinken. Das schmutzige Tuch, mit dem er mir die Augen verbunden hatte, lässt an den fadenscheinigen Stellen ein wenig Licht durch. Es stinkt nach schalem Schweiß. Ich stöhne vor Schmerz auf, als sich ein spitzer Stein in mein linkes Knie bohrt. Flüchtig schießt mir der Gedanke in den Kopf, dass sich die Wunde entzünden könnte, doch dann höre ich ein Geräusch, das unendlich schlimmer ist als eine Schlürfwunde: das unheilvolle Klicken, als die Patrone in die Kammer geschoben wird.
Ich erstarre.
Mein Entführer beugt sich zu mir herab. "Leb wohl, mein kleiner Spatz." Das war's dann wohl, denke ich und wundere mich um meine Gelassenheit. Doch nach all den Wochen der Ungewissenheit, der fieberhaften Angst, die unzähligen schlaflosen Nächte habe ich jede Hoffnung aufgegeben. Ich habe die Angst hinter mich gelassen; nichts ist geblieben als stumpfe Benommenheit. In wenigen Augenblicken würde ich tot sein. Der Gedanke weckt in mir ein seltsames Gefühl - Erleichterung, dass meine Qualen bald ein Ende haben werden. Doch während ich auf die erlösende Kugel warte, höre ich in meinem Kopf plötzlich eine Stimme - zuerst schwach und leise, dann immer lauter. Die Stimme der Wut. Warum hat er mich in Stich gelassen? Warum wurde das Lösegeld nicht bezahlt? Was ist schiefgelaufen? Ich habe so viele gute Vorsätze gefasst, die ich einlösen wollte, wenn ich aus dieser Sache lebend herauskomme, hatte so viele Hoffnungen gehabt, die sich immer wieder zerschlagen hatten - doch jetzt wird mir klar, dass ich sterben werde. Eine Kugel in den Kopf. Eine Leiche im Wüstensand. Würde mich überhaupt jemand finden?, denke ich. Und würde er überhaupt noch feststellen können, wer ich war, wenn ich erst mal ein paar Tage in der glühend heißen Sonne gelegen habe? Oder ist es ihm längst völlig gleichgültig, was aus mir wird? "Bringen wir's hinter uns", murmel ich. In diesem Augenblick sehne ich mich sogar danach, dass mein Henker endlich auf den Abzug drückt und meine lange Leidenszeit ein Ende setzt.
Stille.
Nichts klickt. Kein Knall. Nicht einmal eine Antwort. Nur das Surren der Fliegen in der drückenden Hitze. Wieso braucht er so lange?, fragt ich mich. Oder gehört das nur wieder zu seinen Psychospielchen? Ein Schweistropfen rennt unter der Augenbinde und über meine Wange. "Traust dich wohl nicht, wie?", krächze ich mit zittriger Stimme. Erst Resignation, dann Ungeduld, und jetzt Frustration. Niemand antwortet. Endlich hebe ich die zitternde Hand, traue mich, den stinkenden Stofffetzen von den Augen zu reißen. Ich blinzel den Sand aus den Augen... und entdecke, dass ich allein bin, verlassen...
Ich befinde mich in einem einfachen, düsteren Raum. Lehmwände. Das Gebäude scheint nur aus diesem einen Raum zu bestehen. Eine notdürftige zusammengenagelte Holztür, durch deren Ritzen und Spalten, ein paar Sonnenstrahlen wie scharfe Sperre durch die Dunkelheit schneiden. Soll ich fliehen versuchen? Aber ich habe keine Ahnung, was hinter der Tür auf mich wartet. Tim und Alex? Das schwarze Mündungsstück einer Waffe? Oder, was mir am warscheinlichsten Vorkommt, meilenweit nichts als glühend heißer Wüstensand? Plötzlich fliegt die Tür krachend auf. Die gleißende afrikanische Sonne blendet mich?, doch dann füllt eine dunkle Gestalt die Türöffnung. Ein Mann... bewaffnet, der Finger liegt auf dem Abzug eines großen Maschinengewehrs. Jetzt erkenne ich, dass er der veewundete Daesung ist, total dreckig mit zerrissenen Klamotten. Er macht einen Schritt in den Raum, schwenkt die Waffe herum, blickt sich rasch nach Gefahren um. Erst als er sicher ist, dass sich niemand sonst im Raum befindet, richtet er den Blick auf mich, wie ich mitten im Raum auf dem Boden liege.
"Ayiumi?", knurrt er. Meine Kehle ist zu ausgetrocknet, außerdem traue ich meine Stimme nicht. Ich nicke nur schwach. Schwack sacke ich mich in mir zusammen. Daesung hebt mich wie eine Stoffpuppe vom Boden auf und trägt mich zur Tür hinaus. Erst als ich in die grelle Sonne und den weiten Himmel blinzel, wird mir allmählich bewusst, dass ich gerettet bin. Gerettet. Ein Schluchzen bricht aus mir und lässt sich nicht mehr stoppen. "Es ist vorbei", sagt Daesung, nun plötzlich mit überraschend sanfter Stimme. "Jetzt bist du in Sicherheit." Sicherheit?, denke ich, während Tränen über meine Wangen strömen und die zerissene Jacke von Daesung durchnässen.
Nein. Die wird es für mich nie mehr geben.

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