Kapitel 5 - Nachhilfestunden

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Nach einer der Mathestunden eröffnete mir Mr. Jeek, dass er jemanden gefunden hat, der bereit war mir Nachhilfe zu geben. Sie hatte sich am Anfang des Schuljahres angeboten Nachhilfe zu geben, sollte es jemand brauchen. Sie wüsste auch noch nicht wer ihre Schülerin sein werde, aber wir sollen uns heute nach der Schule im Raum B-2 treffen. Er hatte den Raum jede Woche für anderthalb Stunden für uns reserviert. Ich nickte dankbar und kramte meine Sachen zusammen.

Als die Schule zuende war, rief ich den anderen zu, dass ich noch Nachhilfe haben würde. Essami, die hinter mir stand, kniff die Augen zusammen, anstatt mit den anderen zu gehen. „Was?", fragte ich und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen wütend an. Sie schüttelte nur den Kopf und schob sich an mir vorbei. Ich ignorierte sie und lief zum Raum B-2. Meine Nachhilfelehrerin war noch nicht da, also wartete ich.

Ich musste allerdings nicht lange warten, denn kein fünf Minuten später spazierte sie durch die Tür und schloss sie. Ich wich zurück. Das sollte ein Scherz sein, oder? Ausgerechnet sie war mir als Nachhilfelehrerin zugeschrieben worden? Als Essami meinen entsetzten Blick sah, biss sie sich auf die Lippe und sah mich finster an. "Lass es uns einfach hinter uns bringen, in Ordnung?" Ich nickte nur.

Sie ging auf einen Tisch zu, setzte sich und zog einen anderen zu sich heran. Zögern ging zu auf sie zu. "Oh ach komm schon. Ich tuh dir schon nichts."

Ich starrte sie an. Seit dem Nachmittag an dem sie mich geküsst hatte, waren wir nicht mehr alleine in einem Raum gewesen. Wir wussten beide, dass wir beide gerade daran zurück dachten. Essami knurrte zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch: "Das tue ich auch nicht."

Mir blieb nichts anderes übrig, als ihr zu vertrauen. Ich setzte mich langsam auf den Stuhl neben sie. Essami sah mir aus den Augenwinkeln zu und wandte sich dann mit wütendem Gesicht ab. Sie zog ihr Mathebuch hervor und fragte abweisend: "Was verstehst du nicht?"

Der Umstand, dass wir in der selben Klasse waren, könnte bei Matheproblemen zwar von Vorteil sein, ich wusste aber nicht wie zum Teufel ich mich mit ihr, so dicht neben mir, konzentrieren sollte. Aber vielleicht gab es mir die Gelegenheit „mein Problem aus dem Weg zu schaffen", wie Mrs. Wildsand gesagt hatte. Auch wenn ich noch nicht genau wusste, wie und was ich dafür tun musste. Ich wusste ja noch nichteinmal genau was mein Problem war. Denn Essami an sich war in Ordnung. Alles was ich wusste war, dass mein Problem mit ihr zusammenhing.

Wir begannen steif mit der Nachhilfe. Es klappte überraschend gut. Nach und nach verstand ich immer mehr von diesen blöden Vektoren.

Auch die nächsten Nachhilfestunden verliefen ohne peinliche Zwischenfälle oder Sonstigem. Nach und nach wurden wir beide lockerer und ab und zu lachten wir auch. Essami lachte mich sanft aus, wenn ich eine absolut blöde Antwort auf eine ihrer Fragen gab, was mich überraschenderweise nicht weiter stöhrte. Viele Menschen taten das, wenn es bei mir um Mathe ging. Oder ich lachte darüber, wenn sie, so ungeschickt wie ich es noch bei keinem zuvor gesehen hatte, ihren Bleistift anspitzte.

Bis jetzt hatte ich fast alles getan, wozu mir Mrs. Wildsand geraten hatte. Ich verausgabte mich kaum noch, lernte weniger für die anderen Fächer, als für Englisch. Außer in Mathe, denn das könnte mich sonst um meine Versetzung bringen. Ich schottete mich weniger ab und unternahm öfter Dinge mit den anderen Mädels, inklusieve Essami und langsam kam meine Selbstsicherheit zurück.

Aber, egal wie ich es drehte und wendete, ich wurde mir einfach nicht bewusst, was genau mein Problem war. Und einen unsichtbaren Feind konnte man weder bekämpfen, noch aus dem Weg schaffen.

"Genau. Gut. Und jetzt zeig mir wo genau der Vektor im Koordinatensystem läge.", sagte Essami in der letzten Nachhilfe vor dem nächsten Test und zeigte auf das Koordinatensystem im Buch.

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