Kapitel 5

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Kennengelernt habe ich ihn genau vor zwei Wochen, auf dem Weg zum See.
Er gefiel mir von Anfang an. Davon erzähle ich sehr gerne, denn es ist eine schöne Geschichte, aber wann anders, denn jetzt habe ich nicht so viel Zeit. Aber eines ist merkwürdig, seit diesem Zeitpunkt fühle ich mich irgendwie immer beobachtet. Ich habe ein mulmiges Gefühl und weiß noch nicht mal warum.

Der restliche Abend war eher ereignislos verlaufen. Oma und ich hatten schweigend unsere Lasagne in uns hinein geschaufelt und danach irgendeinen alte Leute Schinken im Fernsehen angesehen. Die Stimmung war nach dem kleinen Vorfall eher gedrückt gewesen. Ich war froh, als ich mich danach endlich nach oben verdrücken konnte. Und nun lag ich hier, auf dem Bett und starrte schon seit einer halben Ewigkeit die Decke an. In meinem Kopf hatte sich nämlich eine Frage festgesetzt, die mich nicht mehr los ließ: Warum hatten wir Oma in den vergangenen 17 Jahren nicht einmal besucht? Sie wohnte ja schließlich nicht gerade seit gestern hier. Und auch, wenn es sehr farbenfroh und wahrscheinlich ein wenig chaotisch zuging, war dies doch noch lange kein Grund jemanden nicht zu besuchen. Außerdem fand ich, nun wo ich darüber nachdachte, es doch ein bisschen seltsam, wie sehr sich mein Vater dagegen gesträubt hatte, dass ich hier wieder her kam. Und dabei war Luise schließlich seine Mutter! Ob er seiner eigenen Mutter nicht vertraute?

Als ich am nächsten Morgen nach unten in die Küche trat, war von der finstern Stimmung des Vorabends nichts mehr zu merken. Oma stand in der Küche, werkelte gemütlich an irgendetwas herum und pfiff leise vor sich hin. Ich musste schmunzeln und trat ein. "Guten Morgen" sagte ich, vom Umschwung der Stimmung ebenfalls gut gelaunt. "Guten Morgen", kam es von Oma munter zurück. Sie drehte sich zu mir um. "Was für ein herrlicher Tag" meinte sie strahlend und wies aus dem Fenster. Aus dem mir schon bestätigend die Sonne entgegen schien. Ich musste schon fast wieder die Augen zusammenkneifen, so grell blendete mich diese. "Und schon Pläne für heute?" Oma sah mich fragend an.

Machte sie Witze, ich war noch nie hier gewesen, geschweige denn kannte jemanden oder hatte eine Ahnung, was man hier machen konnte. So zuckte ich einfach mit den Schultern. "Kindchen, Kindchen. Wo ist deine Spontanität geblieben?", erwiderte Oma tadelnd. "Gut, dass die alte Luise das Planen, so voraussichtlich wie sie immer ist für dich übernommen hat." sagte sie und zwinkerte mir bei diesen Worten verschmitzt zu.
Als wir dann schließlich beim Frühstück saßen begann Oma mir von ihren Plänen zu berichten: „So Mia, du bist sicher nicht daran interessiert, mit einer alten Dame, wie mir, den ganzen Tag zu verbringen." Ich wollte schon nicken, ließ es dann jedoch bleiben, ich wollte ja nicht unhöflich sein.
Oma jedoch wartete gar nicht erst auf meine Antwort, sie redete einfach weiter. „Deswegen wirst du jetzt deine Badesachen packen und ich erkläre dir den Weg zum nächsten See. Einverstanden?" Ich nickte. Schaute Oma an, sie war so fröhlich wie eh und jeh, ich musste mir das gestern wirklich nur eingebildet haben.

Oma hatte mir den Weg zwar erklärt, jedoch auf ihre Art und Weise, was den Effekt hatte, dass ich rein gar nichts verstanden hatte. Am Ende war ich zu entnervt gewesen, dass ich behauptet hatte ich hätte es jetzt schließlich doch verstanden.

So machte ich mich mit meinen Badesachen auf den Weg, ohne jegliche Ahnung, wo der See liegen könnte. Das Einzige was ich wusste war, dass es einen See gab.
Doch ich nahm mir vor optimistisch zu bleiben. Ich würde das schon finden. Gab ja schließlich nur vier Himmelsrichtungen. Was sollte da schon schief gehen?! Vielleicht hatte ich ja Glück.

Die Straße an der ich entlang fuhr war klein und das Wort „Straße" war schon fast etwas übertrieben, es erinnerte mich eher an einen Feldweg.

Ich hielt an, atmete tief durch und schaute mich um. Um mich herum war nichts. Es gab nur Wiesen und Felder. Nicht einmal Autos oder andere Gegenstände, die mich wenigstens halbwegs an eine bewohnte Gegend erinnern würden, konnte ich entdecken.
Ich seufzte, wie sollte ich es hier nur aushalten?! „Verdammtes scheiß Kaff", schrie ich die leere Landschaft an. Da hörte ich hinter mir eine Stimme. „Darf ich mitschreien?", ruckartig drehte ich mich um.
Ohne das ich etwas ändern konnte merkte ich, wie mir die
Röte ins Gesicht schoss. Hinter mir auf einem Mountainbike saß ein Junge, der mich von diesem aus schelmisch angrinste.
Es war jedoch nicht einfach irgendein Junge. Er war sicherlich einer der gutaussehensten Typen, mit denen ich jeh ein Wort gewechselt hatte!
Super Mia, und ich hatte mich natürlich schon in der ersten Sekunde blamiert. „Hi" murmelte ich und wäre vor Scharm am Liebsten im Erdboden verschwunden. „Hi" meinte nun auch er.
„Ich bin Noah und mit wem habe ich die Ehre?",fragte er frech grinsend. Lässig saß er da. Er trug ein graues eng anliegendes T-Shirt, unter dem ich, wenn ich es genau betrachtete einen gut trainierten Körper erahnen konnte.

„Hallo?" er winkte mit seiner Hand vor meinem Gesicht „Wie heißt du?", fragte er erneut und schaffte es schon zum zweiten Mal innerhalb kürzerster Zeit, mich aus der Fassung zu bringen. „Mia" stotterte ich daher schnell und streckte ihm meine Hand entgegen.
Er schlug ein, und als sich unsere Hände berührten, hatte ich das Gefühl, dass fast ein Knsitern durch die Luft ging. Noch immer musterten mich seine funkelnden grünen Augen und das erste Mal war ich froh, dass ich den Sommer hier verbringen würde. :)

Ein unvergesslicher SommerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt