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Ich klopfte an und sofort wurde die Flügeltür geöffnet. Kate nickte mir zu und verschwand, um mich mit Dr. Hanson alleine zu lassen.

Dr. Hanson stand an einem der Fenster, die vom Fußboden bis zur Decke ragten. Sein Büro erinnerte an eine größere, altmodischerer Version seines Büros in seiner Praxis.
"Guten Abend, Sir."
"Guten Abend, Emily." er drehte sich zu mir um und lächelte mich an. "Setz dich bitte. Es wird eine Weile dauern. Möchtest du etwas trinken?"
"Ja, Wasser, danke" Dr. Hansom tippte etwas auf ein TouchPad, welches in seinen großen, schweren Holztisch eingelassen war und kuze Zeit später kam aus einem neben Zimmer Kate mit einem Glas und einer Flasche Wasser. Sie schenkte mir etwas ein und ging dann wieder.
"Ich denke es ist am besten, wenn ich dir zu erst alles von meiner Seite her erkläre und du mir dann deine übrig geblieben Fragen stellst, in Ordnung?"
Ich nickte stumm.
"Gut. Zuerst sollte ich dir erklären, was du genau bist" er holte tief Luft "Eigentlich bist du immer noch du, allerdings habe ich dir einen Virus injeziert, welcher dein Erbgut, deine DNA, mutiert hat. So gesehen bist du also ein Mutant, aber die anderen Mutanten bezeichnen sich nicht als solche, sonder als Virus." ich hatte jetzt schon gut eine Milliarde Fragen, aber ich verkniff sie mir, weil ich wollte, dass Dr. Hanson weiter sprach.
"Du hast sicher schon ein Paar deiner neuen Fähigkeiten bemerkt. Deine Sinne sind nun alle übermenschlich, du siehst Dinge gestochen scharf, obwohl sie sich in einem Kilometer entfernung befinden, hörst ein Auto fünf Blocks weiter hupen, kannst aus einer Suppe heraus riechen, welche Gewürze verwendet worden sind, das gleich gilt übrigens auch fürs schmecken und du fühlst die kleinste Berrührung intensiever als je zuvor." Bei seinen letzten Worten berühte er mich so leicht mit dem Stift, dass man den Kontakt zwischen der Plastikkappe und meiner Haut fast nicht sehen konnte, doch ich spürte jedes Atom, wie es sich an die Zellen meiner Haut drückt. Ich schluckte und Dr. Hanson zog den Stift wieder zurück.
"Außerdem kannst du dich jetzt schneller bewegen, bist stärker und hast exzellente Reflexe."
Deshalb hatte Daemon so schnell um das Auto herum laufen können.
"Allerdings gibt es auch unter uns Leute, die zum Beispiel schneller sind als alle anderen, dafür aber nicht allzu gut sehen. Andere hören wie eine Stecknadel in einem anderen Haus zu Boden fällt, sind dafür aber vergleichsweise ziemlich schwach. Deshalb werden wir morgen, wenn du ausgeschlafen bist einige Tests durch führen um zu sehen, wo deine Stärken und Schwächen liegen, um dich dann trainieren zu können. Kannst du mir soweit folgen?" Ich nickte.
"Gut. Viele die hier hergekommen sind haben anfangs geglaubt, sie seien unsterblich. Dem ist nicht so. Deine einzelnen Zellen regenerieren sich schneller als gewöhlich, weshalb eine Platzwunde nach einigen Stunden verschwunden sein drürfte und ein gebrochenes Bein nach ca. ein bis zwei Tagen, je nach Bruch. Das du verblutest ist also so gut wie unmöglich." er machte eine Pause, vermutlich um mich über all das Neue erst einmal nachdenken zu lassen. Ich nahm einen Schluck von dem kühlen Wasser. Dann atmete ich einmal tief durch und sah ihm wieder fest in die Augen.
"Nun zu dem etwas unschöneren Teil. Erinnerst du dich an vorhin im Mutations Labor?" Mutations Labor?! Mich durchfuhr ein kleines Schaudern und ich glaubte auf Dr. Hansons Gesicht kurz ein amüsiertes Lächeln zu sehen, bevor er mit ernster Stimme weiterredete.
"Du bist aus deiner Mutation aufgewacht und warst in einer Art - nennen wir es vereinehmenden - Zustand. Es hat sich so angefühlt, als ob du keine Kontrolle über dein Handeln hättest und deine Arme und Beine haben sich von alleine bewegt. Du hast keinerlei Emotionen gefühlt. Keine Angst. Keine Wut. Keine Neugier. Keine Freude. Das liegt daran, dass Emotionen im limbischen System deines Gehirns entstehen, auf das der Virus zugreift und es lähmt. Es hat den Vorteil, dass du zum Beispiel wenn du durch den Wald läufst und einem Bären begegnest keine Angst bekommst und unüberlegt handelst, sondern komplett ruhig bleibst und logisch handelst. Der Nachteil ist, dass es auch sein kann, dass der Virus so handelt, dass nur du unbeschadet aus der Situation herauskommst. Theoretisch könnte er auch dafür sorgen, dass du jemanden opferst um dich selbst in Sicherheit zu bringen."
"Das würde ich niemals tun!" unterbrach ich ihn und versuchte mir vorzustellen, wie ich meinen Bruder opfern würde, nur um mich zu retten. Ausgeschlossen. Auch wenn mein Bruder mich manchmal mit seinem Starrsinn zur Weißglut treiben konnte, liebte ich ihn!
"Ich weiß, was du jetzt denkst, dass du eine gelibte Person niemals einfach so opfern könntest, aber du vergisst, dass Liebe eine Emotion ist. Wenn es also für dich überlebensnotwendig wäre, würde der Virus diese Person ohen zu zörgern töten um dich am Leben zu erhalten, weil er in die Lebt."
"So wie sie über ihn reden klingt es, als würde der Virus, den sie mir injeziert haben denken können?"
"Nein, er kann nicht denken, aber er lebt, also nimmt er dir dein Gehirn zum denken und deinen Körper zum Bewegen um sein Leben auszunutzen. Allerdings kann er das erst tun, wenn du ihm quasi einlass gewärst. Er kann nicht einfach auf dich zugreifen, sondern du musst es ihm erlauben. Das größere Problem ist allerdings ihn wieder dazu zu zwingen sich zurück zu ziehen und dir die Kontrolle über deinen Körper wiederzugeben. Aber das wirst du alles bei uns lernen, also mach dir darum keine Sorgen" Das war leichter gesagt als getan. Er hatte mir gerade erklärt, dass er mir etwas eingepflanzt hatte, was mit meinem Körper machen konnte, was es wollte.
"Warum sollte ich dem Virus dann überhaupt erlauben auf mich zu zugreifen?" fragte ich sekeptisch.
"Das ist eine gute Frage. Der Virus hat dir die Fähigkeiten gebracht, also musst du ihn in deinen Kopf und deinen Körper lassen, um sie nutzen zu können. Das gleiche gilt für das heilen von Verletzungen. Der Virus braucht dich, aber du brauchst auch den Virus. Ihr seid wie Yin und Yang." Wieder machte Dr. Hanson eine Pause und ich trank wieder einen großen Schluck. Mit dem Wasser schluckte ich auch alles herunter, was er mir bis jetzt gesagt hatte, damit sich irgendein anderer Teil nun darum kümmern konnte und es verarbeiten konnte.
"Du hast dich in drei Schritten verwandelt. Zuerst hat der Virus dafür gesorgt, dass deine Sinne stärker geworden sind, deshalb der Schmerz im Kopf. Dann hat er deinen Körper mutieren lasseen, deshalb die Schnerzen im Rücken und in den Beinen. Und zu letzt ist er so zu sagen eingezogen. Das alles ist in drei Tagen passiert - "
"Moment. In drei? Ich erinnere mich nur an zwei Tage..."
"Du warst den dritten Tag über ja auch fast vollständig bewusstlos. Aber das ist normal, das ist bei jedem so"
"Oh..." gab ich wenig einfallsreich von mir.
"Drei Schritte. Drei Tage. Ich glaube von meiner Seite aus war es das so weit. Trotdem bin ich mir ziemlich sicher, dass du noch eine Menge Fragen hast"
"Wo sind wir hier?" Es war das erste, was mir einfiel. Ich musste immer noch mit all dem klar kommen. Dr. Hanson lächelte und sagte dann "Wir sind im Great Garden Manor. Es war vor der Zeit des Bürgerkriegs Eigentum der Stadt und wurde als Museum genutzt. Bei der Revolution würde es als unnötig eingestuft und durch die Stadtmauer ausgeschlossen. Selbst von den Grenzen der alten Stadt liegt es entfernt, also war es der ideale Ort um sich niederzulassen. Es war groß genug um alle Schüler auszubilden und entfernt genug um nicht entdeckt zu werden"
"Aber wie kommen sie dann zurück in die Stadt?"
"Durch einen selbstgeschaffenen Tunnel von dem die Regierung nichts weiß"
Ich schwieg wieder eine Weile.
"Was hat meine Grandma mit dieser ganzen Sache zu tun?"
"Morgen kommt sie her und sie hat mich gebeten, es dir noch nicht zu sagen, da sie selbst mit dir sprechen wollte" Ich nickte.
"Sie haben eben davon gesprochen, die Schüler unterzubringen? Werde ich hier wohnen? Wie in einem Internat?"
"Ja, so ungefähr."
"Was ist mit meinem Bruder? Was. Wenn ich wieder nach Hause will?"
"Du wirst deinen Bruder sehen können, da er als Spion für uns arbeitet, allerdings wirst du ihn nicht so oft sehen können, da es auffällig und gefährlich wäre"
Das war der Moment in dem mir der Kragen platzte. Ich hatte mir das hier alles in Ruhe angehört, hatte ihn ausreden und alles erklären lassen und jetzt sagte er mir, dass ich meine Familie nicht mehr so oft sehen könnte, weil es seine Organisation gefährdete?!
"Das meinen sie nicht ernst! Sie verwandeln mich in ein... Ein... Was auch immer und erklären mir dann das ich in diesem... Zustand komplett gefühllos bin und meine Familie opfern würde, gegen meinen Willen, um mein Leben zu retten! Und zudem kommt dann noch hinzu, dass ich wegen ihrer Organisation meinen Bruder nicht mehr sehen darf! Meine Eltern sind tot! Mein Bruder hat mich aufgezogen und war immer für mich da! Sie können nicht erwarten, dass ich ihn jetzt alleine lasse!"
Ich sprang auf und stürmte wutentbrannt Richtung Tür.
"Emily-"
Dr. Hanson war mir gefolgt und griff nach meinem Handgelenk. Er sah mich flehend aus seinen warmen braunen Augen an, doch ich war zu wütend. Ich hatte Dr. Hanson wirklich mögen wollen, aber er machte es mir nich gerade leicht.
"Lassen Sie mich los" ich sagte diese Worte leise, aber meine Stimme war so kalt und gefühllos, wie vorhin, als ich von diesem Etwas ergriffen war. Dr. Hanson lockerte seinen Griff und ich entzog ihm meine Hand und ging. Ich lief so schnell durch die Flure, bis ich irgendwann irgendwo stehen blieb, an der Wand herunter rutschte und und meinen Kopf in den Nacken legte. Ich hatte keine Ahnung was ich jetzt machen sollte. Ich griff in die Meine Hosentasche und zog das Bild von unserer damals noch heilen, glücklichen Familie heraus. Ich sah mir das Lächeln meiner Eltern und meines Bruders an und tat das, was ich die ganze Zeit verdrängt hatte, weil ich wusste, dass es eh nichts ändern würde. Aber das war mir jetzt egal.
Ich saß in irgendeinem riesigen Schloss, in dem ich mich wahrscheinlich verlaufen hatte und heulte mir die Seele aus dem Leib.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 02, 2016 ⏰

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