Kapitel 2 - Amber

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Es war eine überaus anstrengende Schicht, wenn man mit Nora zusammen arbeitete. Alles was sie tat war einem unangenehme Aufgaben zu geben, während sie versuchte alle Kunden zu bedienen um das meiste Trinkgeld zu bekommen. Ich kratzte die letzten Burgerreste vom Grill, polierte die letzten Gläser, wischte nochmal über den Boden, während sich Nora die Nägel feilte, aber das war mir egal, solange sie mir nicht auf die Nerven ging und irgendwelche bissigen Kommentare von sich gab. Vermutlich war sie einfach geknickt, dass ich einen Studienplatz ergattern konnte.

Ich zog an der Schleife meiner Schürze, hinten am Rücken, zog sie aus und hing sie an ihren rechtmäßigen Platz. Dann nahm ich mir noch ein Kaugummi aus dem großen, runden Glas, was auf der Theke stand. Nora hob eine Augenbraue und wollte mir zu verstehen geben, dass ich dafür bezahlen sollte, also kramte ich in meiner Hosentasche, legte 10 cent auf die Theke, zwinkerte ihr zu und sagte „Stimmt so.“ Pfeifend ging ich aus dem Laden und lies Nora hinter mir.

Ich lief die dunkle Straße entlang, die nur schwach durch das Schild von Sally’s Diner beleuchtet wurde. Es wurde ein wenig kühl, also warf ich mir meine Jeansjacke über und steckte die Hände in die Taschen. Mit meinem Lederrucksack locker über die Schulter geworfen lief ich in Richtung Bushaltestelle. Plötzlich hörte ich jedoch Schritte hinter mir und ich war mir sicher, dass es nicht Nora war. Die Schritte waren im selben Tempo wie ich, man wollte mich also nicht überholen. Ich lief für eine Weile langsamer und hörte, dass sich die Schritte auch verlangsamten. Also bog ich scharf um die Ecke und lief mit schnellem Schritt. Ich konnte genau hören, dass die Person versuchte mit mir Schritt zu halten. Ich fing an zu Joggen, die Schritte waren immer noch dicht hinter mir. Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter, konnte aber nur eine schemenhafte Figur im schwachen Licht der Straßenlaternen erkennen.

„Hey!“ sagte eine männliche Stimme.

Die blanke Panik packte mich und ich sprintete los. Mein Herz schlug so schnell wie noch nie in meinem Leben. Mein Atem war schnell und unregelmäßig, ich stolperte, das hielt mich aber nicht davon ab weiter zu rennen. Meine größte Angst war, dass ermich gefunden hatte. Er würde mich umbringen, so viel ist sicher. Dieser Gedanke ließ mich noch schneller sprinten. Ich war bei der Haltestelle angekommen und der Bus war gerade dabei abzufahren. Ich wedelte mit dem Arm und betete, dass er auf mich warten würde. Und tatsächlich, die Türen öffneten sich. Ich sprang in den Bus und die Türen schlossen sich. Ich krallte mich ein eine der Stangen und keuchte laut. Ein altes Pärchen saß im Bus, sie sahen mich besorgt an und flüsterten leise, außerdem saßen dort eine Mutter und ihr Kind. Die Frau hatte ihre Tochter dicht an sich gepresst und sah mich wütend an, dass ich ihr Kind verschreckte und es sich nun unter dem Arm ihrer Mutter versteckte. Und zuletzt saß hinten ein Teenager, mit dicken Kopfhörern auf, der mir keine Beachtung schenkte und zum Takt seiner Musik mit dem Kopf wippte.

Immer noch keuchend und schnaufend ließ ich mich auf einen Sitz fallen und wischte mir den Angstschweiß von der Stirn.

Ich hörte dann ein lautes Quietschen. Es kam von den Türen. Sie öffneten sich wieder. Mein Sitz war genau hinter der Tür. Jemand packte mich bei der Schulter und ich schrie laut auf und schlug um mich.

„Whoa, nicht ins Gesicht!“ rief die Stimme.

Ich drehte mich mit den Armen schützend vor meinem Gesicht um. Vor mir stand ein fremder, junger Mann der sich mit den Händen an seinen Oberschenkeln abstützte und schnaufte.

„Du...bist... ganz schön schnell.“ Sagte er und lächelte mich an.

„Was willst du von mir!“ schrie ich.

Er hob die Hände, um mich zu beruhigen, aber ich zitterte vor Wut. Was fiel ihm ein mir solch eine Angst zu machen.

„Du hast das hier fallen gelassen. Ich hab einen kurzen Blick reingeworfen und es scheint wichtig zu sein. Sind das Gedichte?“

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