Kapitel 1 - Emily

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"Emmy!" hörte ich meinen Vater von unten rufen. "Steh auf das Frühstück ist fertig" Ich wältze mich in meinem Bett hin und her, bis ich es endlich schaffte meine verschlafenen Augen zu öffnen und auf den kleinen Radio Wecker neben meinem Bett zu gucken. Zuerst sah ich nur ein paar verschwommene, leuchtende Ziffern aber nachdem ich mir meine Brille vom Nachttisch geschnappt und ein paar mal geblinzelt hatte konnte ich erkennen dass es 8:30 Uhr war. Ich stieß einen lauten Seufzer aus und drehte mich noch einmal um, es waren doch Ferien warum musste er mich so früh wecken? Ein paar Minuten später kam auch schon Ricky in mein Zimmer gestürmt und zog mir die Decke vom Kopf. "Ich soll dich mit allen Mitteln dazu bringen auf zu stehen" piepste er mit seiner nervigen kleiner Bruder Stimme. Ich dreht mich um und sah direkt in den Lauf einer Wasserpistole. Kurz bevor ich eine drohende Warnung aussprechen konnte hatte er schon den Abzug gedrückt und mir spritzte eine volle Ladung Wasser ins Gesicht. Ich schrie auf und sprang aus dem Bett. Ricky flitze davon aber ich fühlte mich gerade nicht in der Lage auf seine kleine Verfolgungsjagd einzugehen also streckte ich mich, gähnte laut und zog mir dann rasch eine Sweatjacke über, da Dad es bevorzugte die Tür zur Terrasse Morgens immer besonders weit aufzureißen. Ich tapste langsam die Treppe hinunter über den kalten Laminatboden, zur Küche. "Morgen" nuschelte ich, noch immer etwas schlaftrunken. Dad hatte Pancakes gemacht, ich setzte mich an den runden Esstisch und goss mir etwas Orangensaft ein. "Guten Morgen Schatz", sagte Dad mit einem strahlendem Lächeln im Gesicht und küsste mich auf die Stirn als er mir ein paar der frischen Pancakes auf meinen Teller legte. Auch Ricky setzte sich nun dazu und streckte mir die Zunge heraus. Ich kniff meine Augen zusammen und zeigte ihm meine, das verlangte nach Rache dachte ich mir während ich mir ein Stück des Pancakes in den Mund schob und ihn voller Genuss kaute. Nach dem essen räumte ich mein Geschirr in die Spülmaschine und ging ins Bad um zu duschen. Ich drehte den Hahn auf, schloss die Augen und eine angenehm warme Menge Wasser prasselte auf mich herab. So stand ich bestimmt zehn Minuten da bis es auf einmal an der Tür klopfte und Dad mir über die Geräusche des laufenden Wassers zu rief: "Em, ich komm heute wieder später nach Hause, könntest du deinen Bruder am Nachmittag vom Hockeytraining abholen?" "Nicht schon wieder" dachte ich mir und verdrehte die Augen. Das war schon das dritte mal diese Woche, dass Dad länger machte um mehr Geld nach Hause zu bringen. Nachdem er seinen Job bei der Bank verloren hatte verließ Mom uns, da wir uns nicht mehr den selben Luxus wie früher leisten konnten. Das hieß auch in ein kleineres Haus ziehen und ich verzichtete auf die Tennisstunden die ich bis dahin 2 mal wöchentlich bekommen hatte, um Ricky noch sein Hockeytraining zu lassen.  Zu gegeben,  mit dem Tennis auf zuhören war kein großes Problem für mich gewesen, da das Training Woche für Woche nerviger wurde mit den arroganten Zicken, aber das musste ich ja keinem sagen. Seit dem sind inzwischen schon 6 Monate vergangen und ich muss sagen wir haben das Beste aus der Situation gemacht und uns im Haus gut eingelebt, mein Zimmer gefällt mir sogar noch besser als damals. Von Mom haben wir das letzte mal gehört als sie zu Ricky's 12. Geburtstag, vor einem Monat, eine Karte schickte. Nach kurzem schweigen rief ich Dad also "Alles klar" zu, da ich ihn nicht noch mehr belasten wollte. Ich hört wie er mir noch ein "Danke" zu rief, die Schlüssel seines Wagen nahm und dann aus der Tür ging.

Nachdem ich aus der Dusche gekommen war trocknete ich mich ab und sah zum Spiegel, der ebenso wie meine Brille durch den heißen Dampf des Wassers ganz beschlagen war. Um nicht ständig mit Brille rumrennen zu müssen hatte ich mir vor ein paar Wochen Kontaktlinsen gekauft, die ich mir nun mit Mühe und viel Fingergefühl in die Augen drückte. Nachdem es kurz gebrannt hatte, gewöhnten sie sich an die Linsen und Ich zeichnete mit den Fingerspitzen einen Smiley an den Spiegel, Mom hatte das immer gehasst, schnappte mir meinen türkisen Bademantel und öffnete die Tür zum Flur. Mir kam schlagartig ein Schub kalter Luft entgegen geweht und Ich beeilte mich in mein Zimmer zu flitzen ohne auf dem Boden auszurutschen. Im Zimmer angekommen schloss ich die Tür und betrachtete eine Weile das Chaos was hier herrschte. Klamottenberge auf dem Boden, ein paar Zeitschriften am Rand meines Bettes, der Schreibtisch voller leerer Filmdosen und sonstigen Fotosachen die ich für mein Studium auf dem Art Institute of Los Angeles brauchen würde und die Wände voller Poster und Schnappschüsse. Ich schob einen Wäscheberg mit dem Fuß bei Seite um zu meinem Bett zu gelangen, schmiss mich hinauf, schnappte mir die neuste Ausgabe der inTouch und begann ein wenig darin rumzublättern. Nach zahlreichen Drogenskandälen und Teenie-Schwangerschaften war ich endlich an meinem wöchentlichem Horoskop angelangt. Ich überflog einmal die anderen Sternzeichen und las dann: "Fische - Ihre Energievorräte neigen sich dem Ende zu. Höchste Zeit, mal wieder ausgiebig zu chillen und dabei neue Kraft zu tanken! Freitag und Samstag wären dafür ideal, denn da macht der Mond Lust auf Wellness. Alternativ könnten Sie sich ein paar DVDs ausleihen und es sich vor dem Fernseher gemütlich machen. So oder so, Entspannung ist jetzt Trumpf." Ich lächelte, genau das konnte ich jetzt, so kurz vor dem Start des Colleges, gebrauchen: Ruhe und Entspannung. Während ich hörte wie Ricky unten mit der Playstation spielte lag ich die Zeitschrift weg und stand auf um mich anzuziehen. Es war jedoch noch zu früh um in Alltagskleidung zu schlüpfen also kramte ich unter dem Wäschehaufen meine Lieblings Jogginghose hervor und zog auch noch ein altes Tshirt an. Ich bürstete mir einmal durch die nassen Haare um sie vor späteren Knoten zu schützen und legte mich danach wieder aufs Bett, schnappte mir meinen Ipod und setzte mir Kopfhörer auf. Nachdem ich eine Weile durch die unzähligen Alben gescrollt war entschied ich mich für Mr. Brightside von The Killers, drehte die Lautstärke höher und schloss die Augen. Bis ich Ricky vom Training abholen musste waren es noch ein paar Stunden und ich stellte mir vor wie das nächste Schuljahr so ablaufen würde. Ein paar Minuten später war ich wieder eingeschlafen.

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