Kapitel 1 - Elena

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Ich stand in meinem begehbaren Kleiderschrank, die Sonnenstrahlen der Abendsonne schienen in das Zimmer und ließen es trotz der recht dunklen Möbel warm wirken. Ich griff erst nach ein paar Kleidern, die an meiner Stange hing und legte sie auf mein Bett. Ich hatte ganz schön viele Kleider in meinem Schrank hängen, deshalb bildete sich mit der Zeit ein stetig wachsender Berg aus Versace, Chanel und Balenciaga. Wir sind eine sehr wohlhabende Familie, müsst ihr verstehen und seit einiger Zeit haben wir noch mehr Geld als wir schon eh besitzen. Deshalb verbrachten wir den diesjährigen Sommer auf Ibiza. Papa mietete uns eine schöne Yacht auf der wir hausten und verbrachten dort einige Wochen. Ibiza ist eine tolle Insel und ich habe mit beim Rückflug geschworen eines Tages wieder zurück zu kommen. Wenn es zeitlich her passt. Mein Leben war immer ein geordnetes. Ich ging fleißig zu Schule und verbrachte meine Freizeit mit meinen zwei besten Freundinnen Bianca und Fabiana, die ich schon seit Ewigkeiten kenne. Unsere Eltern lernten sich bei den Schwangerschaftskursen kennen und trafen sich auch nach unserer Geburt immer regelmäßig und ließen uns Mädchen spielen. So wurden wir beste Freundinnen und teilten fast alles mit einander. Aber Zeiten ändern sich und seit circa zwei Jahren habe ich keinen Kontakt mehr mit den Beiden. Unsere Interessen haben sich komplett geändert. Während ich mich immer weiter auf Materielles fixierte, kümmerten sich Bianca und Fabiana mehr um ihre Beziehungen. Darauf hatte ich weniger Lust und seit sie mich bei einem Streit ein oberflächliches Miststück beleidigt hatten, waren auch alle Fotos aus meinem Zimmer durch Bilder aus Modemagazinen ersetzt worden. Trotzdem begrüßen wir uns manchmal auf der Straße, wenn man sich zufällig sieht, das kommt in letzter Zeit aber seltener vor und seit ich vor ein paar Tagen aus Ibiza zurück bin, haben wir uns nicht mehr gesehen. Genug der Vergangenheit, schließlich muss ich meine Tasche packen. Alle Kleider konnte ich natürlich nicht mitnehmen auch wenn ich noch so gerne wollte. Auch wenn ich mehr als nur einen Koffer mitnehme, werden niemals alle Sachen hinein passen. Also musste ich mich vorerst von einigen Kleidern verabschieden. Die kann ich notfalls aber auch mitnehmen, wenn ich meine Eltern mal besuchen kommen oder sie nehmen sie mit, wenn sie mich mal besuchen kommen, was, wie ich finde, eine noch bessere und bequemere Idee ist. Nun stand ich vor meinem Bett und betrachtete meine Kleider. Bei einigen kommen Erinnerungen hoch, wie ich mit ihnen auf diverse Events von meinem Vater gegangen bin aber an einige Momente möchte ich nicht mehr erinnert werden, deshalb werde ich diese wohl aussortieren und vorerst zuhause lassen. Darunter zum Beispiel mein schwarzes langes Armani Kleid, welches ich trug als mein erster Freund mit mir Schluss machte. Wie hieß er noch gleich? Paolo.. der Name wird mir wohl nie aus dem Kopf gehen. Oder das kurze rosé farbende Kleid, was ich an hatte, als ich erfuhr, dass mein Großvater gestorben ist. Schade um das Kleid, denn es stand mir immer außerordentlich gut, wie meine Freundinnen mir immer sagten. Aber ich würde mich schlecht fühlen, das Kleid nächstes mal auf einer der angesagtesten Partys zu tragen, deshalb bleibt es da, genauso wie das wild gemusterte Givenchy Kleid, was ich mir von meinem Geburtstagsgeld geholt habe. Aber ich habe so viele Kleidungsstücke in meinem Schrank, da werden viele hier in Italien bleiben. Vorerst versteht sich natürlich. Ein paar Kleider passten noch in meinen Koffer bis ich meinen fünften und letzten Koffer an meine Tür stellte. Ein komisches Gefühl zu wissen, das hier alles hinter sich zu lassen und dort drüben ein komplett neues Leben zu beginnen. Ohne Eltern, ohne Freunde und ganz auf sich gestellt. Unwohl ist mit dabei schon, schließlich bin ich erst 17 und stehe vor meinem 18ten Geburtstag aber meine Eltern sind guter Dinge und versichern mir immer wieder, dass ich das schon packen will und das werde ich auch. Geld ist genug da und in der Stadt wird es schon irgendwelche Leute geben mit denen ich mich anfreunden werde. Die Frage ist nur, ob sie auch auf das gleiche College gehen wie ich. Erst vor kurzem bekam ich den Bescheid, dass ich an der Art Institute of Los Angeles angenommen worden bin und dort den Kurs Fashion Marketing & Management belegen kann. Eines Tages möchte ich mit Mode auch mal mein Geld verdienen, ob als Redakteurin eines Modemagazins, Modedesignerin oder selbst als Model. Aber ich bin ja erst 17 und vielleicht wird mein Potenzial in Los Angeles ja schnell entdeckt. Morgen schon geht der Flug. Es sind zwar noch zwei Wochen bis zum Schulbeginn, aber Mama meint es wäre besser wenn ich schon einige Wochen vorher dort bin, um mich ein wenig an die Stadt zu gewöhnen. Schließlich muss ich mein Apartment, welches ich beziehe noch komplett einrichten. Meine Möbel sollten Mitte der nächsten Woche geliefert werden, aber man weiß ja nie ob es sich verschieben kann. Die restlichen Kleider hing ich also wieder zurück in mein Ankleidezimmer und ging die Treppe hinunter in die Küche in der meine Mutter schon stand und das Abendessen vorbereitete. Sie machte so ein bedrücktes Gesicht und tief im Inneren wusste ich, dass sie mit meiner Entscheidung auszuziehen nicht ganz einverstanden war, aber sie auch immer meinte, dass sie mich in allem unterstützen möchte, was ich vorhabe und das tut sie auch. Ich wusch mir die Hände und half ihr beim Essen machen. Ihr bedrückter Blick veränderte sich schnell in ein zufriedenes Lächeln und das Essen war schnell gemacht und auch genauso schnell wieder aufgegessen. Papa half ihr beim Abräumen des Tisches und ich konnte nach oben gehen und den Abend noch schön ausklingen lassen, bis ich morgen früh aufstehen muss. Ich nahm also noch ein schönes langes Bad und ging dann zu Bett. Mein Bett werde ich wohl am meisten vermissen, denn es ist schön groß und weich, genauso wie ich es liebe.

Der Wecker klingelte und riss mich aus meinem Schlaf, das ist wohl das erste mal, dass ich in den Ferien früh aufstehe, aber es lohnt sich ja. Zum noch einmal einschlafen war keine Zeit mehr, denn ich stellte mein Wecker bewusst ein bisschen später, damit ich direkt aus dem Bett steige und mich fertig mache und das tat ich auch. Ich sprang aus meinem Bett und ging direkt in mein Ankleidezimmer ich schaute mich um und realisierte, dass ich ja schon alle meine guten Sachen in die Koffer getan hatte. Also entschloss ich mich für einen simplen Hollister Top und eine einfache Hotpants. Dann ging ich rüber ins Bad und versuchte aus meinem Haar irgendwas gescheites zu zaubern. Schnell noch meinen Lieblingslippenstift aufgetragen und in meine Handtasche getan. Dann ging ich die Treppe runter. Papa lud während ich meine Schuhe anzog die Koffer ins Auto und dann machten wir uns auch schon auf dem Weg zum Flughafen. Morgens esse ich so gut wie nie was, deshalb aß ich heute auch noch kein Frühstück. Ein Glas Saft reicht da bei mir vollkommen aus. Am Gate angekommen gaben wir meine Koffer ab und es war die Zeit gekommen, an der ich mich von meiner Familie nun verabschieden muss. Für eine unbestimmte Zeit, denn sie wissen nicht, wann sie mich mal besuchen kommen können und da ich nun studiere, werde auch ich kaum Zeit finden sie zu besuchen. Aber wir bleiben optimistisch und Telefone wird es in Los Angeles auch genug geben. Ich drückte meine Eltern noch einmal ganz fest und konnte in den Augen meiner Mutter ein paar Tränen erkennen, weswegen ich sie noch einmal umarmte und dann musste ich auch schon los. Ich zeigte der netten Dame mein Flugticket vor und ging den Gang runter in den Flieger, nahm mein Platz und freute mich darauf nun ein komplett neues Leben anzufangen. Los Angeles macht euch bereit. Elena kommt. 

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