5 - Aufenthalt

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Ich wurde sanft von den Sonnenstrahlen geweckt, die sich durch die Gardinen schlichen. Ich kniff die Augen vor dem blendenden Licht zusammen. Reflexartig dachte ich darüber nach, was am vorherigen Abend passiert war. Die Träne waren kurz davor mir erneut in die Augen zu steigen. Warum machte mich das so unglaublich fertig? Ablenkung. Ich griff zu meinem Handy. Es war 7:13. In ein paar Minuten hätte mein Wecker geklingelt. Ich musste so oder so aufstehen. Zögernd richtete ich mich auf. Ich hatte noch die selben Klamotten wie gestern an, ich war wohl direkt eingeschlafen. Ich stand auf und zog die Gardinen zurück, um die Balkontür zum Lüften zu öffnen. Unbewusst sah ich zu Taes Balkon. Die Gardinen waren offen, ich hatte vergessen sie gestern zu schließen. Er schlief wahrscheinlich noch. Ich fuhr mir durch die Haare und beschloss mich erstmal fertig zu machen. Langsam schlurfte ich ins Bad. Ein Blick in den Spiegel bestätige meine Vermutung. Ich sah furchtbar aus. Mein Augen waren noch leicht geschwollen, meine Haare standen in alle Richtigungen ab und waren teilweise sogar verknotet. In der Hoffnung, dass Hoseok heute nicht reinplatzen würde, ging ich duschen. Nachdem ich mich aus meinen Klamotten gekämpft hatte, drehte ich vorsichtig den Wasserhahn auf. Das kalte Wasser lief über meine Haut und beruhigte meinen Kopf ungemein. Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen. Heute war das Motto Shooting mit Tae. Das konnte ja nach gestern nur gut laufen. Hoffentlich war nicht enttäuscht. Ich bekam BamBams Nachricht nicht aus meinem Kopf. Wenn er darüber nicht mal einen schlechten Witz gemacht hat, um Tae aufzumuntern, musste die Sache echt ernst sein. Ich massierte wahllos ein Shampoo in meine Haare ein. Nachdem ich es ausgewaschen hatte stellte ich das Wasser wieder ab. Statt erwarteter Stille wurde das Prasseln des Wassers von Hoseoks Lachen oder eher Schreien abgelöst. Ich dachte an den gestrigen Morgen zurück. Wir waren wirklich erst einen Tag hier. Es war viel zu viel passiert. Ich trocknete meine Haare und warf mich in T-Shirt und Jogginghose. Nachher musste wir ja eh etwas anderes anziehen. Als ich daran machte mein Zimmer wieder von Taes gestriger Aktion aufzuräumen, klopfte es an der Tür. Seufzend wandte ich mich von meinem Bett ab und öffnete die Tür. Davor stand Namjoon. Ich hob eine Augenbraue an und gähnte. "Tschuldige, hab ich dich geweckt?" Ich schüttelte den Kopf. Er fuhr fort: "Ich wollte nur Bescheid sagen, dass du nachher mit Jungkook zum Motto Shooting gehst. Die Manager haben sich wohl unentschlossen."
"Oh. Nicht schlimm", nuschelte ich und wollte die Tür wieder schließen, aber Namjoon hielt sie auf. "Es ist nicht mehr lange bis zu den Promotions, bis dahin musst du oder müsst ihr euch wieder ein bekommen, ja?" Sein Blick war ernst. Er hielt es nicht für nötig Taes Namen auch nur zu erwähnen.
"Wir schaffen das schon", gab ich ein bisschen krächzend von mir. Er nickte nur und seufzte.
"Ihr seid die ersten, also beeil dich und iss noch was!", sagte er und versuchte mir aufmunternd zuzulächeln. Ich lächelte zurück. Ich wollte nicht seine Laune vermiesen, nur weil ich nicht gut drauf war. Er wandte sich ab und schloss die Tür. Erneut hörte man Hoseok Lachen. Ich ging zur Balkontür und sah ihn auf Taes Balkon sitzen, während Tae mit dem Rücken zu mir auf dem Geländer saß. Hoseok entdeckte mich sofort und rief aufgeregt: "Ich habs gefunden, Hyung!"
Ich winkte ihm zu und setzte mein müdes Lächeln auf. Er musste gestern Abend echt ziemlich verwirrt und müde gewesen sein. Irgendwie war ich ihm ein bisschen dankbar. Irgendwann musste ich darüber nachdenken, was Tae für mich war. Ich wusste, dass er es nicht erwidern würde, egal was ich fühlen würde. Ich hatte noch immer ein Lächeln auf dem Gesicht. Es schmerzte. Mein Mundwinkel verzog sich. Eine einzelne Träne lief über meine Wange, schnell wandte ich mich vom Fenster ab und sank auf mein Bett nieder. Wenn ich mich nun wirklich in meinen besten Freund verliebt hatte...?
Ich stütze meinen Kopf auf meiner Hand ab. Das konnte es nicht sein. Es musste einen anderen Grund dafür geben, warum mich seine Gegenwart so verwirrte. Ich wischte die Träne weg und stand auf. Mein Kopf fühlte sich leer an. Ich atmete tief ein.

Als ich den Frühstückssaal betrat, saß nur einsam Jungkook an einem Gruppentisch und aß sein Essen. Ich nahm mir ebenfalls ein Tablett und setzte mich zu ihm. "Guten Morgen, Kookie"
Meine Stimme klang gebrochen, aber ich versuchte gut drauf zu sein. Jungkook konnte mich oft aufmuntern. Er lächelte und sah mich an: "Guten Morgen! Gut geschlafen, Hyung?"
"Klar, du?", log ich und begann zu essen. Er nickte nur und sah aus dem Fenster hinter mir. Ich hoffte nur, dass er nicht wusste, dass es Missverständnisse gab. Jungkook war in solchen Hinsichten ziemlich sensibel. Ich stocherte in meinem Essen rum. Jungkook murmelte immer wieder das Wort >Porrage< und versuchte die richtige Betonung zu finden. Ich musste schmunzeln. Es war schön, dass er den Urlaub genießen konnte. Aus dem Flur des Hotels hallten Tae und Hoseoks Stimmen in den Saal. Ich atmete nervös aus.
Kurz danach betrat Tae den Raum. Als er mich sah, erlosch sein Wortfluss. Er schien nicht zu wissen, wie er reagieren sollte. Schließlich wandte er seinen Blick auf den Boden und ging zum Buffet. Ich zitterte. Mir war nicht kalt, ich wusste nicht ob ich enttäuscht von Taes Reaktion war. Jungkook schien es bemerkt zu haben. Besorgt sah er zu mir hoch. Ich musste jämmerlich aussehen. "Hyung-", fing er an.
"Alles ist ok, Kookie", sagte ich. Das Zittern ließ langsam nach. Bald näherten Hoseok und Tae unserem Tisch. Tae setzte sich geschickt neben Jungkook. Direkt in mein Sichtfeld. Hoseok platzierte sich neben mich und klopfte mir kurz auf die Schulter. Ich tat so als wäre ich in mein Essen vertieft und nickte. Immer wieder schoss mir die Frage "Warum macht es mich so fertig?" durch den Kopf. Jungkook brach die Stille am Tisch.
"Taehyung, mit wem shootest du?", fragte er mit vollem Mund und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Wie aus dem Schlaf gerissen, sah Tae auf und rieb sich kurz die Augen.
"Namjoon."
Seine Stimme klang ebenfalls nicht gut. Langsam traf mein Kopf eine Entscheidung. Gestern Abend war nie geschehen.
"Hast du dich erkältet?", fragte ich Tae und sah ich erwartungsvoll an. Noch mehr erschrocken wandte er diesmal den Kopf hoch.
"N-nein, ich hab bloß nicht so gut geschlafen..."
"Hm."
Sein Blick war glasig. Ob er wohl auch an gestern dachte? Ich nahm ein kleines Blatt in seinen Haaren wahr. Vorsichtig beugte ich mich vor und fischte das verdorrte Blatt aus seinen verwuschelten Haaren. Überrascht sah er mich an. Ich hielt ihm das Blatt vor die Nase und schwenkte es ein bisschen hin und her. Er musste kichern. Ich verfiel bei seinem Kichern und konnte dem Druck nicht zu Lachen nicht mehr standhalten. Auch Tae war bald in schallendes Gelächter ausgebrochen. Ich sah ihn an. Er hatte vom Lachen Tränen in den Augen und mit seinem Grinsen alle Zähne entblößt. Es hatte mir gefehlt. Schleppend wurde mir bewusst, was Tae für mich war.

[TaegiFF] Room207Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt