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Kapitel 2 - Giftige Einigkeiten

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Etwas Nettes sollte ich schreiben.

Den Teufel würd ich tun!

Meine Eltern hatten ja wohl einen an der Klatsche!

Den ganzen Abend über hatte eine saure Stimmung geherrscht, nachdem ich meine Mutter mehrfach umzustimmen versucht hatte und auf taube Ohren gestoßen war. Sie und mein Vater hielten es anscheinend tatsächlich für eine gute Idee, mich auf diese Weise zur Raison zu bringen.

»Lukas und du, ihr habt doch noch nie versucht, miteinander auszukommen. Wenn ihr es wenigstens ausprobieren würdet, dann wärt ihr wahrscheinlich erstaunt, wie viele Gemeinsamkeiten ihr habt.«

Ja, genau. Ich und der Zocker! 

Das Einzige, was wir beide wirklich gemein hatten, war die Abneigung, die wir einander entgegenbrachten. In jedem anderen Bereich waren wir grundverschieden. Und mit jedem Tag, der verstrich, schien der Graben zwischen uns noch größer zu werden. 

Als Kind zum Beispiel war er sehr viel aufgeweckter, fröhlicher und nicht halb so zynisch gewesen wie jetzt. Aber schon damals konnte ich ihn nicht ausstehen. Weshalb sollte ich ihn also jetzt leiden können, wo er ein richtiges Ekelpaket geworden war? 

Zugegeben, manchmal genoss ich den Schlagabtausch am Fenster mehr, als ich mir eingestehen wollte. Es gab nicht viele Leute, die mir Paroli bieten konnten, und Lukas war mir in dieser Hinsicht mehr als ebenbürtig. 

Das bedeutete allerdings noch lange nicht, dass ich mich mit ihm persönlich auseinandersetzen wollte, und dazu würde es zweifelsohne kommen, wenn man uns eine Woche auf zwei Quadratmetern zusammenpferchte.

Ich schaute hinaus in die beginnende Dämmerung. Ich wusste nicht mehr, wann wir das letzte Mal ein echtes Gespräch miteinander geführt hatten. Nicht mit Papier und Stift, sondern von Angesicht zu Angesicht. Es musste Jahre her sein.

Lukas kam nie zu uns herüber, und ich hielt mich ebenfalls tunlichst fern, wenn meine Eltern zu Rhonda und Bert gingen, was sie mindestens einmal die Woche zu tun pflegten. Unsere Mütter tranken dann Tee und sprachen über die Arbeit, die lieben Kinder, vegane Rezepte und das Leck in der Dachrinne, während mein Vater sich zusammen mit Bert ein kaltes Bierchen genehmigte und mit ihm über seine neueste Angelrute redete. 

Gelegentlich gingen sie alle zusammen bowlen oder grillten im Garten. Aber soweit ich mich zurückerinnern konnte, hatten Lukas und ich es immer geschafft, uns aus dem Weg zu gehen. 

Entweder war ich zufällig bei meiner besten Freundin Dina zu Hause gewesen, oder Lukas hatte irgendeinen Wettkampf mit seiner Schwimmmannschaft gehabt. 

Ich verdrehte die Augen. Ich erinnerte mich nicht gerne daran, wie meine Mutter mich als Kind dazu bewegen wollte, ebenfalls schwimmen zu gehen. Im Gegensatz zu meinem idiotischen Nachbarn war ich eine absolute Landratte. 

Natürlich konnte ich schwimmen, und ich liebte es, am Strand zu plantschen, aber ich ging nicht zum Vergnügen in irgendein Hallenbad. Wieso auch? Man musste nur ständig diesen Leuten ausweichen, die ihre Bahnen zogen, als hinge ihr Leben davon ab. 

Schon in der Grundschule hatte ich nicht verstanden, warum ich so etwas Bescheuertes lernen sollte wie den »Delfin«, und anstatt mich graziös durchs Wasser zu bewegen, hatte ich die Hände zusammengeklatscht und Seehundlaute von mir gegeben. Das Delfingackern hatte ich halt noch nicht drauf, aber meine Mitschüler fanden es zum Kreischen komisch. 

Mein Schwimmlehrer hingegen murmelte etwas von Sargnägeln und einer Rente mit sechzig.

Aufgegeben hatte Herr Bernhardt aber erst, als ich in der fünften Klasse behauptete, Penny hätte ins Wasser gepinkelt. 

All die Worte zwischen unsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt