Kapitel 1

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    Er sah mich verwundert an. Wir standen am Essener Hbf und alle Menschen rauschten wie im Film an uns vorbei. Ich hatte wie immer seinen schwarzen, wunderschönen Hut auf, den er mir zuvor anvertraut hatte. Dann begann er zu sprechen, er sah glücklich aus: „Rieke, ich kenne dich schon länger, und ... ich wollte dir schon vor längerer Zeit sagen, ... dass, ...dass ..." und kam dabei immer näher zu mir.
Dann war alles wie ausgewechselt. Ich lag auf meinem Bett, meine Decke hatte ich anscheinend zusammengeknüllt auf den Boden geworfen. Immer noch leicht benommen sah ich mich in meinem geräumigen,hellen Zimmer um und sah den vertrauten Schreibtisch mit meiner lebenserhaltenden Maschine. Meinen geliebten und zugleich gehassten Laptop. Zwar hatte er schon einige Jahre auf dem Buckel, doch er war eine meiner einzigen Verbindungen zu ihm. Als mein Blick schließlich auf meinen Wecker fiel, schrak ich auf. „7:25 Uhr?! Ich hab nur noch 10 Minuten!" Mit diesen Worten war ich sofort auf 180 und stürmte aus meinem Zimmer, dessen Tür ich mit einem lauten Knall zuwarf.
Frühstücken kann ich auch auf dem Fahrrad,jetzt erstmal Zähne putzen und danach umziehen.
Ich schaffte es tatsächlich rechtzeitig aus dem Haus, wenn auch ungeschminkt, aber das interessierte eh keinen. Trotzdem sollte ich mich beeilen, denn heute stand die Englischarbeit an. Englisch in der neunten Klasse war geschenkt, der Leistungsanspruch war nicht sehr hoch, erst recht nicht für einen Gamer wie mich.
Ich fuhr mit dem Fahrrad an vielen Menschen vorbei, doch eine Person mit einem Hut ließ meine Gedanken wieder verrückt spielen.
Wieso träume ich sowas? Ist er nicht wie ein normaler Kumpel für mich? War das in meinem Traum wirklich ein Annäherungsversuch?
 Am liebsten hätte ich diesen Traum zu Ende geträumt, denn meine Fragen quälten mich. Ich fragte mich wirklich, ob aus uns jemals etwas werden würde.
Ach, was will schon ein bald zwanzig Jähriger von einer gerade mal vierzehn Jahre alten Schülerin?
 Yessica, meine beste Freundin, war so ein netter Mensch, immer optimistisch und baute mich oft auf. Jetzt, in diesem Moment, hätte ich sie gebraucht. So in meine Gedanken vertieft, fuhr ich durch die wunderschön begrünte Allee, die im Frühling eine einmalige Atmosphäre ausstrahlte. 

Kann das Alter Grenzen setzen?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt