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Es ist klein, weis - grau aber Kyle sagt es ist stabil. Ein mit Luft gefülltes Ruderboot.

Kalt ist dieses Nacht. Sehr kalt.
Rot ist die Laterne, die auf der Front des Bootes prangt.

Das Wasser unter mir immer noch schwarz. Leise gleiten wir dahin.

Vor zwei Stunden war es, als mich Kyle fragte, ob ich denn Lust auf eine geheime, kleine Spritztour hätte.

Nun sitzen wir hier. Starren auf den stillen See der sich vor uns erstreckt.

Still. Ganz still ist es und ich komme mir gänzlich falsch und unpassend,hier in dieser naturbelassenen Einöde vor.

Es waren die fragen. Die Fragen die mich seit Anbeginn unserer kleinen tour quälen.

Wann komm ich wieder nach hause?
Komm ich denn überhaupt je wieder nach Hause?
Wieso konnte er das kleine Mädchen nicht heilen, wenn er doch auch alle anderen Lebensnotwendigen Gegenstände von irgendjemandem zur Verfügung gestellt kriegt?

Und noch viele weitere. Umso länger ich mir darüber den Kopf zerbrach umso wütender werde ich. 

"Kyle Bitte. Bitte erklär mir das alles bitte!!"

Ich war den Tränen schon wieder ungewollt nah.

"Nein. Hör auf zu fragen"

"Ich will aber wieder nach hause. Bitte!Kyle!"

Mein körper wird von Schluchzern heftig geschüttelt.

"Bitte. Ich will das alles hier nicht mehr. Bitte"

Flehe ich ihn an.

Plötzlich zwei starke Hände. In dem Moment wünsche ich mir nichts sehnlicher als endlich wieder an den wärmenden Körper gedrückt zu werden.

Doch nichts dergleichen geschieht.

Ich spüre kälte. Nässe dringt durch meine Klamotten, machen sie schwer und reisen mich mit in das unendlich nichts des Sees.

Mein  Kopf erscheint wieder an der Oberflächlich. Ich höre das Blut in meinen Ohren rauschen. Atme tief und lang. Meine Lunge schmerzt vom vielen husten.

Die Hand, die mich nach oben zog,  hält mich immer noch überm Wasser.

Gefährlich nah beugt sich Kyle zu mir hinab. Zum ersten mal hab ich wirklich Angst vor ihm.

"Das hier ist jetzt dein neues Zuhause. Du wirst hier Leben und du wirst hier sterben"
Raunt er mir entgegen.

Der Motor heult auf und das kleine Boot knattert zurück ans rettende Ufer.

Kyle hat mich gestoßen. Kyle hat mich gestoßen.
Kyle hat mich gestoßen.

Der Satz wiederholt sich Dutzende mal in meinem Kopf.

Meine Füße werden schwer. Meine Finger kann ich schon fast nicht mehr spüren. Und das Ufer noch so unendlich weit entfernt.

Es wäre so leicht jetzt los zulassen. Sich auf den Grund des Sees ziehen zu lassen. Aufzugeben.

Doch da ist dieser Lebenswille. Der mich antreibt, meinen erschlaften Körper weiter durch das unendliche schwarz des Wasser zu schleppen, weiter die eiskalte Nacht luft einzuatmen weiter die ermüdeten Augen offen zu halten.

Als ich, wie mir scheint mehr Tod als lebendig am Ufer ankomme rennt ein Junge auf mich zu. Hüllt mich in ein großes Handtuch und führt mich zu einem der kleinen Nebenhäuschen.

Ich erkennen ihn als den jungen wieder der mit Kyle das Mädchen weggebracht hat.

Kyle.

Anscheinend gehört im dieses kleine Haus alleine. Er bringt mich immer noch still schweigend in ein kleines Zimmer. Dieses ist mit einer kleinen dusche und einem Bett ausgestattet.

Als er das zimmer verlassen hatt schäle ich mich langsam aus den eiskalten Klamotten. Meine Haut ist rot,  an manchen stellen sogar blau.
Zittern steige ich in das Bett. Falle in einen unruhigen, traumlosen Schlaf.

Ostern Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt