Stacheldraht umzäunte den grauen Klotz, den man nur durch eine kleine Durchfahr erreichen konnte, die von zwei grimmig drein guckenden Männern postiert wurde. Isabella stoppte den Wagen vor der gelb-schwarz gestreiften Schranke und wies sich ohne ein Wort zu verlieren aus. Die junge Soldatin hinter der Glasscheibe des Schalters blickte kurz in das Fahrzeug und öffnete für sie die Schranke. Der PKW rollte auf einen großen Parkplatz, der von Armee-Fahrzeugen dominiert wurde, und parkte in der Nähe einiger ziviler Fahrzeuge.
„Was ist das hier?", fragte ich vorsichtig und sah zum ebenfalls gut bewachten Eingang hin.
„Das Alpha-Programm wird teilweise von der Armee finanziert. Keine Angst. Die Soldaten sind hier um Sie zu beschützen."
Ich versuchte zu lächeln, aber es klappte nicht. Mein Unwohlsein, das sich in meinem Bauch eingenistet hatte, meldete sich sehr vehement und bescherte mir eine grauenhafte Übelkeit.
„Kommen Sie. Ich zeige Ihnen die Anlage und erkläre Ihnen, was hier gemacht wird."
Mit zusammengebissenen Zähnen nickte ich und stieg aus. Die Nachmittagssonne spiegelte sich in den Scheiben des flachen Gebäudes, in das mich Isabella nun führte. Wir betraten einen großen Raum, an dessen Stirnseite ein Langer Tresen stand. Hinter diesem leuchtete an der grauen Wand ein blaues Alpha, das die Tischplatte auf der mehrere Ordner und ein Computer standen, beleuchtete. Isabella lief geradlinig auf den jungen Mann hinter dem Bildschirm zu, der ihr freundlich zulächelte, und zeigte auch diesem ihren Ausweis, den er nur eines kurzen Blickes würdigte und uns weiter winkte. Meine Begleiterin schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und machte sich auf den Weg zu den silbernen Aufzugtüren.
„Wieso ein Aufzug?" fragte ich verwundert, als sie den Knopf des ersten Aufzugs drückte. Isabella lächelte nur geheimnisvoll und stieg in den Fahrstuhl, dessen Türen sich in diesem Moment geöffnet hatten. Mein Unwohlsein wuchs mit jeder Sekunde in der der beengte Fahrstuhl in die Tiefe sauste und Isabellas Schweigen machte das nicht wirklich besser. Ich war mir immer noch nicht sicher, was ich von der gut gebauten Frau halten sollte. Sie wirkte freundlich und offen und trotzdem hatte sie mir noch keine hilfreiche Information gegeben. Mit einem hellen „Ping" öffneten sich die metallenen Türen und ich erstarrte wie eine Eisskulptur, da mein Bauch wieder zu rebellieren begann.
„Was ist mit Ihnen?", erkundigte sich Isabella mit einem besorgten Gesichtsausdruck. Vorsichtig blickte ich in dem länglichen Flur umher, von dem mehrere Türen abzweigten, und bewegte den Kopf leicht um Isabella zu symbolisieren, dass ich „okay" war.
„Kommen Sie", wies sie mich an und führte mich an den Türen vorbei, an denen blaue Schilder angebracht waren. Labor, Krankenstation, Radiologie und weitere Begriffe standen auf diesen, doch wusste ich nicht genau, was genau manche davon bedeuteten. Allerdings beachtete die Brünette diese Türen nicht einmal und führte mich weiter auf einen durch eine Glasscheibe einsichtigen Raum zu vor dem sich der Gang in zwei Gänge aufteilte. Die Einrichtung hinter der Scheibe konnte ich schon von weitem sehen, da die grellen Deckenlampen eingeschaltet waren. Es sah aus wie ein Freizeitzimmer, weil ein langes Sofa mitsamt Beistelltisch aus hellem Holz und einem an der Wand befestigten Flachbildfernseher, ein Billardtisch und eine Stereoanlage mit riesigen Boxen das Mobiliar bildeten. Helles Holz dominierte des Raum. Sowohl die, die die rechte Wand bedeckenden, Regale mit Büchern als auch der Billardtisch bestanden aus diesem. Zwei Männer, Mitte oder Ende zwanzig, spielten gerade Billard und schienen uns nicht zu bemerken, was mir allerdings nur recht war. Als Isabella gerade die gläserne Tür öffnete, lehnte sich der Größere von beiden gerade über den Tisch um die weiße Kugel anzupeilen, sah aber irritiert auf und richtete sich auf, wobei der den Queue an das Tischbein lehnte. Gezwungenermaßen betrat ich ebenfalls den Raum und erntete die gesamte Aufmerksamkeit in Form von neugierigen Blicken, die mir sehr unangenehm waren.
„Dean, Hunter, gut, dass ich euch hier treffe. Das hier ist Kain Archer, unser neuster Teilnehmer."
Da ich nicht wusste, was ich tun sollte, starrte ich konsequent den kratzigen, dunkelgrünen Teppichboden vor mir an und hoffte, dass sie es dabei belassen würden.
„Der sieht ja richtig verschüchtert aus", stellte wahrscheinlich der Kleinere von beiden fest. Ich spürte nur eine Hand, die mein Kinn nach oben schubste und ich gab nach ohne ein Wort des Protestes. Hellbraune Augen in einem markanten Gesicht blickte mir mit einem spottenden Ausdruck entgegen. Wir waren fast auf der gleichen Höhe, weshalb ich mich nicht allzu unwohl fühlte.
„Ich bin Hunter Flanagan und das da", er deutete mit seinem beringten Zeigefinger auf den anderen, „Ist mein Bruder Dean."
„Stiefbruder", verbesserte Isabella.
Hunter verdrehte nur sichtlich genervt die Augen und fuhr sich kurz durch seine zu einem Undercut geschnittenen, dunklen Haare, bevor er sich von mir abwandte.
„Kann nichts dafür, dass meine Mutter mehrere Männer gefickt hat", lachte er und boxte Dean gegen den Oberarm, der allerdings gar nicht so belustigt aussah. Dean war nur ein paar Zentimeter größer als sein Bruder, doch wirkte er auf mich schmächtiger, nicht so bullig wie Hunter. Auch war sein Gesicht filigraner und seine Haare blond und kurz geschnitten. Nur die Augen waren die gleichen. Er lächelte mir leicht zu und widmete sich dann wieder dem Spiel, das sie nun wieder aufnahmen. Ich konnte die Erleichterung nicht in Wort fassen, die mich übermannt, als wir aus dem Raum getreten und wieder im Gang gestanden waren.
„Ich bringe Sie zum Chef. Herr Steiner hat dieses Projekt ins Leben gerufen und leitet es", erklärte sie mir auf dem Weg zu Steiners Büro, „Er hat das hier aufgebaut und es wäre angebracht, sich respektvoll zu verhalten."
Mit diesen bewundernden Worten klopfte Isabella an der weißgestrichenen Tür und drückte nach einem lauten „Herein!" die Klinke nach unten.
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Das Alpha-Programm ❖Pausiert❖
Paranormal"Ich wollte nicht weg. Ich wollte zu Tobias. Ich hatte ihm doch ein Essen versprochen. Aber Isabella manövrierte das Auto zielsicher auf die Landstraße auf der sie richtig Gas gab und so noch mehr Distanz zwischen mich und meinen Bruder brachte." Ei...