Gerade war Gray aus der Tür hinaus, war ich schon wieder aufgesprungen. Ich drehte mich einmal im Kreis und scannte die Wände nach Fenstern ab, die eventuell auch mal größer als eine Wassermelone waren. Es gab natürlich keine. Wie konnte es hier drin eigentlich so immens hell sein, wenn alle Fenster so klein waren? Verzweifelt drehte ich meinen Kopf in einem letzten Versuch gen Himmel oder eher gen Decke. Und da war es! Ein riesiges Fenster, gute fünf Meter über mir. Konnte ich nicht wenigstens einmal in meinem Leben Glück haben?! Arsch der Arx war noch nicht allzu lange weg. Allerdings konnte ich natürlich auch schlecht wissen, von wo er gedachte das Essen zu nehmen, geschweige denn wie lange er dafür brauchen würde. Entschlossenheit breitete sich in mir aus. Es konnte ja wohl nicht sein, dass dieser Typ mich einfach so wie sein Haustier gefangen halten würde! Der würde sich wundern, wenn er zurück kam! Schnell marschierte ich zur anderen Seite des Zimmers, wo sich ein stattlicher Ebenholzschrank mit abgeschlossenen Flügeltüren befand. Zu gerne hätte ich gewusst, was darin verbarg, aber dazu hatte ich jetzt definitiv keine Zeit. Ich stemmte mich mit aller meiner momentan zur Verfügung stehenden Kraft gegen den Schrank. Erst bewegte er sich nicht, doch dann rückte er ein Stückchen. Erneut motiviert drückte ich weiter. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich es endlich geschafft hatte diesen scheiß schweren Schrank zu diesem scheiß hohen Fenster zu bugsieren. (Ja, wenn ich gestresst war, fluchte ich gerne.) Wehe dieser Schrank fiel jetzt auch noch um, mir lief so schon die Zeit davon. Wie auf mein Kommando begann dieser, eben schon oft genug genannte, Schrank leicht zu wackeln, als ich versuchte mich an ihm hochzuziehen. Doch er blieb immerhin stehen. Danke, guter Gott, dass ich auch einmal in meinem Leben Glück habe, bedankte ich mich stumm bei dem, meiner Meinung nach, nicht vorhandenen Gott im Himmel. Leider war mit meiner Glückssträhne für meinen Geschmack einen Tick zu kurz, denn ausgerechnet in dem Moment, in dem ich es schaffte das Fenster zu öffnen und schon mit dem Oberkörper über der Fensterschwelle schwebte, hörte ich das Kwietschen. Erstaunt sag ich mich um und erblickte einen komplett verdatterten Gray, dessen Blick unablässig erst von mir, über den (allseits geliebten Schrank), zum Bett und wieder zurück wanderte. Nach ungefähr zehn Sekunden Sekunden schien er die ernste Situation zu begreifen. Ein Blitzmerker war er ja nicht gerade. Abrupt entriss ich mich meiner Starre und stemmt mich aus dem Fenster in die Freiheit. Kurz überlegte ich, dann breitete sich ein höhnisches Grinsen aus meinem Gesicht aus und ich verpasste dem Schrank (Es tut mir schrecklich leid Schranki) einen beherzten Tritt, sodass er umfiel. Gray konnte nur um Haaresbreite ausweichen. Seine Augen blitzen wütend auf (Was jetzt, im Nachhinein überlegt, ziemlich cool hatte aussehen müssen), doch das juckte mich jetzt nicht wirklich. "Sag mal, willst du mich umbringen?", brachte er knurrend heraus. "Ach nee, nur aufhalten. Adiós", antwortete ich lässig und trat hinaus aufs Dach. Der Wind pfiff mir um die Ohren, während ich in luftiger Höhe über das Dach lief. Klar, ich hatte Gray eine Weile aufgehalten, aber das bedeutete nicht, dass er mich nicht noch einholen konnte. Ein Ziegel gab unter meinen Füßen nach und ich konnte nur noch instinktiv einen Hechtsprung nach vorne machen, bevor er über die Dachkante rutschte und mit einem hässlichen Geräusch auf dem ungefähr zehn Meter entfernten Boden zerbrach. Fluchend lief ich weiter; das hatte mit Sicherheit jemand gehört. So viel zu einem unauffälligen Abgang ohne weitere Konsequenzen. Als ich endlich das Ende des Dachgiebels erreicht hatte, stellte ich mich an die Kante und sah mich suchend nach einer Mülltonne oder etwas anderem um, auf das man herunterspringen konnte. Da war nichts. Oh nee, nicht schon wieder Pech! Grummelnd ließ ich mich an der Kante nieder, umfasste den Giebel und ließ mich - so wahnsinnig es auch klingen mag - hängen. Das würde wehtun. Dann lösten sich meine mittlerweile verkrampften Finger vom Giebel und ich fiel.
Manche Menschen lieben dieses Gefühl, sich steile Abhänge herunterzustürzen. Dieses Gefühl, frei zu sein, nur gesichert durch ein straffes, kaum wahrnehmbares Band – der einzige Beweis, dass sie diesen Sturz überleben werden. Sie finden diesen Kick attraktiv, den sie bekommen, wenn sie tödliche Sprünge vollführen und ihr gesamtes Leben nur von einem Stück Schnur abhängt. Aber was, wenn diese Schnur nicht mehr da ist...

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Impossible
FantasíaZwei verfeindete Völker...ein gemeinsamer Gegner...nur ein Weg führt zum Ziel. Doch dieser scheint unmöglich zu sein... Sorry, falls ihr erwartet haben solltet hier mehr zu lesen, aber wir wollen nicht zu viel verraten.. (In Zusammenarbeit mit Lotte...