Kapitel 62

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Wolf's Sicht

Nach fast zwanzig Minuten bekomme ich mich endlich wieder ein und löse mich langsam von dem Mädchen, wegen dem ich in innerhalb von drei Wochen mehr geweint habe als die letzten zwei Jahre.

Ihre grünen Augen funkeln, als wir einander angucken und ich kann kaum atmen, als sie mit ihrem Zeigefinger über meine Lippen streicht.

"Hast du es wieder?", fragt Aaliyah sanft, lächelt mich so herzerweichend an, dass ich fast schon wieder anfange zu heulen wie ein kleines Kind.

"Es tut mir so leid, meine kleine Elfe. Ich bin so ein fucking Idiot, es ist nur - du weißt, dass ich dich nur begrenzt um gewisse Dinge gebeten habe und dann seinen Namen auf deinem Display zu sehen hat einen roten Vorhang vor meine Augen geworfen.", erwidere ich ohne wirklich auf ihre Frage einzugehen.

"Du musst dich für nichts entschuldigen, Wolf. Es war meine Schuld.", flüstert sie, spielt mit meinen Fingern und guckt angespannt auf meine Brust.

"Der Unfall war nicht deine Schuld, Aaliyah. Hätte ich anders reagiert und dich nicht nach Hause geschickt, dann würdest du jetzt nicht leiden. Am liebsten würde ich mich selbst umbringen, weil du wegen mir in solch eine Gefahr gekommen bist.", schlucke ich hart, spüre wie der Kloß in meinem Hals immer dicker und ekelhafter wird.

Meine Brust ist so eng, dass ich das Gefühl habe, dass zwischen meinen Rippen und meinem Herzen nur noch wenige Zentimeter sind.

"Hör auf damit, Wolf. Es war ein Unfall und du hattest das Recht so zu reagieren.", ertönt plötzlich Aaliyah's Stimme um einiges strenger als vorher und seufzend fahre ich mir durch die Haare.

"Er ist hier.", murmelt meine Freundin, guckt mir dabei nicht in die Augen und natürlich weiß ich, wen sie meint.

Wenn ich könnte, würde ich Rowan mit einem Telefonkabel ersticken, aber ich habe Ani und Aaliyah versprochen für sie da zu sein.

"Ich weiß, er hat mich auch schon begrüßt. Es interessiert mich nicht, ob er da ist oder nicht. Alles was ich wissen will ist, ob es dir gut geht.", erwidere ich um einiges ruhiger als ich erwartet habe.

Rowan ist einfach ein empfindliches Thema für mich und ich glaube ich werde niemals normal auf die Erwähnung seiner Existenz reagieren.

"Solange du bei mir bist, könnte ich Höllenqualen erleiden und es wäre immer noch schöner, als mit anderen glücklich zu sein.", sagt Aaliyah zu mir, streicht mir meine bereits viel zu lang gewordenen Haare aus dem Gesicht, während ihre Augen vor Zärtlichkeit strahlen.

"Womit habe ich dich nur verdient?", frage ich verzweifelt, küsse ihre Stirn und inhaliere ihren Geruch.

Gerade als ich unsere Lippen zu einem Kuss vereine, wird die Tür aufgerissen und im nächsten Moment lande ich auch schon auf dem Boden.

Warum werde eigentlich immer ich verprügelt, wenn andere es doch viel mehr verdient hätten?

Die Schläge meines Angreifers sind präzise und ich habe das Gefühl, dass seine Rechte so hart ist, dass er mir mit noch einem Schlag den Kiefer bricht.

Als ich es endlich schaffe, die Augen zu öffnen, blicke ich in die blauen Augen von Aaliyah's ältestem Bruder Nathaniel und ich versuche erst gar nicht, meine Verwunderung zu verstecken.

"Nate! Was zur Hölle tust du da?! Geh runter von ihm!", schreit Aaliyah schluchzend und total verzweifelt, weil sie nichts gegen ihren Bruder tun kann.

Ich beobachte wie die Gesichtszüge des jungen Mannes sanfter werden aber nicht die Strenge verlieren und er sich angespannt von mir erhebt.

Der Griff um meinem Arm kommt genau so plötzlich wie der erste Schlag und als ich in die grünbraunen Augen von Mike gucke, muss ich wirklich zweimal hingucken, um mir sicher zu sein.

Der jüngere, ältere Bruder meiner Freundin hilft mir auf die Beine und auch wenn ich noch relativ wackelig unterwegs bin, schaffe ich es, nicht auf den Boden zu kotzen.

"Du wirst nie wieder auch nur irgendwie etwas mit diesem Jungen zutun haben, Aaliyah.", faucht Nate seine kleine Schwester streng an und augenblicklich richte ich mich.

"Du kannst mir nichts verbieten!", ruft meine Freundin nur, weint und lässt ihren Blick immer wieder zu mir gleiten.

"Und wie ich das kann. Er hätte dich fast umgebracht verdammt!", schreit er jetzt noch aufgebrachter, eindeutig provoziert von der Reaktion seiner Schwester.

"Wolf hat nichts damit zutun! Er war nicht Mal im Auto!", zischt Aaliyah und liefert sich ein intensives Blickduell mit Nate.

"Genau da fängt alles an! Er war nicht dabei, er ist erst vier Stunden danach aufgetaucht und du warst auf dem Weg von ihm nach Hause.", "Wir können ja nicht tagtäglich miteinander sein!", brüllt Lia, scheint genau so genervt und wütend wie ihr Bruder.

Ihre Wangen sind beinahe knallrot und ich sehe wie ihre Rechte Hand vor Wut zittert.

"Sie haben dir anscheinend echt eine Dosis zu viel Morphin gegeben. Willst du mich eigentlich komplett verarschen? Seit fast zwei Tagen hängt ihr einander wie siamesische Zwillinge und plötzlich ist er nicht mehr da! Na gut, dann erklär mir, warum zur Hölle er erst fast fünf Stunden danach auftaucht, hm?!", Nate's blaue Augen spucken Feuer, aber ich sehe auch, wie sehr er sich nur um Aaliyah sorgt und deswegen all diese Dinge sagt.

Ich glaube, ich kann ihn da am besten verstehen.

"Er ist ja jetzt hier! Was ist dein Problem?", erwidert Lia streng, seufzt laut und guckt wieder ins Gesicht von Nate.

"Er ist mein scheiß Problem. Die Tatsache, dass er jeden verprügelt, der dir zu nah kommt, aber selbst für deinen fast tödlichen Unfall verantwortlich ist, genau das - ist mein fucking Problem.", faucht er und legt seine brennenden Augen jetzt auf mich.

"Lass ihn in Ruhe, du weißt nicht, was davor passiert ist. Ich habe scheiße gebaut, nicht er.", ertönt Aaliyah's Stimme, als Nate immer näher auf mich zukommt.

"Er war eine Woche lang verschwunden, was hat das mit dir zutun??", zischt er, steht jetzt nur noch wenige Zentimeter vor mir.

Seine Brust hebt und senkt sich unregelmäßig schnell, während ich allein an seiner Haltung sagen kann, wie sauer er ist.

"Du hast eben keine Ahnung, Nate. Lass ihn in Ruhe. Ich war diejenige, die mit Rowan geschrieben und ihm das Herz gebrochen hat. Nicht andersherum.", seufzt Aaliyah beschämt und offensichtlich erschöpft.

"Ist das dein Ernst Aaliyah?? Nachdem was dieser Hurensohn über Mum gesagt hat, hast du immer noch Kontakt zu ihm??", sagt Nate und ich kann regelrecht beobachten, wie seine Wut mir gegenüber langsam verschwindet.

Natürlich hat Aaliyah ihrem ältesten Bruder erzählt, was zwischen ihr und Rowan vorgefallen ist, letztendlich ist er ihr bester Freund und der einzige, mit dem sie über solche Dinge spricht; nach mir.

"Ich war verzweifelt!", ruft Aaliyah und versteckt ihr Gesicht in ihren Händen.

"Ach Schneeflocke..", seufzt Nate, fährt sich durch die Haare und geht dann auf seine kleine Schwester zu.

Er legt seine Arme um ihren Körper und dann flüstern sie sich etwas zu, was ich nicht verstehen kann.

Wenige Minuten spöter, erhebt der beinahe zwei Meter große Chirurg vom Bett und kommt auf mich zu.

"Tut mir leid, Wolf.", murmelt er kur, reicht mir die Hand und nickt.

"Ich verstehe dich, eigentlich müsste ich dir danken, weil ich das echt verdient habe.", erwidere ich angespannt aber irgendwo auch total glücklich.

Wenn Aaliyah wirklich nicht mehr mir gehören würde, dann wüsste ich nicht, was mich noch auf den Beinen halten könnte.

Natürlich gibt es die Kids, aber Aaliyah spielt eben auch eine riesige Rolle.

Ich bin einfach nur froh, dass es ihr gut geht und tief in mir drinnen, danke ich Gott für jede Sekunde.

MY BADBOYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt