Wir rannten weiter. Immer tiefer in den Wald hinein. Meine Beine fingen an zu schmerzen und ich riss mich von Liam. "Jungs... Stop!" Beide wurden langsamer und blieben schließlich stehen. Sie sahen zu mir. Ich lehnte mich schwer atmend an einem Baum und hielt mich an der Seite. "Wieso rennen wir weg?", brachte ich nach einer kurzen Pause hervor. "Wir sind unschuldig. Sie können uns bestimmt verstehen, wenn wir es mit der Polizei klären und..." Ich stoppte ab als ich Malcom's Blick sah. Er schüttelte den Kopf. "Wir haben die Tatwaffen angefasst."
"Das bedeutet aber noch nichts", meinte ich. Ich war mir sicher, dass wir eine Lösung finden könnten. "Amelia", sagte Liam in einer ungewohnten ruhigen Stimme, "niemand hatte bemerkt, wie sie einfach abverreckt sind. Der Täter muss also ein Spezialist sein und hat sicherlich dafür gesorgt, dass er keine Spuren hinterlassen hat."
Ich schnaubte. "Wenn es ein Profi war, wieso lässt er die Waffen dort?"
Malcom runzelte die Stirn. "Das ist eine verdammt gute Frage."
Liam setzte sich auf den Boden und fuhr mit der Hand durch seine verschwitzten Haare. "Dann ist der Täter noch dort und vielleicht wird er noch mehr töten."
"Wer will er den noch töten? Romina? Ich denke wir sind alle der gleichen Meinung, dass die Zwillinge den Tod verdient haben." Den Tod verdienen? Nicht mal ich wünschte den Tod meinen Erzfeinden, obwohl mein einziger Feind war nun tot. Wir machten eine kurze Verschnaufspause. Es wurde sehr kalt, besonders weil wir verschwitzt weiter liefen. Liam lief voran, Malcom hinter ihn und ich zu hinterst. Liam lief als, wüsste er wohin es ging.Es fühlte sich an als wäre es Stunden. Was es wahrscheinlich auch waren. Ab und zu schaute ich hinter mir auf den Boden, ob wir Spuren hinterließen, aber der Boden war hart und immer wieder fielen Blätter von den Bäumen runter. Das war kein laufen mehr, sondern wandern. Es gibt einen großen Unterschied zwischen laufen und wandern. Laufen, tut man auf geraden Ebenen und wandern , macht man auf Bergen. Die Definition auf ist minimal übertrieben aber wir liefen wirklich auf einen Wanderweg, der zur Spitze eines Berges führte. Eigentlich mochte ich es, dass die Altstadt umgeben von Wälder und Bergen ist. Fast wie ein Tal. Dies ist auch der Grund, dass der Tourismus sich sehr angezogen fühlte zu dieser Landschaft. Sie halten sich aber nicht oft in diesen Bereich des Waldes oder Bergabschnitt auf. Dies viel mir sofort auf, wegen den heruntergekommenden Wanderwegen. Die Förster nehmen ihren Job zwar sehr ernst, aber die selten benutzten Wege werden nicht so gepflegt und neu gemacht, wie die neuen. "Liam? Wohin gehen wir?" Es war so eiskalt, sodass mein Atmen zu Dampf wurde. Wer wäre auch so blöd im Herbst ohne richtige Ausrüstung zu wandern. Liam drehte sich zu mir. "Hier oben hat es eine Hütte. Sie gehörte meinen Großvater, dort werden wir Zuflucht finden."
"Wird den niemand auf die Idee kommen, dass wir dort sein werden?", fragte Malcom und sah sich prüfend um sich.
Liam schüttelte nur den Kopf. "Ausser meiner Familie kennt niemand diesen Ort und ich denke, sie wissen, dass ich unschuldig bin. Sie werden schweigen.
"Bist du dir da ganz sicher?", fragte Malcom kritisch nach.
"Hast du kein Vertrauen in deiner Familie?"
