Scheiß Meeting!

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Verschlafen tastete ich nach meinem Handy. Seufzend setzte ich mich auf. Scheiß Montag! Scheiß Job! Ich quälte mich aus dem Bett. Karlcheln grummelte leicht, als ich die Decke zurück schlug, sprang dann aber auf und sprang freudig an mir hoch. "Karlchen! NEIN!" schnautzte ich ihn an und mein Sensibelchen sah mich an, als hätte ich ihm die Todesstrafe angedroht. Ich schob ihn sanft zur Seite und ging über den Flur ins Badezimmer. Frühstücken brauchte ich nicht. Das hatte ich zumindest beschlossen. Ich machte mich soweit fertig und ging dann wieder zurück ins Schlafzimmer. Mein Blick wanderte über die ganzen Kleider und Blusen von namen haften Designern. Ich hasse sie! Alle erwarten von einem, als Frau in einer Führungsposition, dass man immer perfekt aussieht. Make-Up on fleek, aber trotzdem seriös, ebenso die Klamotten immer perfekt und tadellos. Ich zog ein rotes Etuikleid raus. Wie viel es gekostet hat weiß ich schon gar nicht mehr, das war eigentlich ein gutes Zeichen. Schmuck technisch beschränkte ich mich auf das Wesentliche. Bevor ich aus der Tür ging sah ich noch einmal in den Spiegel auf dem Flur. Das war nicht ich. Ich erkannte mich selbst nicht mehr wieder. Ich seufzte. Sklavin der Gesellschaft genau das bin ich. Sklavin der Männerdomäne. Ich musste schmunzeln, als ich einen Zettel am unteren Spiegelrand fand. "Let them see your fangs". Jo's Handschrift. Ja ich werde ihnen im heutigen Meeting zeigen, dass ich vielleicht jung und eine Frau bin, aber keinesfalls dumm. 

Das hat Jo so an sich, auch wenn er nicht da ist bring er mich zum schmunzeln und macht mir in vielen Dingen einfach Mut. Ich freute mich darauf ihn heute Mittag zu sehen. Am liebsten hätte ich ihn jeden Tag um mich, aber es ist besser so wie es momentan ist. Ich hier, er dort. 

Draußen begegnete ich, als erstes meinem Pferdepfleger. "Guten Morgen" wünschte er mir im Vorbeigehen. "Morgen" entgegnete ich und fragte "War heute Nacht alles im Stall ruhig?". Er nickte "Ja und es geht allen gut. Wann wollen sie heute Abend reiten?". "Ich denke ich werde gegen sieben wieder da seien. Machen sie mir bitte Jewel fertig und als nächsten Storm. Goldie hat heute frei, ebenso Devil und Prince." wieder nickte er und notierte sich das auf einem Zettel. "Bis heute Abend" sagte er noch und machte sich dann auf den Weg in den Stall. 

Ich war froh nicht zu erst Grandma begegnet zu seien. Sie hätte nur wissen wollen ob ich gefrühstückt hatte, dann wäre eine Predigt gefolgt. Über meine Laune, über meine Essgewohnheiten oder einfach nur über meine fehlende Begeisterung für den Job den ich mir selber ausgesucht hatte. 

Im Büro begrüßte mich, als erstes meine Assistentin. "Guten Morgen Frau Stüwe. Kaffee steht schon auf ihrem Tisch. Das Meeting fängt in 10 Minuten an. Es werden alle Vorstände der Tochterfirmen da seien. Ich sollte sie außerdem daran erinnern, dass sie in den nächsten drei Wochen niemanden feuern wollten." "Danke Laura." murmelte ich und öffnete die Tür zu meinem Büro. 

Das einzig schöne an diesem Raum ist die Aussicht. Durch die Panoramafenster kann man die Elbe und Teile des Hafens sehen. Ich ließ mich auf meinen Stuhl sinken und schaltete den Computer an. Wie jeden Morgen Mailschecken, bevor das Meeting anfangen würde. Ich nahm einen Schluck von meinem inzwischen schon lauwarmen Kaffee. Nervös trommelte ich mit den Fingern auf der Tischplatte rum, während sich das die neuen Mails noch luden. Ich könnte sie jetzt eh nicht alle lesen! Ich hatte gerade einmal die erste gelesen, da lugte Laura auch schon durch die Tür. "Sind sie soweit? Die Herren sind da". Ich atmete tief durch und stand auf. Noch einmal strich ich den Stoff meines Kleides glatt und straffte die Schultern. Du bist stark, du bist selbst bewusst. 

Mit ruhigen und kontrollierten Schritten betrat ich den Konferenzraum. Bloß keine schwäche zeigen! Trotzdem wurde ich von den Wartenden mit einem geschmacklosen Kommentar empfangen "Na endlich, hat das Lippenstift nachziehen so lange gedauert?". Ich zog bloß die Augenbrauen hoch und meinte kühl "Meine Herren etwas mehr Professionalität, wie alt sind sie 13 und mitten in der Pubertät? oder über 30? Will sonst noch wer einen geschmacklosen Kommentar loswerden? Wir haben nicht ewig Zeit!" Ich ließ mich betont langsam auf meinen Stuhl vor Kopf nieder. Ich hatte ihre volle Aufmerksamkeit. "Bilanzen?" ich sah in die Runde. Alle samt deuteten auf einen Starpel Papiere vor mir. "Marketingabteilung anwesend?" alle Herren guckten Ratlos. Laura beugte sich zu meinem Ohr "Herrn Moosbacher haben sie mit der Begründung seine Marketingansätze wären genauso veraltet, wie sein Weltbild letzte Woche rausgeschmissen. Das Nachfolger wird noch gesucht".  Ich atmete tief durch. Wie konnte ich das nur vergessen? "Ist das nicht vielleicht doch eine Nummer zu groß für sie, wenn sie sich das noch nicht einmal merken können wen sie raus geschmissen haben?" stichelte sofort einer der Anwesenden. Ich ignorierte diesen Satz. Auch wenn er mich getroffen hatte. "Irgendwelche Veränderungen? Positiv, negativ?" Ich sah kühl in die Runde. "Die Rederei macht große Fortschritte mit dem momentanen Auftrag. Wir werden auf jeden Fall pünktlich bis zur Auslieferung fertig." meldete sich der erste zur Wort. "Herr Paulsen, Rederei Stüwe CEO" flüsterte Laura. "Danke Herr Paulsen." meinte ich und warf Laura schnell einen dankbaren Blick zu. Ohne sie wäre ich aufgeschmissen. "Weiter!" "Mit unserem Dock sieht es leider nicht so gut aus" murmelte der Herr neben Paulsen. "Was?" ich sah ihn entrüstet an "Die Chinesen machen uns das Geschäft kaputt!" meint er Kleinlaut. Ich atmete hörbar aus"Weiter!". "Die Spedition hat momentan genug Aufträge, aber wir brächten, wie ich letzte Woche schon erwähnt habe ein paar neue Lastwagen und einige Alten müssten aussortiert werden." "Wie viel?" er sah mich verwirrt an. "Was wie viel?" "Wie viel Geld benötigen sie?" "Vielleicht eine halbe Millionen" "Laura aufschreiben, genauso wie die Besetzung der Marketingabteilung. Weiter!" "An der Börse sieht es auch gut aus..." ich unterbrach den sprechenden "Mehr muss ich nicht hören! Weiter" "Die Restaurants und Hotels laufen gut, besonders das vier Sterne Hotel am Hafen." "Sehr schön" Kopfschmerzen machten sich bemerkbar. "Irgendetwas was noch geregelt werden muss?" ich fing an meine Schläfe zu massieren in der Hoffnung der Kopfschmerz würde verschwinden. "Haben sie Stress? Laut dem Wikipediaeintrag zu ihnen sind sie ja in einer Beziehung zu einem gut-verdienenden Architekten. Glauben sie nicht heiraten und Kinder bekommen wäre eine bessere Idee, als einen Megakonzern mit vielen Tochterfirmen zu leiten, besonders in ihrem noch so jungen Alter." Ich starrte entrüstet den Herren an der das gesagt hatte. "Was haben sie da gesagt? Raus hier! Alle raus!" der Kopfschmerz und dieser Kommentar hatten mich nun doch ausrasten lassen. "Laura, sie bleiben hier!" sagte ich noch schnell bevor auch sie aus der Tür verschwinden konnte.

Ich atmete tief durch. Alles gut! Alles ist gut! Ich schnappte mir die Papiere und fing an sie durchzugehen bis 12. Um 12 verließ auch ich den Raum und machte mich auf den Weg nach unten. Jo hatte mir schon geschrieben, dass er auf mich warten würde. Zum Glück! Er war jetzt genau die Person die brauchte! Er würde mich wieder beruhigen! Mich von diesem Scheiß Meeting ablenken.  

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