1. Kapitel

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Radley's P.o.V

Ich starrte aus dem Fenster und verfolgte die Regentropfen die an der Scheibe hinab rannen.

Aus meinen Erinnerungen wusste ich, das es hier oft regnete. In Californien war es fast ausschließlich sonnig, deshalb hatte ich es auch so geliebt dort zu leben. Nun musste ich aber ein halbes Jahr bei meinem Vater bleiben, damit Mum und ihr neuer Verlobter etwas Zeit hatten um ihre Beziehung aufzubauen.

Ich wäre tausend mal lieber zu meiner Tante und ihrer Familie gegangen und das obwohl sie einen ziemlichen strengen, christlichen Haushalt führten. Aber Mum hatte darauf  bestanden das ich zu Dad ging, weil er ihr schon so lange in den Ohren gelegen war wann er mich denn mal wieder sehen durfte.

Warum er das wollte, wusste ich nicht. Schließlich waren Mum und ich ihm immer egal gewesen. Er hatte mit seiner Boxerkarriere, unsre Familie zerstört. Es hatte nichts wichtigeres mehr für ihn gegeben als Boxen hier und Boxen da.

So war es auch zu der Scheidung von ihm und Mum gekommen.

Im Nachhinein gesehen, konnte man keinem anderen die Schuld dafür geben, als Dad.

Seit sechs Jahren hatte ich ihn nun nicht mehr getroffen. Er kannte mich noch als pubertäre zwölfjährige, mit Zahnspange und Stimmungschwankungen.

Zum Glück war ich Zahnspange, Pickel und auch die ständig wechselnden Emotionen mittlerweile losgeworden.

Möglicherweise erkannte er mich ja gar nicht mehr.

Die ganze Fahrt über war ich in meinen Gedanken versunken und  betrachtete die Szenerie durch die wir fuhren.

Mum machte auch keine Anstalten das Klima zwischen uns beiden zu verbessern. Sie hielt das Lenkrad umklammert. Damit es hier nicht ganz so still war, hatte sie das Radio aufgedreht. Die harmonische Stimme von Colbie Calliat wurde halb übertönt von dem Rauschen der Belüftungsanlage.

Ich merkte erst auf, als der Wagen zum Stillstand kam und Mum den Motor abstellte.

Müde und gelangweilt zog ich an dem Türöffner und stieg dann aus. Kalte Luft in der Mischung mit Nieselregen schlug mir entgegen.

Mum sprach mit jemandem. Ich hörte eine tiefe Stimme die ich nur zu gut kannte.

Ahnend um wen es sich handelte, trat ich um das Auto herum. Und da stand er leibhaftig.

Mein Dad.

Er hatte sich die Jahre über kaum verändert. Seinen Schnurrbart hatte er zum Glück abrasiert. Sein Haar war grau geworden und seine Statur war noch etwas bulliger als vor sechs Jahren.

Seine blauen Augen, die ich ich auch hatte, bewegten sich in meine Richtung und blieben an mir hängen.

Zaghaft hob er seine Hand und wank mir zu. Ich reagierte darauf nicht, verschränkte meine Arme trotzig vor der Brust.

Mum seufzte und rieb sich die Stirn.

"Ich werd sie im Januar wieder abholen kommen", murmelte Mum zu Dad, der sie dabei aber mit keinem Blick bedachte. Seine Aufmerksamkeit lag ganz auf mir.

Gähnend langsam lief ich rüber zum Kofferraum und zerrte einen Moment daran. Er klemmte öfters mal. Genervt trat ich dagegen. Der Riegel knackte und die Klappe ließ sich auf machen.

"Das ist meine Tochter", murmelte Dad stolz und lachend, nachdem ich den Kofferraum mit Gewalt auf bekommen hatte.

Seinen väterlichen Stolz konnte er sich sonst wohin stecken.

Grummelnd packte ich meinen Koffer beim Henkel und zerrte ihn raus. Der war schwerer als gedacht. Kein Wunder, schließlich musste ich ja alles mitnehmen, was ich in den nächsten Monaten brauchen könnte.

Fighter h.s. || AUWo Geschichten leben. Entdecke jetzt