3. Wellen

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"Dieser junge Mann wird euch auf eurer Reise begleiten. Er ist erfahrener Seemann und war schon oft auf dem Meer", erläuterte der König die Anwesenheit des Jungen mit kurzen, braunen, lockigen Haaren. "Sein Name ist Yasid."
Er sagte nichts dazu, sondern band sich nur ein grünes, leicht zerrissenes Band um den linken Arm. Er schien nicht sonderlich begeistert von seiner kommenden Reise zu sein.
"Gebt bitte auf euch Acht, der Auftrag wird sehr schwer sein", sorgte sich der König Iltigas um seine jungen Leute der Clans.

Nach der Verabschiedung vom Volk besegelten die Clanmitglieder und der neu dazugekommen Yasid das Meer in Richtung neues Königreich. Das Schiff war groß gebaut, doch es wurde so konstruiert, dass es sich auch mit wenigen Leuten manövrieren ließ.
"Was wird unser erster Halt sein?", fragte Swetlana ihre Gefährten für die bereits langersehnte Reise.
"Wir werden zuerst nach Sheville reisen, die Fahrt wird etwa fünf Tage dauern. Sobald wir dort angekommen sind, füllen wir Vorräte und Trinkwasser auf. General Fromor sagte mir, dass uns dort eine neue Rekrutin begleiten wird", erklärte Yasid deren erste Route.
"Mein Vater hat das gesagt?", fragte die Hellseherin des Wetter Clans unwissend.
Besagter Mann war nämlich der Vater Elyssas.
"Josie ist auch schon in Sheville und bei unserer zukünftigen Kameradin. Wir werden sie dann dort antreffen", meinte auch Antonia lächelnd.
"Wenn das so ist, können wir uns ja erstmal zurücklegen, immerhin müssen wir bis dahin nichts besonderes machen", sagte Nazar gelassen, setzte sich auf das Deck und war schon dabei, einzuschlafen.
Doch ein gewisser junger Mann hielt sie davon ab, ins Reich der Träume zu reisen, indem er ihr, ohne Rücksicht auf ihre Position zu nehmen, einen Eimer voll Wasser über den Kopf schüttete.
"Auf der See wird nicht geschlafen. Angeln", redete er kalt mit der Turmwächtern und schmiss ihr eine Angel zu, welche erschrocken aufgefangen wurde.
"Idiot", beleidigte sie ihn nur und setzte sich an die Reling, um Fische zu fangen.

Mizuki saß währenddessen schon die ganze Zeit auf dem Etwas, an dem die Segel gebunden waren. (Wie heißt so was?) Ohne eine Veränderung ihres Blickes starrte sie durchgängig auf das Meer vor ihr. Diese Augen richteten sich nur auf das rauschende Wasser, das stetig gegen das Schiff prallte und in einer kleinen Welle wieder zurück schäumte. Diese Augen, die denen eines Falken glichen.

Während Nazar die ganze Zeit dort rumsaß und darauf wartete, dass ein Fisch anbiss, sorgten sich die anderenden weil um ihren Kram. Abgesehen von Swetlana, sie gesellte sich zu ihrer Freundin und angelte mit ihr. Yasid beachtete die Himmelsrichtungen und ließ den Kompass sowie Karte nicht aus dem Auge. Antonia verfasste momentan einen Brief an ihre Schmiedin, Josephine, um ihr von der Abreise Bescheid zu geben. Nachdem dieser verfasst war, würde sie ihn mit ihrer weißen Taube, welche sie zur Sicherheit mitnehmen sollten, abschicken lassen. Elyssa versuchte mit merkwürdigen Instrumenten und anderen Sachen ein wenig über deren Schiksal herauszufinden und eine Vision zu empfangen. Doch dies gelang ihr zu dieser Zeit nicht.
Alles in allem waren alle Passagiere des Schiffes mit irgendetwas beschäftigt.
Als Nazar in den Himmel sah und den Mond des dunklen Nachthimmels erblickte, kam ihr da eine kleine Einleuchtung, welche ihr längst hätte früher kommen müssen.
"Wieso angle ich eigentlich mitten in der Nacht?!", brüllte sie verärgert über die vergeudete Zeit, die sie mit Schlafen hätte verbringen können, und schmiss die Angel auf den Boden.
Der braunhaarige Seemann wurde auf diese Aktion natürlich aufmerksam und hob die Angel auf, die wohl schon längst keinen Köder mehr dran hatte.
"Ja, hast recht. Ihr könnt schlafen gehen", meinte er jetzt plötzlich ohne weiteres und ließ die verwirrten Mädchen an Deck stehen, während er die Kajüten aufsuchte.
"Dein verdammter ernst?!"

Drei Tage waren inzwischen vergangenen und in zwei würden sie an der Insel ankommen. Der Status von den Reisenden hatte sich in der Zeit nicht geändert, sie schipperten normal weiter über den großen Ozean.
Die Nachfolgerin des Mond Clans, Mizuki, hatte sich kein einziges Mal von der Stelle bewegt. Wenn man am Abend zu den Kajüten ging, saß sie immer noch oben. Kam man am Morgen wieder heraus, befand sie sich an gleicher Stelle wie am vorherigen Tag.
Turmwächterin Nazar setzte sich immer raus zum angeln, doch gefangen hatte sie noch absolut gar nichts. Derselbe Fall bei Swetlana, Silvawächterin des Grünen Clans.
Antonia und Elyssa wurde das Warten zuwider und sie fingen an, nur Karten zu spielen. Nichts anderes kam ihnen sonst in den Sinn und mit deren 'Führer', von dem man irgendwie nichts wusste, zu sprechen hätte ebenfalls nichts erreicht.

Es war Mittag und keine einzige Wolke war am Himmel zu sehen. Das Sonnenlicht, das den Anglern zu ihrem Unglück herabstrahlte, schien alles und jeden zu schmelzen. Sie alle langweilten sich und hatten größtenteils nichts interessantes zu erledigen. Als Elyssa auf einmal aufhorchte und nach oben sah. Auch Mizuki erkannte einen kleinen Unterschied, doch im Gegensatz zu Elyssa richtete sie ihren Blick nach unten, auf das Meer.
Beide sprachen gleichzeitig: "Ein Sturm zieht auf."
"Wie bitte?", fragte Swetlana verwirrt und leicht überfordert.
"Ein. Sturm. Zieht. Auf. Das bedeutet, dass ein Sturm aufzieht!", rief die blonde Elyssa genervt und warf die Karten beiseite.
Das Mädchen mit pechschwarzem Haar sprang mit kleinen Absätzen von oben herunter und war drauf und dran, den Kurs ändern zu wollen.
"Wir müssen eine andere Route nehmen. Der Sturm wird groß sein", murmelte Mizuki und suchte auf der Seekarte nach einer möglichen Art, den Sturm zu entgehen.
"Hart Backbord!", brüllte auf einmal die Stimme Yasids, was alle Alarmglocken läuten ließ. "Ihm zu entgehen wird nicht einfach, fast unmöglich sein. Könnt ihr Typen aus dem Clan da nicht irgendwas machen?"
"Echt jetzt, gewöhn' dir mal einen etwas förmlichen Ton uns gegenüber an!", motzte ihn Nazar erstmal an. "Jedenfalls glaube ich nicht, dass wir etwas dagegen tun können."
"Wir sind vielleicht der Clan der Unwetter, aber gegen eines können wir nunmal nichts ausrichten. Das einzige, was ich kann, ist ein Hefphl dafür aufbauen", sprach Elyssa.
"Aber", mischte sich auch Antonia ein, welche dazugekommen war, "woher wisst ihr überhaupt, dass plötzlich ein Gewitter ausbricht?!"
Sie verstand wirklich nicht, wie ihre Kameradinnen auf einmal zu dieser Bemerkung kamen. Sie selber hatte noch Nichteinhaltung eine einzige Wolke erblicken können, schon gar nicht eine graue, gefüllt mit Mengen an Wasser.
"Intuition", sagte die Hellseherin des Blauen Clans nur.
"Und du, liebe Anführerin?", fragte Nazar, welche zum ersten Mal richtig von ihr angesehen wurde.
"Die Wellen. Sie sind um zwei Centimeter höher geworden. Ein Anzeichen auf stärkeren Wind aus dem Westen, was Wolken aus genau dieser Richtung bringt, in die wir uns momentan bewegen. Sollten wir unseren Kurs jetzt nicht ändern, wird uns der Sturm erreichen", erklärte sie ausführlich, was so manche zum Staunen brachte. "Wir sind der Mond-Clan. Gezeiten und allgemein Meer sind unsere Spezialität. Ist also nichts besonderes..."

Den tatsächlich gekommenen Sturm, der nicht sonderlich von kleinem Raum zeugte, entgangen, konnten sie nun die Fahrt nach Sheville fortsetzen.
Wenn sie dort ankommen, dürften sie jedoch unter gar keinen Umständen dort anlegen, wo sich Menschen befanden. Deren Eintreten in das Land soll schließlich unbekannt bleiben.
Dort angekommen würden sie auf Joseohine aus dem Sonnenclan treffen und das neue Mitglied aufnehmen, Lucy Watson.

Königsspiel der MeereWo Geschichten leben. Entdecke jetzt