Kapitel 28

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Immer und immer wieder hörte ich meinen Namen rufen und jemand schüttelte mich bis es mir zu viel wurde und ich meine Augen öffnete. Leicht verschwommen blickte ich in zwei grüne Augen, welche mich besorgt anschauten. Liu., dachte ich und hob langsam meine Hand. Jedenfalls glaubte ich das, da sich keine Hand in mein Blickfeld bewegte.

»Liu.«, murmelte ich schwach und schloss kurz meine Augen benommen, bevor ich sie wieder öffnete und einen etwas klareren Blick hatte. Was ist passiert? Wo bin ich? Wo ist Gina? Wo ist Mom? Wo ist Lily?, fragte ich mich immer wieder und wollte mich aufsetzten. Doch ich rutschte aus und ein stechender Schmerz umhüllte meine Arme. Zischend zog ich die Luft zwischen meinen Lippen ein und kniff meine Augen fest zusammen.

»Evelyn! Evelyn, alles okay? Was ist passiert?«, fragte mich Liu halb aufgebracht und wartete auf meine Antwort. Doch ich schaute ihn stumm an. Ja, was ist passiert? Was ist hier los? Ich... Ich... Lily! Erschrocken riss ich meine Augen weit auf.

»Lily! Er hat Lily! Jeff hat Lily!«, schrie ich Liu an, welcher merklich zusammen zuckte bevor er seine Fassung wieder hatte und sich neben mich aufrichtete, sodass ich die Person hinter ihm erkenne konnte. Jane., schoß es mir durch meinem Kopf.

»Jeff war also hier?«, fragte sie leicht gereizt. »Weißt du auch, wo er sich aufhält?« Grob schuckte sie Liu von mir weg und setzte sich mir Gegenüber. Doch dieses Mal war was anderes. Irgendwas stimmte nicht mit ihrem Gesicht. Es war so steif wie das Gesicht einer Puppe. Hatte sie eine Maske auf? Eigentlich hatte sich nicht viel an ihrem Gesicht geändert, nur dass es jetzt eher einer Puppe mehr ähnelte.

Ich spürte einen dumpfen Schlag auf meinem Kopf, welcher mich zusammen zucken ließ und mich zurück in die Realität holte. Ich starrte weiter in die schwarzen Augen von Jane, aber gab keinen Mucks von mir. Irgendwie mag ich sie nicht., stellte ich fest. Ich kann Jeff echt verstehen, dass er sie auch nicht mag, so arrogant wie sie herüber kommt.

»Ja... Ja, er war da und nein, ich weiß nicht wo er sich jetzt aufhält.«, meinte ich leise und blickte mich um, dabei striff mein Blick die Weinflasche, welche mitten im Flur stand. Ein Zettel hing daran, aber leider konnte ich die Schrift darauf nicht entziffern, selbst wenn ich meine Augen etwas zusammen zog. Meine ganze Aufmerksamkeit gehörte der Weinflasche und ich blendete alles um mich herum aus bis ich einen stechenden Schmerz an meiner Wange spürte. Mit weit offenen Augen blickte ich zu Jane, welche ihre Hand erhoben hatte und mich durch ihre Maske anstarrte. Sie hatte mir eine geohrfeigt, da ich ihr nicht zuhörte.

»Ich rede mit dir! Und wenn ich rede, dann hast du mir gefälligst zuzuhören!«, brüllte sie mich an und wollte mir wieder eine klatschen als Lius Hand ihre umfasste.

»Das reicht, Jane. Schau sie dir doch an. Sie ist doch schon in einer schlechten Verfassung und tot nützt sie uns doch nicht. Vielleicht hatte er ihr was gesagt, wo er sich befindet, aber siehst du nicht, dass sie leicht überfordert ist, da verdrängen viele Menschen wichtige Informationen also lass ihr etwas Zeit und Ruhe. Am besten ist es, wenn du jetzt gehst und wenn sie sich wieder daran erinnert, dann rufe ich dich an.«, meinte Liu streng und zog Jane grob auf ihre Beine, während ich abermals einen Anlauf nahm und mich hinsetzte. Doch dieses Mal klappte es und ich saß zusammen gekauert vor den beiden Mördern, welche mir keinerlei Beachtung senkte. Angestrengt atmete ich ein und wieder aus, da etwas meine Lunge zugeschnürt hatte und ein Druck sich auf meiner Lunge legte. Ich hustete leise vor mich hin um den Knoten aus meiner Luftröhre zu bekommen. Dabei bemerkte ich nicht, dass Liu Jane raus zerrte und die Wohnungstür laut ins Schloss fallen ließ. Als er mich husten hörte kam er mit einem besorgten Blick ins Wohnzimmer zurück und setzte sich vor mich hin.

Ich drückte fest meine Augenlider zusammen und biss mir auf die Lippen. Irgendwann schmeckte ich etwas Eisenhaltiges in meinem Mund. Ich fragte mich wirklich, wie viel Blut eigentlich noch in mir drinnen ist. Soviel Blut wie ich schon verloren habe, bestimmt fast gar nichts mehr. Schwach blickte ich zu Liu auf, welcher mich ausdruckslos musterte. Irgendwann rümpfte er seine Nase und stand auf. Erst dachte ich, dass er aus dem Wohnzimmer gehen würde, da er sich mir den Rücken zudrehte, aber im aller letzten Moment drehte er sich mit einem Seufzer zu mir um und kam auf mich zu. Leicht verwundert und ohne mich zu bewegen beobachtete ich jede einzelne Bewegung von Liu. Er ist eigentlich schon hübsch, auf seiner Art und Weiße, genau wie Jeff. Jeff... Was willst du eigentlich wirklich von mir?, fragte ich mich leicht verzweifelt und zuckte zusammen als ich zwei Hände unter meinen Armen spürte, welche sich um meinen Rücken legten und mich hoch hoben. Auf zitternden Beinen stand ich vor Liu und blickte stumm auf den Boden.

»Ich weiß, dass sagt man eigentlich nicht zu einem hübschen Mädchen, aber... Du stinkst und du solltest duschen gehen, da deine Haare etwas fettig aussehen. Eventuell solltest du dir auch was frisches anziehen.«, meinte Liu mit einem amüsierten, aber dennoch ernsten Unterton. Ich wusste nicht wieso, aber das was er sagte brachte mich zum schmunzeln und mit einem leichten Nicken stimmte ich ihm zu. Doch mein Blick war immer noch auf den Boden gerichtet und vorsichtig, und mit Lius Hilfe, lief ich aus den Wohnzimmer raus, dabei blieb ich kurz bei der Weinflasche stehen und betrachte den Zettel. Immer noch nicht, konnte ich die Schrift auf den Zettel erkennen, aber scheinbar Liu, da ich von der Seite her erkennen konnte, dass er einen leicht wütenden Blick aufsetzte bevor er mich hochhob und ins Bad trug.

»Wenn wir so weiter gehen würden, kämen wir überhaupt nicht mehr am Bad an.«, meinte er monoton und ich glaubte, dass ich einen leicht wütenden Unterton herausgehört hatte. Doch was war mit ihm los? Was bitte stand auf diesen Zettel, dass Liu so reagierte?, fragte ich mich, während Liu mich auf die Kante der Badewanne nieder ließ. Das Bad war relativ klein, aber beinhaltete, genau wie die anderen Räume, nur das wichtigste. Mir gegenüber befand sich das Waschbecken mit einem großen Spiegel, in dem ich mich betrachten konnte und wie Liu recht hatte, klebten meine roten Haare fettig und mit Blut an meinem Gesicht. Auf meiner Kleidung konnte ich neben dem Blut auch etwas von meinem Mageninhalt erkennen. Der Geruch, der von mir ausging, hatte ich schon ausgeblendet als ich mit Jeff redete, aber jetzt machte er sich wieder auf und stieg in meine Nase. Leicht rümpfte ich sie bevor ich mit zitternden Händen nach meinem Oberteil griff. Als Liu das bemerkte, fragte er mich, ob er mir helfen sollte und dankend nahm ich an. Währen ich nicht in so einer Verfassung hätte ich ihn ohne weiteres rausgeschickt, aber ich konnte mich fast kaum bewegen und wenn ich es machte, dann fühlten sich meine Gelenke schwer an.

Während Liu mir half mich auszuziehen, lief schon warmes Wasser in die Badewanne und ich triftete mit meinen Gedanken weg, dabei bemerkte ich nicht, wie die Röte in Lius Gesicht stieg als er mich oben nur im BH sah. Er murmelte etwas nicht Verständliches vor sich hin, was irgendwie in die Richtung >so schön< ging. Doch ich bekam davon überhaupt nichts mit. Ich starrte nur in mein Spiegelbild und versuchte mich wieder an das Gespräch mit Jeff zu erinnern. Er hatte mir noch irgendwas gesagt, dass wusste ich, aber ich konnte mich nicht daran erinnern an was. Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr fing mein Kopf an zu schmerzen und ich riss mich wieder in die Gegenwart, dabei bemerkte ich, dass Liu das Wasser ausgemacht hatte und mir den Rücken zugedreht hatte.

»Ich ähm... Soll ich dir auch helfen ins Wasser?«, fragte er leicht beschämt, aber ich lehnte dankend ab. Meine Stimme hörte sich dabei etwas brüchig an. Doch es interessierte weder Liu noch mich. Liu nickte knapp und lief zur Tür, dort zögerte er kurz und meinte, wenn ich was brauchte, dann sollte ich einfach schreien. Mit einem leisen >Ja< ließ ich ihn wissen, dass ich verstanden habe und Liu verschwand mit einem roten Kopf aus dem Bad. Doch ich bekam von dem allen überhaupt nichts mit. Ich saß weiter auf der Kante bevor ich mich von oben herab betrachtete. Liu hatte mich ganz ausgezogen und um meine Verbände eine Plastiktüte gebunden. Von dem allen hatte ich gar nichts mit bekommen und ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen, dabei strich ich vorsichtig über meine ganzen Wunden am Körper, welche mit Dreck und Blut beschmiert waren.

Nachdem ich öfters mal zusammen gezuckt bin, wandte ich mich zum Wasser und ließ mich ungeschickt reinrutschen. Kaum hatte ich das Wasser berührt, fing meine ganze Haut an zu brennen und ich atmete zischend die Luft ein. Ein Keuchen vor Schmerzen drang über meine Lippen und ich schloss schwach meine Augenlider dabei bemerkte ich, wie etwas Nasses über meine Wangen tropfte. Es war eine Träne und nach einer Träne folgte eine weitere bis ich meine Beine an meine Brust drückte und sie mit meinen Armen noch näher an mich drückte. Mein Kopf legte ich so auf meine Knie, das die Tränen direkt von den Knien abgefangen wurde und so saß ich da uns weinte. Ich blendete alles um mich herum aus, auch dass das Liu sich an die Badezimmertür lehnte und sich an ihr herunter glitt bis zum Boden. Alles war still, nur das Schlurzen von mir hörte man und das zischende Einatmen von mir, wenn ein weiter Schmerz durch meinen Körper fuhr.

Mit der Zeit triftete ich wieder mit meinen Gedanken weg. Doch dieses Mal hörte ich wieder Jeffs Stimme und dieses Mal sagte er mir auch, wo er sich befindet. Sie hatten recht, dass Jeff es mir sagte, aber ich werde es ihnen nicht sagen. Ich werde alleine dahin gehen und Lily zurück holen. Ich werde die sein, die alles beendet und nicht Liu oder Jane.

Ich werde meine Rache an Jeff bekommen.

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