Kapitel 9

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"Hey, alles okay? Du siehst so fertig aus." sagt Caro gerade als ich mich neben ihr am Tisch niederlasse.
Sehe ich wirklich so schlimm aus, dass sie sofort sieht, dass etwas nicht stimmt?

"Nein. Alles okay." antworte ich knapp und blicke auf meine Finger.
Sie betrachtet mich skeptisch von der Seite, aber ich versuche mir nichts anmerken zu lassen. Ich möchte sie nicht belasten und schon recht nicht wieder anfangen zu weinen.

"Wirklich? Du weißt schon, dass ich immer für dich da bin oder? Wir kennen uns zwar noch nicht lange, aber wenn etwas ist kannst du es mir erzählen."
sagt sie und schaut mich besorgt an.

Wow. So etwas habe ich noch nie von jemanden gehört. Nur von meiner Mutter oder von meinem Bruder manchmal. Meine Augen fangen an wieder leicht zu tränen, doch ich kneife sie schnell zusammen.
"Danke." Ich lächele sie schwach an und ziehe sie in eine Umarmung.

In diesem Moment betritt der Professor den Raum. Ich wische schnell die Träne weg, die mir die Wange herunter gerollt ist und und lasse Caro wieder los. Sie wirft mir immer noch besorgte Blicke zu, wirkt aber etwas beruhigter.

Ich bin so froh jemanden wie Caro zu haben. Gestern habe ich mich so alleine gefühlt und habe ganz vergessen, dass ich ja gar nicht komplett alleine bin. Ich habe ja immer noch sie.

"Steht das mit..." flüstert Caro mir schließlich zu, doch der Professor unterbricht sie.
"Caroline Anderson. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich ebenfalls am Unterricht beteiligen würden." sagt er schroff und wirft ihr wütende Blicke zu.
"Uhh.. tut mir Leid." antwortet Caro knapp und schaut genervt auf den Tisch.

"Wissen sie vielleicht die Antwort auf meine Frage, die ich gerade eben gestellt habe?" zieht er sie weiterhin auf und Caro schaut mich hilflos an. Sie hat vermutlich keine Ahnung, was er für eine Frage gestellt hat. Genauso wenig wie ich. Ich zucke nur unauffällig mit den Schultern.

Der Professor wartet gar nicht auf eine Antwort von ihr und dreht sich wieder um zur Tafel.
"Habe ich mir gedacht." sagt er etwas leiser zu sich selbst.
"Das nächste Mal passen sie bitte auf." fügt er hinzu und beginnt etwas an die Tafel zu schreiben. Caro rollt nur genervt ihre Augen und starrt auf ihre Finger.
Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Ein paar Minuten später schiebt sie mir einen Zettel zu. Langsam falte ich ihn auseinander und beginne zu lesen.

Steht das mit heute Mittag noch?

Ich nicke ihr freundlich zu und drehe mich wieder nach vorne. Gestern morgen hatten wir ausgemacht, dass wir zusammen in die Stadt bummeln gehen.

Die nächsten Kurse ziehen sich unglaublich in die Länge. Ehrlich gesagt bekomme ich auch kaum was mit, da ich nicht wirklich bei der Sache bin.
Nach Stunden ist auch endlich der letzte Kurs vorbei und ich laufe Richtung Eingang, an dem ich mich mit Caro treffen werde.

Gerade als ich aus der Tür heraustrete, klingelt mein Handy. Hastig krame ich es aus meiner Tasche und nehme den Anruf entgegen.

"Hallo Schatz." ertönt die Stimme meiner Mutter durch das Handy. "Du hast mich gestern Abend noch angerufen. Was war los?"

"Ich hätte da so eine Frage." druckse ich herum, während ich auf Caro zulaufe, die bereits auf mich wartet. "Meinst du es wäre möglich, einen neuen Raum für mich zu buchen?"

"Wieso denn das?" fragt meine Mutter aufgebracht.
"Ich komme nicht wirklich mit meinem Mitbewohner klar. Es wäre echt wichtig für mich. Ich weiß es ist nicht einfach noch ein neues Zimmer zu bekommen, wenn das Semester schon angefangen hat, aber könntest du trotzdem mal schauen?"

Meine Mutter seufzt und sagt eine Weile nichts mehr.
"Mum?" frage ich ungeduldig nach.
"Na gut, ich werde mal schauen, aber ich kann nichts versprechen. Was ist denn falsch mit deinem Mitbewohner?"
"Naja. Er feiert einfach irgendwelche Partys in unserem Zimmer und beleidigt mich die ganze Zeit über. Ich komm wirklich gar nicht mit ihm klar."
"Oh okay. Gut, ich werde schauen, was sich machen lässt."
"Danke Mum. Ich muss jetzt auflegen." antworte ich ihr und schaue zu Caro, die immer noch auf mich wartet.
"Gib mir Bescheid wenn du mehr weißt. Bis bald!" sage ich noch und beende das Telefonat.

Because of YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt