Kapitel 1

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Ethan

„Ich hasse Biologie", verkündete ich meinen Kumpels, als wir um die Ecke bogen und in den Naturwissenschaft-Trakt kamen.

„Das hast du uns diese Woche schon zweimal mitgeteilt", erwiderte Manuel, den ich seit Kindheitstagen kannte. Wir wohnten Haus an Haus und verbrachten so seit Jahren praktisch jede freie Minute miteinander.

„Ich weiß", seufzte ich und zwinkerte im Vorbeigehen einem blonden Mädchen zu, dass mich unverhohlen angestarrt hatte, welches leicht errötete und aufgeregt anfing mit einer Freundin zu tuscheln.

„Aber drei Stunden Bio die Woche sind echt hart. Wer hat sich dieses Fach ausgedacht?"

„Sieh es doch mal positiv, in einem knappen Jahr bist du es los", sagte John, ein anderer meiner Clique, der ebenfalls diesen Kurs hatte.

„Ja, zum Glück."

„Und es ist alle Male besser als Chemie oder Physik", warf Manuel ein.

„Da hast du recht", das war sein Hauptargument, wenn ich mich über mein einziges naturwissenschaftliche Fach beschwerte, was so ziemlich jeden Tag vorkam. Wenn ich zurück an die Mittelstufe dachte und an Fächer wie Chemie und Physik, bekam ich das Grauen. Nie wieder wollte ich irgendwelche Siedepunkte von irgendwelchen chemischen Elementen auswendig lernen, noch wollte ich die dazugehörigen Aggregatzustände kennen. Auch interessierte mich nicht wie ein Schaltkreis funktionierte oder wie schnell ein Lichtjahr war. Zwar liebte ich Mathe, neben Sport, über alles, doch mit Physik konnte ich deshalb noch lange nichts anfangen.

„Wir fangen heute doch mit dieser Projektarbeit an, oder? Vielleicht macht das halbwegs Spaß", John zuckte mit den Schultern, klang jedoch nicht gerade optimistisch.

„Ach, ja, das hatte ich vergessen. Hoffentlich können wir uns unsere Partner selbst aussuchen. Schließlich sind wir inzwischen alt genug, da kann man das doch erwarten."

Natürlich durften wir uns unsere Partner nicht aussuchen, auch, wenn wir in der Abschussklasse waren. Meine Mitschüler, mich mit eingeschlossen, stöhnten laut auf, als unsere Lehrerin uns verkündete, dass wir die Partner auslosten. Dafür hatte sie die Namen, von der Hälfte der Klasse, die am Fenster saß, auf Zettel geschrieben und wir, die an der Wand saßen, durften einen dieser Papierfetzen ziehen. Dummerweise hieß das, dass ich noch nicht einmal die Chance hatte, mit einem meiner Kumpels zusammenarbeiten zu dürfen, da sie zu meinen beiden Seiten neben mir saßen. Jetzt konnte ich nur noch hoffen, dass ich eines der Mädchen abbekommen würde, die mich die ganze Zeit über anstarrten. Dann würde die Arbeitszeit nämlich sicherlich ziemlich angenehm werden. Aber heute schien sich das Schicksal gegen mich verschworen zu haben.

„Wer zur Hölle ist Liliane?", knurrte ich und richtete die Frage an meinen besten Freund, der mit den Achseln zuckte. Normalerweise kannte ich halbwegs die Namen von meinen Mitschülern, insbesondere von den Mädchen, doch diesen hatte ich noch nie gehört, was nichts Gutes heißen konnte.

„Haben wir eine Liliane in diesem Kurs?", fragte ich John, nachdem auch Manuel sie nicht zu kennen schien.

„Liliane? Was ist das für ein Scheiß Name?", erwiderte er, woraufhin ich anfangen musste zu grinsen.

„Keine Ahnung. Also kennst du sie nicht?"

„Nee, sorry. Wird eine von den Unscheinbaren sein."

„Ja, das war mir klar", seufzte ich und zerknüllte den Zettel in meiner Hand. Heute hatte ich echt kein Glück und ich hatte null Bock diese Projektarbeit, die nebenbei einen Monat dauerte, mit irgendeinem Freak zu verbringen.

„Also, da ihr ja jetzt alle die Namen eures Partners kennt, sucht bitte zusammen, bevor ich euch das Thema des Projekts erklären werde", befahl unsere Biologielehrerin, woraufhin sich die Meisten sofort erhoben. Ich stieß stattdessen meine Faust in die Luft und wartete gelangweilt darauf, dass sie mich aufrief.

Be Honest #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt