Kapitel 2

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Traurig sitze ich im Wohnzimmer und schaufle mir einen Löffel Eis nach dem anderen in den Mund, während ich Titanic gucke und fast heule. Ja, auch ich habe einen weichen Kern. Ich bin eben auch nur ein Mädchen. Maddy, unsere Haushälterin, hatte vorhin Pfannkuchen für mich gemacht, die ich mir mit Nutella reingestopft habe. Jetzt ist sie irgendwo im Haus und geht mir aus dem Weg. Ich mag sie total gerne, aber wenn einer der Jungs Zuhause ist, dann geht sie mir halt aus dem Weg. Im Moment sind es Justin, Linus und Austin die Zuhause sind. Dale ist irgendwas erledigen, Basti quält irgendwen und Henry ist in seinem Büro im Hauptquartier. Ich liebe mein Leben, hasse es aber gleichzeitig abgrundtief. Die Haustür fliegt auf und ein lachender Basti und ein wütend dreinblickender Dale kommen rein. Sie kommen in die Stube zu mir und mustern mich. "Heulst du?", "Was dagegen?", fauche ich. "Ich glaube, dass sie ihre Tage hat.", fachsimpelt Dale. "Halt deine Fresse!", schnauze ich ihn an und bewerfe und in mit einem Sofakissen. "Ey, du Zicke!", beschwert er sich und wirft es zurück. "Wie hast du mich gerade genannt?", "Zicke!" Ich springe auf ihn drauf und will auf ihn einprügeln, werde aber von Henry aufgehalten, der dazwischen brüllt und mich mit Leichtigkeit von meinem am Boden liegenden Bruder hebt. "Seid ihr bescheuert?", "Er hat damit angefangen!", beschwere ich mich und atme schwer. "Ich? Du zickst doch hier rum wie eine Furie!", "Du!" Wieder will ich auf Dale losgehen, werde aber wieder von Henry gepackt, diesmal aber auch über seine Schulter geschmissen. "Komm runter, Victoria. Und du lass sie in Ruhe!" Dale murrt vor sich hin, während ich beleidigt die Arme vor der Brust verschränke und noch immer über der Schulter meines ältesten Bruders hänge. Dass ich mich mit meinen Brüdern raufe oder prügle ist fast Alltag. Sie bringen mich einfach manchmal zur Weißglut. Wenn man sechs große Brüder hat, dann lernt man eben sich durchzusetzen. "Wo gehst du mit mir hin?", murre ich, als Henry mich nach oben trägt. "In dein Zimmer. Wir beide gehen ins Kino." Ich quieke fröhlich und klatsche in die Hände. "Aber erst sagst du mir, wieso du geheult hast." Er setzt mich auf dem Boden ab und sieht mich abwartend an. "Bin verknallt.", murmle ich beschämt. Henry zieht die Augenbrauen zusammen. "Verknallt? In wen?", "In Gordon Mitchell. Er geht in meine Klasse. Ich habe ihn heute gefragt, ob er mit mir ausgeht aber er hat nein gesagt, weil Linus und Austin ihn so böse angeguckt haben." Henry seufzt und setzt sich auf mein Bett. "Weißt du, Vicky, ich weiß, dass du es mit uns nicht leicht hast und dass du dir ein normales, ungefährliches Leben wünschst aber das kann ich dir im Moment nicht geben und deswegen ist es besser, wenn du dich von uns beschützen lässt. Ich möchte nicht, dass auch du umgebracht wirst." Ich lehne mich an ihn. "Ich vermisse Mom und Dad.", "Ich weiß, Prinzessin, ich ja auch. Und wir alle sorgen uns nur um dich, verstehst du? Wir wollen nicht, dass dir etwas zustößt und dann kommen eben die Beschützerinstinkte bei uns hervor, wenn es darum geht, dass ein Junge etwas auf diese Weise mit dir zu tun hat." Ich nicke verständnisvoll. Ich weiß ja, dass sie es mit mir auch nicht leicht haben. "Und bei Tilmann gab es wirklich keine Zwischenfälle?", "Nee, ich glaube er hat es langsam geschnallt, dass es nichts nützt sich zu wehren." Henry nickt seufzend. "Ich will doch nicht ins Kino.", murmle ich und krabble ganz in mein Bett. "Sicher nicht?" Ich nicke und kuschel mich unter meine Decke. Aber ich fühle mich nicht richtig wohl und wälze mich hin und her. "Was ist los?", fragt mein Bruder mich und legt seine große Hand auf mein Bein. "Kann ich heute bei dir schlafen?" Er nickt belustigt. "Manchmal bist du tatsächlich noch so wie ein kleines Kind." Schmollend stehe ich auf und gehe zu meinem Ankleidezimmer. "Henry? Kann ich einen Pullover von dir haben?" Er gibt ein bejahendes Geräusch von sich. Schnell schlüpfe ich in eine saubere Leggings, da ich meine andere vorhin mit Eis bekleckert hatte. Eis. Oh mein Gott! Wie von der Tarantel gestochen renne ich nach unten ins Wohnzimmer, wo meine restlichen Brüder auf dem Sofa sitzen und die Füße auf dem Couchtisch liegen haben. Und Dale frisst mein Eis. "Du!" Ich koche vor Wut. Doch noch ehe ich auf ihn losgehen kann, packt Henry mich mal wieder und schmeißt mich erneut über seine Schulter. "Lass mich los! Der Wichser frisst mein Eis!", schreie ich Henry an und schlage ihm auf den Rücken. "Ruhe jetzt. Ich will keinen Ton mehr hören. Keine Ahnung, was momentan zwischen euch beiden los ist aber es geht langsam so richtig auf den Sack! Wenn ich noch einen Ton höre, werdet ihr beide im Keller schlafen! Habt ihr mich verstanden?" Ich lasse mich schlapp hängen. "Ja.", murmeln wir beide gleichzeitig. "Geht doch." Henry lässt mich wieder herunter und geht in die Küche. "Alles wegen dir, Arschloch.", fauche ich leise und schipse Dale gegen sein Ohr. Er zieht den Kopf ein und funkelt mich böse an, ehe ich mich zwischen Basti und Justin auf das Sofa setze und die Beine anziehe. "Was ist heute los mit dir? Du bist ziemlich leicht reizbar." Ich sehe Basti an, der mich fragend ansieht. "Da gibt es so einen Jungen.", flüstere ich. Sofort wird der Fernsehen auf stumm geschalten und alle sehen sie mich an. Ich seufze und lehne mich an Basti. "Erzähl mir von ihm.", bittet er mich. "Naja, er hat blonde Haare und so wunderschöne blaue Augen, die immer so leuchten und funkeln. Ich mag seine Stimme, er kann nämlich total schön singen. Er ist in meinem Alter, geht auch in meine Klasse. Und sein Name ist Gordon Mitchell." Basti lächelt. "Seid ihr Freunde?" Ich schüttle den Kopf. "Nein, sind wir nicht. Du weißt doch, dass ich keine Freunde habe." Er nickt leicht und sieht mich traurig an. "Und hast du ihn mal gefragt, ob ihr vielleicht zusammen etwas machen wollt?", "Ja, heute. Aber Linus und Austin haben ihn so böse angeguckt, dass er meinte, er hätte schon etwas vor. Die haben ihm voll Angst gemacht.", "Wenn er Angst hat, ist er ein Weichei!", sagt Linus sofort. Basti funkelt ihn böse an, woraufhin er sofort still ist. "Willst du nicht auch, dass Vicky glücklich ist? Mir tut es im Herzen weh sie so zu sehen, wie sie hier sitzt. Dir nicht?" Linus seufzt und lässt die Schultern hängen. "Sorry, Prinzessin." Ich winke ab. "Ist eh egal. Jetzt will er sicher nicht mehr mit mir ausgehen. Aber es soll ja ein neuer Schüler an die Schule kommen. Vielleicht ist der ja ganz nett.", zucke ich mit den Schultern und kuschle mich wieder an Basti. "Victoria? Komm, wir gehen jetzt schlafen.", ertönt Henrys Stimme. Ich drehe meinen Kopf und sehe ihn in der Tür stehen. "Okay.", murmle ich und stehe auf, um mit Henry in sein Zimmer zu gehen und dort bei ihm im Bett zu schlafen.

Dangerous LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt