Kapitel 2

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"Wenn du einen guten Grund zum Lachen hast, dann nur raus damit. Ich bin nämlich gerade nicht bei bester Laune und... Was soll das, was du da machst, eigentlich werden, wenn es fertig ist?" Mit 'das' meinte der Typ, der eben aus dem Wald gekommen war, wohl meine momentane Lage. Ich war nämlich, als er aus dem Gebüsch gesprungen war und angefangen hatte zu spotten, vor Schreck auf der feuchten Rinde ausgerutscht und baumelte nun wie ein verkrüppeltes Opossum mit einem Fuß an dem Ast. So etwas konnte wirklich nur mir passieren...definitiv. "Also...ähmm", weiter kam ich nicht, denn auf einmal gab der Ast- wie hätte es auch anders sein können, bei meinem Pech- ein Unheil verkündendes Knacken von sich. "Pass auf!", schrie der Typ, doch es war schon zu spät. Der Ast gab endgültich den Geist auf und ich fiel schreiend Richtung Boden. Ich kniff die Augen zusammen und wartete auf den Aufprall, doch er kam nicht. Stattdessen spürte ich... Geschockt riss ich sie wieder auf nur um in eisblaue, mich durchdringlich anstarrende Augen zu blicken. Dieser Typ von eben hatte es doch tatsächlich gewagt mich aufzufangen. Er bemerkte anscheinend auch seinen Fehler, denn plötzlich spürte ich wie er mich losließ. Mit einem lauten Knall landete ich auf dem Boden. Die Tatsache, dass ich den Aufprall schon erwartet hatte, änderte nichts an dem Schmerz, der mir jetzt durch den ganzen Körper fuhr. "Bist du okay?", hörte ich eine Stimme von weiter oben fragen. "Ja, aber dein Verdienst ist das ja nicht gerade. Wenn du schon die Frechheit mich aufzufangen, könntest du mich dann nicht einfach sanft absetzen, anstatt mich eiskalt fallen zu lassen? Sehe ich für dich vielleicht aus wie ein Sack Kartoffeln?", machte ich meinem Zorn Luft. "Das wäre eine erfreuliche Nachricht. Ich habe nämlich Hunger. Einen Mordshunger um genau zu sein." Als mir die Zweideutigkeit dieser Worte auffiel, prustete ich los. "Das war nicht lustig gemeint! Ich habe heute noch nichts gegessen und wenn du nicht aufpasst, wer weiß?..." "Ja klar", in diese zwei Worte legte ich all den Sarkasmus, den ich in diesem Moment aufbringen konnte-während ich auf dem Boden liegend fast heulte vor Schmerzen... Und ihm fiel nichts besseres ein, als über sein Hungergefühl zu meckern! Ich hatte anscheinend länger nachgedacht, als geplant gewesen war, denn jetzt schien sich der Schwachkopf wieder Sorgen zu machen. Wobei...wahrscheinlich hatte er bloß keine Ahnung, was er machen sollte, wenn ich ihm jetzt wegsterben würde. Also rappelte ich mich ächzend auf, um ihm zu signalisieren, dass es mir gutging. Doch plötzlich erfasste mich ein seltsamer Schwindel und die Welt begann sich du drehen. Oh nein! Der Sturz war wohl übler gewesen als gedacht. Ich war mit dem Kopf auf einem Stein gelandet, aber ich hätte jetzt nicht erwartet, dass ich mir so eine Gehirnerschütterung zuziehen würde. Mal ganz abgesehen von den stechendem Schmerz, der auf eine gebrochene Rippe hinweisen könnte, blieb mir dann nichts weiter übrig, als mich zurück auf den Boden fallen zu lassen. Was mir meine Rippe dankte. Ich krümmte mich zusammen und biss die Zähne zusammen. "Bist du dir wirklich sicher, dass es dir gut geht?", der Typ nervte echt. Wahrscheinlich war sein Name Kevin oder irgendetwas anderes ätzendes. Ich hasste diesen Namen einfach! Vielleicht lag das daran, dass es in unserer Klasse einmal einen Kevin gegeben hatte. Auf jeden Fall verband ich seit dieser Zeit mit dem Namen Kevin Charaktereigenschaften nervig und ätzend. Da fiel mir ein: Ich wusste seinen Namen immer noch nicht. Darauf musste ich unbedingt noch zu sprechen kommen. "Ja, ich bin mir sicher, dass es mir gut geht. Ich habe mir nur den Knöchel ein bisschen verdreht. Wahrscheinlich bin ich deshalb umgefallen. Es tut aber fast gar nicht weh, also kann ich, schätze ich, auch alleine nach Hause laufen. Kein Bedarf an Hilfe!", erklärte ich ihm schnell, bevor er noch auf die Idee kam mir seine Hilfe anzubieten. Ich wollte immer alles alleine schaffen, egal wie schlecht es mir ging und daran würde sich auch nichts so schnell ändern. "Wer hat denn gesagt, dass ich dir überhaupt helfen will? Ich kenne dich doch gar nicht und ich bin ganz sicher kein Samariter, dem es Freude bereitet sich aufzuopfern, nur um anderen das Leben zu erleichtern!", stellte er klar. Darauf fiel mir keine Erwiderung ein. Wobei, ich hatte ihn doch nach seinem Namen fragen wollen. Ich hatte zwar schon einen Spitznamen ('Schwachkopf') für ihn, aber es konnte ja nicht schaden, seinen Namen zu kennen. "Sag mal, Schwachkopf, wie heißt du eigentlich?", ich betonte seinen Spitznamen extra deutlich, um ihn zu ärgern. "Warum sollte ich dir meinen Namen verraten, wenn du mich gerade beleidigt hast?", fragend zog er eine seiner Augenbrauen hoch, die genauso dunkel waren, wie sein rabenschwarzes Haar. "Weil", sagte ich und hob besserwisserisch meinen Zeigefinger hoch, wobei es mir wahrscheinlich nicht zugute kam, dass ich gerade zusammengekrümmt auf dem Boden lag. "Ich sonst immer diesen Spitznamen benutzen werde, wenn ich mit dir rede. Das willst du doch nicht, oder?", zuckersüß lächelte ich ihn an. "Das ist ein Argument, allerdings werden wir uns wahrscheinlich nie mehr begegnen und es wäre doch um einiges amüsanter, wenn du ab heute für immer über den gutaussehenden, geheimnisvollen Typen ohne Namen nachgrübeln würdest." Ich wollte protestieren, doch er sprach unbeirrt weiter. "Aber wenn du ihn unbedingt wissen willst, mein Name ist Gray", ergänzte er hochnäsig. Dieser Name war in der Tat passend. Einerseits wegen seiner schwarzen Haare und die im Gegensatz stehenden hellen Augen, doch vor allem wegen seiner Persönlichkeit. Ich kannte ihn zwar erst seit ein paar Minuten, aber er kam mir schon von Anfang an ein bisschen düster vor. Zwar nicht direkt böse, aber es war, als gäbe es Schatten in seiner Vergangenheit, die sein inneres Licht verdunkelten und durch die diese gefährliche Aura zustande kam. Ich schüttelte den Kopf. Jetzt fing ich schon an über Auren und seine Vergangenheit nachzugrübeln, die mich nun wirklich nichts anging. Dieser Schwachkopf machte mich selbst wenn er schwieg und mich wieder mit diesem durchdringendem Blick anstarrte wahnsinnig. Moment! Er starrte mich wieder an?! Ich blinzelte ein paar mal und konzentrierte mich wieder auf die Gegenwart, die aus einem gutaussehendem (hatte ich das jetzt wirklich gedacht?!) Schwachkopf bestand, der mich in der Tat anstarrte. Ich starrte zurück. "Soll ich dir mal was sagen?", unterbrach Gray schließlich die Stille. "Hm?", ich durchschaute ihn immer noch nicht. "Ich nehme dir nicht ab, dass du dir nur den Knöchel verdreht hast." Oh nein! Er starrte mich wieder so an. Konnte er das nicht mal lassen? Da fühlte ich mich wie ein Lamm auf der Schlachtbank. "Sag mir die Wahrheit. Vielleicht ändere ich dann ja doch meinen Meinung, was Hilfe anbelangt. Wir 'kennen' uns schließlich schon ein bisschen", das Wort kennen betonte er mit Fingerzeichen, die er in die Luft zeichnete. "Da fällt mir ein: Ich weiß deinen Namen noch gar nicht. Diese Antwort bist du mir jetzt echt schuldig, in Anbetracht dessen, dass ich dir meinen verraten habe." Es gefiel mir zwar nicht, aber er hatte recht. Beide Dinge betreffend. Meinen Namen war ich ihm schuldig und wenn ich ihn nicht die Wahrheit über meinen Zustand verriet und er wieder an den Ar*** der Welt verschwand, wo er hergekommen war, hätte ich ein ziemliches Problem. Doch sollte ich einem völlig Fremden vertrauen, den ich noch nie in meinem Dorf gesehen hatte und der zu allem Überfluss auch noch alles andere als vertrauenserweckend auftrat? Mir war überhaupt nicht wohl bei der Sache, aber hatte ich denn eine Wahl? Schicksalsergeben fing ich also an zu reden.

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Uuuund cut. Mal wieder. Vielen Dank an Eulehanni1003 für die lieben Kommis. Und danke an alle unsere Leser- was ja noch nicht so viele sind, aber wir hoffen, dass sich das noch ändert... Schönen Tag noch! Eure Anne und Janina

ImpossibleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt