Kapitel 4 [1. Fassung - Archiv]

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Amanda

Aller Anfang ist schwer, sagte man früher. Doch Amanda war bewusst, dass der Start der Viridity beinahe unmöglich war. Wenn der Boden unter einem ständig drohte nachzulassen, war es nicht leicht positiv zu bleiben. Zugegeben, sie hatte ihr Maul ganz schön weit aufgerissen, als sie behauptete diese Mission leiten zu können, dennoch war sie fest von sich und ihrem Erfolg überzeugt. Und selbst wenn sie es nicht wäre, würde ihr Ego das niemals zugeben. Eher würde sie mit diesem Schiff untergehen.

Die Brücke füllte sich langsam mit Leuten. Normalerweise handelte es sich dabei um geübte Offiziere, an diesem Tag waren es weder geübte Fachkräften, noch Offiziere, nur Taugenichtse, wie Amanda sie bezeichnete. Das ganze erinnerte sie ein wenig an eine Klassenfahrt, die schiefgegangen war. Hilflos sah sie zu wie  Kadetten auf der Brücke herum gingen und sich miteinander unterhielten, als wäre es ein ganz normaler Tag an der Akademie. Womöglich ein Prüfungstag, dann waren immer alle ganz aus dem Häuschen. Man konnte ihnen die Aufregung nämlich deutlich ansehen. Aufregung verspürte auch Amanda, ständig blickte sie auf die antike Uhr, die ihr linkes Handgelenk zierte. Jedoch hing ihr das Ticken schon zu den Ohren raus. Die Idee das alte Ding aus der Luftschleuse zu katapultieren schien ihr gar nicht mehr so abwegig. 

"Bitte um Erlaubnis die Brücke betreten zu dürfen." Eine raue Stimme erklang hinter Amandas Rücken, am Eingang der Brücke. Das erste Mal dass an diesem Tag jene Worte fielen. Doch erst hörte es niemand, Amanda war zu sehr auf ihr inneres Gejammer fixiert und die Brückenmitglieder immer noch in ihre aufgeregten Gespräche vertieft. Der Mann am Eingangsportal räusperte sich erneut, sein Gesicht angespannt, versucht die Fassung zu verlieren, als sein Blick über die Brücke flog. "Bitte um Erlaubnis die Brücke betreten zu dürfen" , stieß er erneut unter Zähneknirschen hervor und diesmal war es mehr als laut genug. Es führte zu dem Effekt, dass sich beinahe Alles zu dem Neuankömmling umdrehte und ihn mit gehäuselten Blicken durchlöcherten.

 Auch Amanda hatte ihren Blick auf den Mann gewandt. Ihr Gesicht fiel. "Captain Ceros?" Ungläubig erhob sie sich von ihrem Stuhl. Ungläubigkeit und Überraschung stauten sich zu gleichen Teilen in ihr an.
"Commander Ceros", korrigierte James sie, während sich der Ansatz eines verfälschten Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete. Obwohl er normalerweise gerne im Rampenlicht stand, fühlte er sich leicht unwohl, als die Blicke der gesamten Brücke auf ihm lagen. Er fühlte sich seltsam, entblößt. Dennoch blieben seine Gedanken unlesbar, lediglich eine seiner Augenbraue zog sich nach oben, als Amanda ihn immer noch entgeistert anstarrte. 

Die junge Frau füllte sich durch die Präsenz des erfahreneren Offiziers bedroht. Sie wollte Ceros nicht auf ihrem Schiff. Zum einen, weil sie fürchtete er wolle ihr des Kommandos berauben und zum anderen bestand noch dieses gewisse Risiko. Sein Ruf und seine Taten eilten dem ehemaligen Captain voran und die Bewunderung die selbst Amanda einmal für ihn empfand, war seit mehr als zwei Jahren erloschen. Es kostete sie all ihre Überwindung, ihm die Erlaubnis zu erteilen die Brücke betreten zu dürfen.

Mit einem suspekten Gefühl ließ sich Amanda zurück in den Captainsstuhl sinken. Ihr Blick noch auf Ceros ruhend, der sich nun ebenfalls vor einer Station niederließ und sich einrichtete. Was wollte er hier? Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass James Ceros sich für eine Rettungsmission interessierte. Noch dazu wo er doch Captain der Querencia war. Ein weitaus schöneres Schiff, eine herausragende Crew und die oberste Führungsposition würde Amanda sich niemals nehmen lassen, hätte sie je so eine Position gehabt. Gewissermaßen war sie auch neidisch. Diese Missgunst würde ihre Zusammenarbeit bestimmt nicht fördern, aber das kümmerte sie herzlich wenig. Eigentlich wollte sie ihn nur so schnell wie möglich loswerden, aber das lag wohl nicht mehr drin, denn die Stunde der Wahrheit hatte geschlagen.

"Alle Systeme bereit, Captain. Warten auf weitere Anweisungen." Amanda blickte von dem Balkon hinunter, auf dem sich der Sitz des Captains befand. Ihre Arme auf das Geländer gestützt und einem Glänzen in den Augen, erteilte sie weitere Anweisungen. "Antrieb aufladen. " 

"Bereit Gas zu geben, Captain", informierte einer der Piloten selbstzufrieden. "Gut, Kupplung lösen." Ein Ruck ging durch das Schiff. "Ay, Kupplung gelöst ."

Amandas Unruhe hatte sich gelegt, das Problem Ceros war erstmal vergessen, sie konzentrierte sich einzig und alleine darauf die Viridity zum Laufen zu bringen. "Mr. I'kay." Ein junger Mann, anfangs zwanzig, drehte sich auf seinem Stuhl und sah fragend zu ihr hoch." Ye Ma'am?" Sein starker marsianischer Akzent brach seine eingeübte Förmlichkeit. "Geben sie Schub." Der Pilot nickte und starrte einen Moment ratlos die vielen Hebel an, dann entschied er sich aber für einen und legte ihn um. 

Die ersten paar Sekunden geschah nichts, dann begann die Brücke fürchterlich zu vibrieren. Eine Kaffeetasse glitt zu Boden und ging mit einem fürchterlichen Klang zu Bruch. Ein schriller Ton erfüllte den Raum, verstummte so schnell wie er gekommen war. Ein weiterer Ruck durchzog das Schiff, als es sich holpernd in Bewegung setzte. Die Sicherheit des Raumhafens ließen sie hinter sich, vor ihnen die unendlichen Weiten des Universums.

Amanda erfüllte bereits die Hoffnung, das es dabei bleiben würde, doch dann kippte das Schiff nach links ab und die künstliche Schwerkraft beförderte sie zu Boden. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Sep 29, 2019 ⏰

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