Kapitel 2 - Angriff der Moordots

41 6 2
                                    

„Was ist mit meinem Kind los?" brüllt Harry Lilly ungeduldig an, und eine deutliche Aufregung, ja beinahe nachvollziehbare Angst ist seiner Stimme zu entnehmen.

Auch Sophie, die nach der Entbindung naturgemäß noch völlig erschöpft ist, verspürt intuitiv sofort, dass etwas mit ihrem Kind nicht in Ordnung ist und blickt voller Sorge zu Lilly.

Lilly hält immer noch das kleine, zerbrechlich wirkende Mädchen in ihren Händen, während Amelia mit einem kleinen, scharfen Messer die Nabelschnur durchtrennt. Anschließend packt Lilly das Baby an den Füssen, lässt es danach kopfüber baumeln und gibt ihm mit der Hand einem leichten Klaps auf den Po.

Nichts – kein Schrei, keinerlei Reaktion!

„Normalerweise sollte das Baby nun atmen" stellt Lilly leise, nur zu sich selbst gerichtet, fest und ist ebenfalls ziemlich verunsichert. Sie spürt einen Hauch von Panik in ihr aufsteigen und schlägt nochmals mit der Hand auf den Po, dieses Mal energischer und beobachtet kummervoll den Säugling.

Endlich der erhoffte Schrei!

Eine spärliche Menge an Flüssigkeit tropft dem Baby dabei aus dem Mund, aber alle im Raum Anwesenden spüren, wie ihnen ein großer Stein runter fällt – das Kind schreit abermals und atmet selbständig. Lilly nimmt das Mädchen und legt es Sophie behutsam auf ihre Brust, um es anschließend mit einer Decke zu wärmen.

„Na Lena, willkommen auf dieser Welt" flüstert die Mutter ihrem Baby zu und fährt ihr sanft über die Wange. Das stolze Strahlen in ihren Augen verstärkt sich zunehmend, als sie feststellt, dass Lena weiterhin ruhig und gleichmäßig atmet.

Harry steht direkt daneben und streichelt ebenfalls seine Tochter voller Hingabe. „Du bist das schönste Mädchen im ganzen Universum" drückt er seine Glücksgefühle aus und küsst Sophie leidenschaftlich. „Ich liebe dich Sophie, aber künftig musst du mich mit einer anderen Frau teilen."

Die letzten Nebelschwaden haben sich an diesem Morgen endgültig aufgelöst und eine angenehme Wärme breitet sich allmählich im ganzen Dorf aus. Jury kommt soeben fröhlich pfeifend den Weg vom Fluss rauf und hat über seine Schultern lässig zwei Säcke geworfen. Er sieht schon von weitem, Michelle vor dem Haus von Lilly und Nigel mit dem kleinen Sam stehen und macht sich auf seine typische Art bemerkbar. Insgesamt haben sie in den letzten Monaten fünf derartiger Holzhäuser für ihren Wohnbedarf errichtet, nur das gut erhaltene Steinhaus wurde lediglich geringfügig adaptiert und wird nun als Gemeinschafts- und Vorratshaus genützt.

Michelle dreht sich auf seinen Pfiff hin um und winkt ihm gleichmütig zu. Vermutlich wieder Fisch, nahezu täglich steht das gleiche am Speisplan, denkt sich Michelle frustriert, aber es gibt keine Alternative, denn bisher wurden keine geeigneten Lebewesen zum Verzehr entdeckt. Auch Tuffel hat Jury entdeckt und läuft ihm tollpatschig, aber erstaunlich schnell entgegen. Jury stellt darauf hin die Säcke auf den Boden, wodurch sie sich am oberen Rand öffnen und einen unangenehmen Fischgeruch freisetzen. Tuffel hat sich ihm zu Füssen geworfen und streckt voller Vorfreude seine 6 Beine nach oben, um sich auf der Unterseite kraulen zu lassen. Jetzt kann man auch sein rundes Gesicht mit seinen blauen Augen und der kleinen Stupsnase erkennen und es grinst Jury unwiderstehlich an.

Jury bückt sich, krault Tuffel, der sofort wieder hörbar zu Schnurren beginnt und erkundigt sich unterdessen bei Michelle. „Ich habe vorhin Schreie gehört, habe ich etwas verpasst."

„Sophie bekommt gerade ein Kind" entgegnet sie ihm und lauscht darauf hin einen Moment in die nun eingetretene Stille. „Aber vielleicht ist das Kind inzwischen schon da."

Michelle nimmt Sam, der immer noch friedlich schläft, aus der Wiege und gesellt sich zu Jury, den Tuffel mit seinen Beinen fest wie eine Klette umschlingt. Da spürt sie auf einmal, wie ihr schlecht zu werden droht. Der Fischgeruch fühlt sich für sie unerträglich an und zwingt sie sofort zum Würgen.

Der Kampf der letzten MenschenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt