Kapitel 7

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Ethan

»Willst du etwa essen oder trinken?«

Wir hatten gerade die Wohnung betreten, in der sie lebte und ich sah mich interessiert um. Der Flur, indem wir gerade unsere Schuhe auszogen, war ziemlich klein und es gab nur wenige Möbelstücke oder Dekoration. Auch die Küche, die wir kurz darauf betraten, war winzig. Die ganze Wohnung musste ungefähr so groß sein wie unser Wohnzimmer und unsere Eingangshalle. Plötzlich stieg ein leichtes Schamgefühl in mir hoch. Wir hatten alles, was wir uns wünschen konnte und noch viel mehr, während sie in diesem Schuhkarton hauste.

»Was habt ihr da?«, das Essen in der Kantine hatte mal wieder ziemlich ekelhaft geschmeckt, weswegen ich ordentlichen Hunger hatte, doch ich wollte ihnen nichts wegessen, wenn sie generell nur sehr wenig Geld zum Einkaufen hatten.

»Als Getränk könnte ich dir nur Wasser, Kaffee oder Tee anbieten. Beim Essen gibt es etwas mehr Auswahl, da ich erst gestern einkaufen war. Ich könnte zum Beispiel Reis mit Gemüse oder Kartoffeln mit Salat machen. Oder ich kann auch Waffeln machen oder Pfannkuchen, was du lieber magst.«

»Du musst nicht extra kochen.«

Ihr Angebot war rührend, doch ich fühlte mich schon unbehaglich genug, auch nur eine Scheibe Brot anzunehmen.

»Ich wollte heute Abend so oder so kochen. Es macht also keinen Unterschied ob ich vorkoche oder erst in ein paar Stunden. Außerdem hat dein Magen auf dem Weg hierher mindestens dreimal geknurrt. Du hast Hunger und ich ehrlich gesagt auch.«

»Das hast du gehört?«

Eigentlich hatte ich gehofft, dass nur ich dieses grummelnde Geräusch vernommen hatte.

»Ja, aber soll ich dir was verraten? Meiner knurrt auch die ganze Zeit. Theoretisch könnte ich wahrscheinlich vierundzwanzig Stunden am Tag essen.«

»Das kann ich mir bei einer zierlichen Gestalt, wie du sie hast, gar nicht vorstellen.«

Zwar verschleierten ihre weiten Klamotten ihre genaue Körperform, doch ich hatte genug von ihrem Schlüsselbeinknochen und ihren Handgelenken gesehen, um zu erkennen, dass sie ziemlich dünn sein musste. Auch als ich sie umarmt hatte, hatte ich ihr geringe Körpermasse gespürt.

»Was?«, sie schien erstaunt zu sein.

»Süße, du magst vielleicht sackähnliche Kleidung tragen, trotzdem bleibt einem nicht verschleiert, wie schlank du bist. Mit den Klamotten versteckst du nur die sexy Kurven, die du mit Sicherheit ebenfalls besitzt.«

Während ich mich ihr näherte, wurde ihre Wangen immer röter.

»Flirtest du etwa mit mir, Ethan Summers?«, sie zog eine ihrer Augenbrauen zog.

»Vielleicht, wer weiß?«

Als ich direkt vor ihr stand, streckte ich langsam meine Hand aus und strich ihr behutsam über die Wange. Ich wusste selbst nicht, wieso ich das tat, doch ich mochte das Gefühl ihre Haut unter meinen Fingern zu spüren. Sie schaute mich überrascht an, auf ihren Lippen breitete sich ein winziges Lächeln aus.

»Ich finde Reis und Gemüse hört sich ganz gut an. Was hältst du davon, wenn du den Reis kochst und ich mich um das Gemüseschneiden kümmere?«

»Du musst mir nicht helfen, wenn du nicht willst.«

»Würde ich dir nicht helfen wollen, dann würde ich es nicht vorschlagen.«

»Okay, das ergibt Sinn.«

Eigentlich hätten wir uns jetzt bewegen sollen, um unsere jeweiligen Aufgaben zu machen, doch stattdessen blieben wir regungslos verharren und starrten uns an.

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