Wortlos starre ich auf meine Füße, während mir immer und immer wieder der gleiche Gedanke sich in meinem Gehirn abspielt, wie ein Mantra; Wieso hab ich es ihm nicht gesagt? Wieso musste ich den Brief verstecken und hab ihn nicht gleich gegeben? ... Wieso hab ich den Brief nicht verbrannt?
Es macht mich einfach nur noch fertig. Mein Leben macht mich fertig, ich kann nicht mehr. In mir tobt dieser Tornado und dennoch ist da diese Leere. Diese Leere, die ich nicht beschreiben kann, die einfach da ist.
Alles fühlt sich nur noch so belanglos an, das es mir fast schon Angst macht. Diesmal hab ich Devon verloren. Aber es war nicht seine Schuld, nein. Diesmal war es meine und das ist es, was mich noch mehr fertig macht, als sein Betrug.
Ich weiß, dass ich so nicht mehr weiter machen kann, ich muss mich ausreden, ich brauche jemanden, mit dem ich jetzt darüber reden kann und da fällt mir nur eine Person ein: Eléonore.
Angestrengt versuche ich mich auf meine Beine zu hieven und den Weg einzuschlagen, in den ich Eléonore erst kürzlich gehen sehen habe.
Dabei frage ich die Menschen an denen ich vorbei komme, wo sie lang gelaufen ist, ehe ich sie schließlich doch finde.
Sie sitzt an einem Baum gelehnt und schreibt etwas auf Papier.
Wortlos setze ich mich neben sie, woraufhin sie mich einfach nur ansieht. Sie sieht nicht überrascht aus, sie mustert mich einfach nur still.
,,Du siehst scheiße aus."
Ich verkneife mir eine sarkastische Antwort und sehe sie einfach weiterhin stumm an.
Seufzend legt sie ihr Papier zur Seite und sieht mir intensiv in die Augen: ,,Was ist passiert, Saphira?"
Traurig senke ich meinen Kopf und denke noch einmal drüber nach, ob ich ihr das alles wirklich erzählen soll. Was ist, wenn sie mich verurteilt? Wenn sie genauso denkt wie Devon? Ich würde es nicht verkraften, auch noch von ihr verurteilt zu werden.
,,Ich hab Mist gebaut, Eléonore.. großen Mist.", erkläre ich ihr sehr wage.
Anders kann ich das nicht nennen, als großen Mist. Mir fällt keine schönere Umschreibung ein.
,,Devon.", sagt sie mit einer neutralen Stimme.
Kurz sehe ich sie überrascht an, doch meine Miene wird schnell wieder neutral und ich nicke einfach.
,,Nicht nur. Es ist Lena. Sie ist.. sie ist..", meine Stimme fängt an zu zittern und ich merke, wie meine Augen glasig werden.
Es nur auszusprechen macht mich so unglaublich fertig und traurig.
Doch ich brauche es nicht auszusprechen. Eléonore legt ihre Arme um mich und umarmt mich, während ich in ihre Schulter weine. Ich lasse alles raus. Ich schreie. Ich zittere. Ich .. breche zusammen.
Alles was ich im Moment spüre ist Eléonores Hand auf meinem Rücken und die pure Verzweiflung. Alles was um mich herum geschieht blende ich aus. Ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr. Ich hab genug.
Doch ich werde plötzlich aus meiner Trance gerissen, als Eléonore sich von mir löst und mir wieder intensiv in die Augen schaut: ,,Sprich es aus."
Ungläubig starre ich sie an. Ich kann das nicht, ich kann das einfach nicht.
,,Saphira. Sieh mich an und sprich es aus."
Nein. Ich kann es nicht. Wieso versteht sie das nicht?
,,Tu es Saphira.", fordert sie mich noch einmal auf.
Sie starrt mich an. Ich starre sie an.
,,Lena ist schwanger.", zittere ich.
,,Nein. So nicht. Sag es in einem anderen Tonfall.", verlangt Eléonore und sieht mich wieder intensiv an.
,,Lena ist schwanger.", wiederhole ich unsicher.
,,Nein. Nochmal."
Ich atme tief ein und kopiere ihren intensiven Blick, ehe ich mit einer gleichgültigen Stimme sage: ,,Lena ist schwanger."
,,Was genau ist passiert?", fragt sie mich diesmal.
Ich seufze kurz, ehe ich einfach drauf los rede: ,,Alles hat damit angefangen, dass dieser Bote ins Büro kam und mir diesen Brief gegeben hat. Er war von Lena und an Devon gerichtet. Jedoch hab ich ihn genommen und sagte, ich würde ihn Devon geben. Jedoch hab ich den Brief geöffnet und hab dann gemerkt, dass dieser Brief von Lena war und sie darin Devon geschrieben hat, das sie schwanger ist. Ich hab Panik gekriegt und wollte nicht, dass er es heraus findet. Immerhin ist ja zwischen uns erst alles wieder gut geworden und ich wollte nicht, dass Lena das alles wieder zerstört. Also hab ich den Brief versteckt und versucht ihn zu verdrängen. Aber beim Brand hat Devon ihn doch schließlich irgendwie gefunden und gelesen und es heraus gefunden... Es ist alles einfach nur ein riesiges Disaster!"
,,Du bist dumm.", sagt Eléonore schlicht.
,,Wie bitte?", frage ich sie ungläubig.
,,Wieso zum Teufel hast du diesen dummen Brief nicht vernichtet? Dann hättest du dir niemals Sorgen machen müssen, das er ihn findet. Zumal Lena ja nicht einfach her spazieren kann. Schon vergessen? Sie wurde verbannt.", erklärt Eléonore.
,,Ja, schon. Aber ihr Kind nicht. Es könnte wenn es erwachsen ist, ganz leicht hier her kommen. Spätestens dann hätte er es erfahren und.. ich weiß es nicht, okay? Ich weiß es nicht! Ich hätte ihn vernichten sollen, ich hätte ihn einfach nur zerstören sollen, aber ich konnte es einfach nicht! Verstehst du? Ich konnte es nicht..", meine Stimme wird immer verzweifelter und immer leiser.
Wieder sehe ich auf meine Füße und denke über alles nach. Wieso nur? Wieso ich?
,,Saphira. Keine Panik. Devon wird dir schon verzeihen, immerhin bist du immer noch seine Freundin und die Ductrix.", versucht sie mich zu trösten.
,,Das bezweifle ich.", murmele ich in mich hinein.
,,Wie meinst du das?"
,,Naja. Ich glaube kaum, dass ich noch mit ihm zusammen bin, nachdem er mich geschlagen hat.", erkläre ich ihr.
Eine Weile lang sieht sie mich einfach nur stumm an.
,,Weißt du zufällig wo er gerade ist?", fragt sie mich.
,,Nein, wieso?", frage ich verwirrt zurück.
,,Nur so. Egal. Gib dir nicht die Schuld daran Saphira. Du vergisst, auf wen das alles wirklich zurück zuführen ist. Nicht auf dich. Nicht auf Lena. Sondern auf Devon. Er hatte immer die Wahl. Er hatte die Wahl, ob er dich betrügt oder nicht. Es ist seine Schuld, das Lena schwanger ist. Er ist an alledem Schuld. Devon hätte wissen müssen, das seine ganz tolle Aktion Konsequenzen mit sich zieht. Glaub mir Saphira, alles wird in Ordnung werden und wer weiß. Vielleicht ist doch nicht alles so grau, wie es dir gerade scheint."
(Die Idee für dieses Kapitel kommt von SchlingelPringel2 :) Erinnerst du dich, als du wolltest, dass Saphira mit ihrer besten Freundin redet? Ich fand die Idee echt gut.)
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Regina Bellum - Blick in die Gegenwart
Science Fiction-TEIL 3.- »Bellum arma cape!« Bellum und Fortiter geraten immer mehr aneinander, während Saphira der Brief von Lena nicht mehr aus dem Kopf geht, wie auch Tatsache, dass dieser Devon niemals erreichen würde. Saphira spielt mit dem Gedanken alles auf...