Kapitel 70

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Aaliyah's Sicht

Die Müdigkeit die mich überkommt, nachdem ich es endlich geschafft habe, Mike ins Bett zu bringen, ist beinahe schon schmerzvoll und als ich auf die Uhr gucke, erreicht der Zeige gerade die Zwölf und es schlägt Punkt vier Uhr morgens.

Meine Gedanken sind zu voll, um jetzt wieder einzuschlafen, denn letztendlich habe ich gestern meine Jungfräulichkeit verloren und das an einen Jungen der mich liebt, aber irgendwas tief in mir drinnen fühlt sich komisch an.

Der Sex war wunderschön und ich weiß mit Sicherheit, dass es mit keinem anderen so ein tolles Erlebnis gewesen wäre, aber wenn ich daran denke, dass Wolf und ich uns erst seit ungefähr zwei Monaten kennen, dann komme ich mir schon etwas nuttig vor.

Ich liebe ihn und ich bin froh, ohne Zweifel behaupten zu können, dass auch er mich liebt aber die Tatsache, dass wir bereits so früh miteinander geschlafen haben, stört mich.

Wenn es doch nur ein paar Monate später passiert wäre, dann wäre ich glaube ich mit meinem Gewissen im Reinen.

Schon immer habe ich mir geschworen, nicht zu früh mit meinem Freund zu schlafen und irgendwann habe ich mir sogar eingeredet, bis zur Ehe keinen Sex zu haben und hier bin ich nun.

Ich habe irgendwie ein schlechtes Gewissen, weil Wolf jetzt ohne mich aufwachen wird aber irgendwo bin ich auch so froh, denn nach diesem intensiven Erlebnis mit so vielen, verschiedenen Emotionen auf einmal, wird mir die Ruhe wahrscheinlich sehr gut tun.

Während ich seufzend meinen Kaffee trinke und abwesend meine Serie gucke, erreicht mich wie aus dem Nichts, Wolf's Geruch und mit dem einatmen des Duftes, erfüllt Sehnsucht meinen Körper.

Am liebsten würde ich jetzt zu ihm fahren, mich in seine Arme kuscheln und meine Nase in seiner Halskuhle verstecken, aber ich kann Mike nicht alleine lassen.

Ich habe ihm versprochen, bei ihm zu sein, wenn er aufwacht und nach all den Tränen die er in der letzten Stunde vergossen hat, werde ich ihn nicht mit meiner Abwesenheit enttäuschen.

Es hat mir das Herz gebrochen ihn so zu sehen und noch mehr die Tatsache, das sich irgendwo Schuld an seiner Gefühlslage habe, aber ich weiß auch, dass uns beiden klar ist, dass nicht nur einer von uns Schuld ist.

Je länger ich an meinen Bruder denke, desto mehr schweife ich ab und irgendwann lande ich dann wie immer bei meiner wunderschönen Mutter.

Als ihr einzigartig schönes Gesicht vor meinen Augen scharf wird, seufze ich traurig und lächle schief, während ich den Anblick genieße.

Wenn ich an ihren grausamen Tod denke, spüre ich, wie Schmerz und pure Leere meinen Körper füllen, denn sie hatte das einfach nicht verdient.

Sie hat so vielen Menschen das Leben gerettet und wurde dann derartig bestraft.

Die Art wie sie sich bei mir verabschiedet hat, sodass ich es nicht mitbekomme, aber dennoch fühle, dass sie geht, werde ich niemals vergessen.

Sie legte ihre Augen in meine, lächelte sanft und sagte mit ihrer ruhigen, wunderbaren Stimme:

"Irgendwann wirst du jemanden finden, der dich genau so sehr liebt wie du es brauchst, denn das ist es, was du verdienst. Du bist so wunderschön, Snow, dass dein Charakter sich in deinem Aussehen widerspiegelt. Ich bin so stolz auf dich und alles was du tust, dass ich es kaum in Worte fassen kann. Du bist mein kleines Wunder und ich danke Gott jeden Tag für deine Existenz. Bitte, vergiss das niemals und sei nicht all zu streng mit deinen Brüdern, sie sind eben auch nur Männer. Das Wort "lieben" kommt nicht annähernd an das Ausmaß an Liebe, das ich für dich und deine Geschwister empfinde, aber du wirst mich verstehen, wenn du eines Tages auch das Gefühl des Mutterseins erleben darfst, aber bis dahin werde ich wohl damit auskommen müssen. Ich liebe dich, mein Engel."

Der Gedanke an diese Worte und die Tatsache, dass sie nur zwölf Stunden danach gestorben ist, zerstört mich und spielt regelrecht mit meiner Psyche, als wäre ich eine Schachfigur.

Meine Brust schmerzt und die Wellen der Qual überrumpeln mich, bringen mich zu Boden und scheinen mich zu ertränken, sodass ich nur im Unterbewusstsein mitbekomme, wie es klingelt.

Die Tränen brennen wie Säure auf meiner Haut und ich range so vergeblich nach Atem, dass ich mir vorkomme wie ein kleines Kind, das neu das Schwimmen lernt.

Total in Trance wische ich mir die Feuchtigkeit von den Wangen, bevor ich mich erhebe und zur Tür laufe.

Als ich sie öffne, strahlen mich grüne Augen an und so als würde er mir mein Leben retten, greift Wolf nach meinem Arm, bevor er mich an sich zieht und mit einem erleichternden Seufzen seine Nase in meiner Halskuhle vergräbt.

Ich bekomme Gänsehaut am ganzen Körper und merke, wie ich langsam wieder zu mir komme, genieße es, endlich wieder Luft zu bekommen und dann auch noch den Geruch meines Lebens einatmen zu können.

Meine Hände gleiten unter den Stoff von Wolf's dickem Sweater, denn die Sehnsucht nach dem Gefühl seiner nackten Haut, treibt mich in den Wahnsinn, sodass ich es nicht mehr länger aushalte.

Mein erster Kuss entfernt sich von mir, schließt die Tür und guckt dann an mir herunter.

Seine Haare sind noch ganz zerzaust und auch seine Haltung werden von Schlaftrunkenheit geprägt, während seine Augen vor Erleichterung und Verlangen nur so funkeln.

Er legt seine kalten Hände an meinen Hals, drückt mich an die Wand und vereint dann unsere Lippen zu einem mehr als leidenschaftlichen Kuss.

Wolf stöhnt so hungrig in meinen Mund, dass sich mein ganzer Körper anspannt und mein Unterleib sich zusammenzieht.

Ich versuche krampfhaft, seinen wilden Küssen entgegenzukommen, aber so wie immer übernimmt er auch dieses Mal die Führung; saugt hier, beißt dort, knabbert da.

Mein ganzer Körper steht in Flammen, während eiskalte Schauer meinen Rücken bedecken und ich erneut nach Atem range.

Genau so abrupt wie er begonnen hat, hört er auf und löst sich von mir, presst seine Stirn an meine und guckt mir tief in die Augen.

"Warum bist du hier?", fragt er atemlos, leckt sich über seine geschwollenen Lippen und der Anblick lässt mich aufstöhnen.

"Mike ist - betrunken und ich habe ihn abgeholt, um ihn nach Hause zu fahren.", antworte ich schluckend, kralle meine Finger in seiner Hüfte fest und reibe mich unauffällig an der Beule in seiner Hose.

"Also bereust du letzte Nacht nicht?", ertönt seine raue Stimme nervös und verwirrt lasse ich meinen Blick in seine Augen gleiten.

"Nein, natürlich nicht. Wie kommst du denn darauf?", frage ich schluckend.

"Du bist nicht neben mir aufgewacht und keine Ahnung. Ich hatte plötzlich Panik, weil du nicht da warst und es schon so früh passiert ist.", flüstert Wolf besorgt, zieht seine Augenbrauen zusammen und guckt mich streng an.

"Ich liebe dich, Wolf und jede Sekunde dieses tollen Erlebnisses. Mach dir keine Sorgen, okay?", sage ich angespannt, küsse seine Nasenspitze und seufze leise.

"Ich liebe dich, Aaliyah, so sehr, du hast ja keine Ahnung.", schluckt Wolf und umarmt mich wieder, sodass die Sorgen von vor ein paar Minuten wie weggeblasen sind.

MY BADBOYWo Geschichten leben. Entdecke jetzt