Als ich aufwachte, war die beruhigende Wärme wie vergessen. Stattdessen hatte sich die Kälte der Nacht an ihre Stelle geschlichen und ich lehnte an der harten Rinde eines Baumes.
Ich stöhnte leise, als sich die Erlebnisse des gestrigen Tages bemerkbar machten: Rückenschmerzen und meine geschundenen Rippen waren auch nicht gerade angenehm.
Ich zwang mich, meine Augen zu öffnen, damit ich vielleicht wenigstens eine klitzekleine Ahnung hatte, wo ich mich befand. Vergeblich.
An die Lichtung erinnerte ich mich noch gut, nur dass sie gestern in dem Spiel der Schatten furchteinflößender gewirkt hatte. Was mich keines Falls störte.
Ich war gerade sowieso gegen alles, was mich aufregen könnte.
Und deshalb zuckte ich auch so dermaßen zusammen, als sich plötzlich ein mir völlig fremder Typ vor mich kniete.
Okay. Nicht völlig fremd. Ich erkannte diese strahlenden blauen Augen sofort wieder. Seine dunklen Haare waren zerzaust und standen zu allen Seiten ab, was ihn noch besser aussehen ließ.
Es war der Junge von gestern. Der, der von Lucas die Aufgabe bekommen hatte, mich verdammt nochmal nicht irgendwo anders hinzulassen, als zu mir nach Hause.
Wieso zum Teufel brachte er mich dann noch tiefer in den Wald, als ich eh schon war?!
Ich schluckte und rutschte noch weiter an den Baum heran, was meinen Körper protestieren ließ, als er sich langsam aufrichtete und mir seine Hand anbot.
Ich ignorierte sie gekonnt und stand dann mühevoll alleine auf, was den Typen zum Seufzen brachte.
"Yale.", sagte er mit rauer Stimme.
Anscheinend war er auch gerade erst aufgewacht.
"Okay, und was soll das jetzt sein? 'Yale'?" Ich wusste wirklich nicht, was ich mit diesem Wort anfangen sollte. Aber vielleicht war es auch nur der Verdienst meines eingefrorenen Hirns, das meinen Verstand beträchtlich benebelte.
"Das ist mein Name. Ich heiße Yale.", stellte der Typ klar und schaute mich so an, als hätte ich einen Dachschaden. Okay, vielleicht war ich wirklich auf dem Weg, verrückt zu werden?
Ihr kennt ja meine Theorie mit der Zwangsjacke.
Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen, als ich darüber nachdachte, dass eigentlich alles hier beschissen war.
Klar, vielleicht lag das auch an meiner Einstellung, alles zu verabscheuen, was anderen Freudentränen in die Augen treiben würde. Aber so war ich nun mal.
Das Mädchen, dass sich noch nicht mal darüber freuen konnte, wenn andere Erfolg hatten. Diejenige, die immer versuchte, gefühlskalt zu bleiben, weil ihr Gefühle sowieso nichts anderes als Verletzlichkeit an den Hals hängten.
Und das durfte ich ausgerechnet von Lucas lernen.
Augenblicklich verschwand meine spöttische Miene und ich kniff meine Lippen zu einer geraden Linie zusammen. Ich hasste ihn. Er war es nicht wert, dass ich über ihn nachdachte. Außerdem wurde ich mit den Gefühlsdingern wieder verletzlich, die mich bei den Gedanken an ihn übermannten.
Und jetzt stand ich hier - mit seinem Freund, der wahrscheinlich nur darauf wartete, dass Lucas aus dem Gebüsch sprang, und mich mit seinem Speer durchbohrte. Das gleiche Spiel nochmal. Und *cut* Klappe die zweite!
Echt, mein Leben könnte wirklich ein schlechter Film werden, ich fing ja schon innerlich mit den Dreharbeiten an.
Ich verdrehte die Augen und ließ mich wieder unbewusst gegen den Baum sinken, vor dem ich immer noch stand.
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Fatality
FantasySie zeigt sich, wenn du sie brauchst. Wenn deine Gefühle sich überschlagen und du die Kontrolle über deine Instinkte verlierst. Eigentlich will sie nur helfen, doch sie macht dir, verdammt nochmal, manchmal das Leben zur Hölle. Denn durch sie werden...