Malcom sah ihn nur unsicher an, schwieg aber. Liam drehte sich halb um, sah aber zuerst zu mir. "Geht es bei dir?" Das war eine so blöde Frage. Ich war so müde. Ich wollte mich einfach nur hinlegen und schlafen. Wegen der Kälte spürte ich meine Füsse nicht mehr. Mit Mühe konnte ich noch die Tränen unterdrücken, die mir wegen der schmerzhaften Kälte aufstiegen. Kälte war schon immer ein großes Problem für mich. Ich war eher eine zierliche Person und fror die meiste Zeit. Kurz hielt ich mit Liam Augenkontakt. Liam beschwerte sich nicht einmal. Er war verschwitzt und zitterte leicht. Er wird sich noch erkälten, wenn wir nicht bald uns aufwärmen könnten. Malcom war unnormal ruhig. Ich durfte mich nicht beschweren. Höchstwahrscheinlich suchte die ganze Stadt nach uns. Das alles ist meine Schuld. Hätte ich doch als erstes die Polizei angerufen und bloß nichts angefasst. Ich schluckte und nickte. "Alles gut. Gehen wir weiter." Liam nickte, drehte sich ganz um und ging weiter. Wir folgten ihn. Noch nie in meinem Leben betete ich so oft zu Gott. Noch nie hatte ich so panische Angst. Hätte ich doch meiner Familie gesagt, dass ich sie liebe. Sie werden enttäuscht sein über mich und mein Handeln. Schnell wischte ich eine Träne weg. Wieso ließ man die Waffe dort? Es war ein zu auffälliger Mord. Mich ließ dieser Gedanke einfach nicht los.Man sah schon, dass es Tag wurde. Immer heller wurde der Himmel. Wir liefen sicherlich langsamer als am Anfang, doch plötzlich meinte Liam einen richtigen Spurt zu machen. Er rannte wirklich den Weg rauf. Malcom rannte ihm hinterher und ich stand einfach zitternd neben einem kleinen Bach. "Was macht ihr?", rief ich ihnen nach und zwang mich weiter zu laufen. "Wir sind da!", rief Liam runter und verschwand hinter den Bäumen. Malcom beeilte sich weiterhin und folgte ihm. Die Hütte war dort oben? Schritt für Schritt wurde ich schneller. Das heißt...dort gab es Wärme. Vielleicht sogar was essbares. Durch meine positiven Gedanken angespornt, lief ich schneller. Als ich dort ankam, wo Liam vorher stand, fiel mir nichts auf. Ich versuchte durch mehrmales blinzeln zu erkennen, wo die Hütte war. Tatsächlich... bei genauem hinschauen, sah man die Hütte. Sie war von Bäumen umgeben, die sich sogar an die Hütte anwuchsen. Die Hütte war ja nahezu unsichtbar. Ich lief auf die Hütte zu und trat ein. Sofort umhüllte mich ein Duft von Moos und feuchten Holz. Liam stand vor dem Kamin und zauberte ein Feuer herbei. Malcom stand in der Küche und hatte eine Dose in der Hand. "Hey Liam. Die Dosenravioli sind noch nicht abgelaufen und es scheint so, als hätte noch kein Tier daran rumgenagt. Soll ich es kochen?"
"Mein Gott Malcom. Diese Frage hast du jetzt nicht gestellt. Jetzt koch! Wir haben hier Strom und laufendes Wasser."
"Denkst du der Verwaltung wird nicht auffallen, wenn plötzlich hier Strom und Wasser gebraucht wird?" Ich schloss die Tür und lief zum Feuer um mich aufzuwärmen.
"Das Wasser und der Strom wird von der anderen Stadt abgezogen und registriert."
"Du meine Güte, Liam. Das klingt so als hättest du den Mord und die Flucht geplant" Ich lachte leicht. Aber was wäre, wenn er wirklich... Nein. Liam doch nicht, obwohl... Travis hatte ihn mal in einem wichtigen Fußballspiel bloßgestellt. Soweit ich wusste, war dort ein Jugendscout um sich das Neutalent Liam anzusehen. Travis war eifersüchtig, vermasselte das Spiel und zerstörte dabei die Chance von Liam. Liam schwieg und sah ins Feuer. Ich setzte mich näher an den Kamin und hielt meine Hände ans Feuer. Jeder von uns schwieg. Malcom kochte die Dosenravioli. Liam und ich hörten dem Knistern des Feuers zu. Mich beunruhigte diese Stille. Ich starrte ins Feuer und genoss die Wärme des Feuer. "Was ist wenn der Täter uns den Mord anhängen will?" Die Jungs sahen zu mir. "Es wäre logisch. Wir werden beschuldigt und die Sache wäre aufgeklärt. Der Mörder liefe dann mit gutem Gewissen weiter." Ich sah von einem zu anderen an. "Ausser einer von euch ist der Mörder", sprach ich meine Gedanken unabsichtlich laut aus.
Liam blickte wütend zu mir. "Einer von uns?! Du hättest als einzige einen Grund sie zu töten!"
Ich sprang auf. "ICH? Du weißt ganz genau, dass ich sowas nie tun würde! Und ich denke du hättest eher einen Grund, wegen dem Jugendscout."
Sein Blick verhärtete sich und es sah mir eiskalt in die Augen. "Sag das nur einmal.." Er hob drohend die Hand hoch. Er wird mich doch nicht schlagen... oder? Ich machte einen Schritt zurück. Liam wollte mir näher kommen aber Malcom hielt ihn am Arm fest. "Reisst euch zusammen. Ich weiß, wir haben alle Angst was jetzt passieren wird, weil dies jetzt unser Leben verändert. Niemand wird geschlagen oder was vorgeworfen. Das letzte was wir jetzt brauchen, ist das wir uns gegenseitig beschuldigen und das Vertrauen verlieren." Doch Malcom wusste, wie wir.Einer von uns konnte der Mörder sein. Das Vertrauen war weg.
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Ungerecht
AdventureAmelia's Leben scheint so wie immer. Nerviger bester Freund, High School Drama und blinde Liebe. Doch eines Nachts steht ihr Leben auf den Kopf. Ihr bester Freund und sie sind plötzlich vor der Flucht von der Polizei. Und was hat ihr Schwarm Malcolm...