53. Kapitel

809 43 13
                                    

Hallo ihr lieben, ein neues Kapitel, es ist lang und hoffentlich gut! 

Kleine Sache so nebenbei... Ist jemand von euch bei FF.de? Ich nämlich NICHT! Ich bin nur hier. Ich hatte mal vor LANGER ZEIT einen. Also letztes Jahr oder so. Ich bin ja jetzt NICHT aktiv. Ich weiß nicht wer es ist, aber ich bin es definitiv NICHT! Eine Freundin machte mich darauf aufmerksam, dass sie es blöd findet, wenn nicht auf ihre Anfragen reagiere. Ich weiß nicht, wer das ist. Bitte lasst euch da nichts einreden!

Das war mir noch wichtig. Ich danke euch und hier ist ein neues Kapitel!

*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+*+


Ich fahre dann wieder nachhause. Ich telefoniere und plane. Ich überweise Geld, spreche mit dem Team, mit den Behörden und der Versicherung. Bald schon ist es Mittag und Lene schneit mit Annika ins Haus. Ich lege meine Arbeit zur Seite und kümmere mich um meine Tochter, während Lene sich frisch macht. Etwa zehn Minuten nachdem die sechste Stunde in der Schule der Jungs aus ist, stehen diese zusammen mit ihrer Oma vor der Tür. Mittwochs ist Kuchen- und Familientag. Da bringt Mama immer die Jungs von der Schule nachhause und isst mit uns Kuchen. Eine wunderschöne Zeit. Wenn wir fertig mit dem Kuchen sind, dann machen die Jungs ihre Hausaufgaben. Lene kümmert sich dann um Annika und den Rest, während ich die Chance nutze, um mit Mama gemeinsam zu Chris zu fahren. Chris zu besuchen steht ebenfalls neuerdings auf der Tagesagenda. Ganz weit oben.

Die Jungs dürften uns letztens begleiten. Annika blieb in der Zeit bei Freunden von uns. Da fuhren wir alle, Lene, Liam, Felix, Mama und ich ins Krankenhaus. Es ist das erste Mal gewesen, dass Liam und Felix mit dürfen. Der Augenblick, als sie das Zimmer betraten, war ein sehr nervenaufreibender. Die ganzen Fragen, die Ängste die ich vorher hatte. Ob sie ihn so sehen wollen? Ob es ihnen Angst macht, wie er aussieht? Ob er in der Zeit schwach ist und... das gesamte Programm. Doch als die beiden Jungs dann so vor ihm stehen, da treibt es mir doch die Tränen in die Augen. Genauso wie Mama und Lene. Zusammen stehen die beiden großen Jungs vor diesem Bett, halten einander die Hand und schweigen. Für einen Moment jedenfalls. „Er sieht aus, als schläft er.", sagt Liam. Felix nickt. Ich beiße mir auf die Lippe. Ja, er schläft. „Also, du siehst gar nicht so schlecht aus, Onkel Chris.", fügt Felix hinzu. Ich nehme Lene in den Arm und Mama rückt auch näher. „Bald bist du wieder bei uns...", haucht Liam. Bald ist er das wieder. Meine Hoffnung, unsere aller Hoffnung. „Genau, du machst das schon.", flüstert Felix und dreht sich zu uns Erwachsenen um. „Oder, Papa?", fragt er mich und wie gern hätte ich mit einem einfach nicken geantwortet. Doch ich lächle bloß und löse mich von Lene und Mama. „Euer Onkel hat das bestimmt gehört und gibt sich ganz viel Mühe wieder gesund zu werden.", sage ich leise. Die Jungs nicken und wir reden alle ein wenig über Chris. Es brennt nicht mehr so im Hals, wie anfangs, als wir über Chris sprachen.

Es sind nun zweieinhalb Wochen vergangen. Von dreißig Tagen sind nun sechzehn vergangen. Jeder versucht irgendwie mit Chris zu reden und ihn zu motivieren. Auch wenn ich daran Zweifel habe, scheint es zu funktionieren. Jedenfalls sieht es so aus, bis mein Handy mich plötzlich aus dem Tiefschlaf reißt. Es liegt immer auf meinem Nachttischen, neben meinem Zeichenblock. Für Notfälle.
Es ist Mama. „Andreas, es ist Chris...", höre ich bloß. Es ist Mama, die am anderen Ende weint. „Mama...", ich schlucke. „Andreas, bitte...", schluchzt sie. Ich setze mich auf. „Was ist los?", frage ich sie und schwinge mich schon aus dem Bett. Lene scheint etwas mitbekommen zuhaben. Sie rekelt sich träge und dann sitzt sie aufrecht im Bett. „Mama, wo bist du? Ich komme.", sage ich und flitze ins Badezimmer. Was ist bloß los? In meinem Kopf spielen sich tausende Szenarien ab. Es geht um Chris! Alles geht um Chris! „Ich bin bei ihm. Die Ärzte kamen, er ist weg. Andreas, bitte...", weint sie. Ich kann nicht mehr. Es zerreißt mich. Ich kämpfe mit den Tränen. Ich weine viel. In letzter Zeit fällt es kaum auf, doch jetzt merke ich es schon. „Mama, wo ist Chris?", frage ich und versuche ruhig zu klingen. „Er ist im OP. Sie sagten, es ist sein Bein..."

In meinem Kopf dreht sich alles und ich sehe schwarz. Die Stimme von Mama schwingt so zwischen schrill und Bass. Ich verstehe nicht mehr, was am anderen Ende gesagt wird. Es sind Bruchstücke und mein Kopf scheint zu explodieren. „Ich...", flüstere ich. Irgendwie ist mir schlecht. „Ich.. muss eben...weg.", murmle ich und stehe auf. Mein Weg führt direkt zu unserer Toilette, in die ich mich kurz entschlossen übergebe. Ein Grummeln. Ein Husten, ein Keuchen. Ich wische mir mit dem Klopapier den Mund ab und erhebe mich. Ich spüle das Papier mit dem Rest in der Toilette runter. Nun stehe ich vor dem Spiegel. Ich sehe richtig schlecht aus. Ich drehe das Wasser auf und halte meine Hände unter den Wasserstrahl. Dann forme ich sie so, dass das Wasser sich darin sammelt. Ich spüle mit Wasser meinen Mund aus. Der eklige Geschmack verliert nur nach und nach an Kraft. Ich sehe im Spiegel, dass Lene an im Türrahmen lehnt. Ich nehme das Handy wieder an mein Ohr. „Mama, bleib da. Ich komme. Es wird alles wieder gut...", murmle ich. Mir ist immer noch schlecht. Oder schon wieder. Keine Ahnung. Mama weint und dann höre ich nur noch, wie sie auflegt. Ende, aus. Ich schüttle den Kopf.

Lene kommt näher. Ich versuche ihrem Blick auszuweichen. „Andreas...", flüstert sie. So leise und verständnisvoll. Ich kann nicht mehr. Ich bin echt nicht für so was gemacht. Vielleicht schon, aber langsam fehlt mir echt die Kraft. Ich kann nicht mehr. Bitte kann das mal jemand akzeptieren! Bitte! Das ist doch nicht zu viel verlangt! „Wie geht es dir?", fragt Lene mich. Ich versuche zu lächeln, doch es misslingt mir. „Lene, was ist da gerade...", beginne ich und ein Kloß bildet sich im meinem Hals. Ich kann es nicht aussprechen. Denn was war das gerade? „Es geht ihm schlecht.", sage ich leise. Ich weiß nicht mal, ob ich es wirklich ausgesprochen habe. Es ist viel mehr so ein Gedanke, den man dann laut sagt, aber hinterher nicht mehr weiß, ob man ihn wirklich gesagt hat. Komisch, seltsam, eigenartig halt. Keine Ahnung. Vielleicht bin ich auch einfach nur fertig. Ein Urlaub wäre schön. Ostsee. Mit allen. Meinem Bruder, Mama, Annika, den beiden Jungs und natürlich der Frau meiner Träume.

„Ich würde dir so gerne helfen, Andreas...", sagt Lene zu mir. Ich nicke und lache ironisch auf. Helfen? Mir? MIR HELFEN? Da gibt es nichts mehr zum Helfen. „Danke, aber ich denke, das bringt's auch nicht mehr.", sage ich also und sehe zu Lene. Ich sehe in ihre klaren Augen. In ihre hellen klaren Augen. Und es treibt die Tränen über meine Wange. „Komm...", meint Lene und nimmt mich in ihre Arme. „Nein...", hauche ich. Ich spanne meinen ganzen Körper an, als Lene ihre Arme um mich legt. Ich wehre mich nur sehr langsam dagegen. Ich habe keine Kraft mehr. „Nein...", sage ich lauter und beginne zu zittern. NEIN! Es geht nicht! Ich kann nicht! Nein... „Pssst....", versucht Lene mich zu beruhigen, doch es puscht mich nur noch mehr. NEIN! NEIN! NEIN! Ich kann ihn nicht verlieren! Ich kann nicht! „NEIN!", fluche ich leise und klammere mich an meine Frau. Ich weine in den Armen meiner Frau und sinke auf den Fußboden. Tiefer geht es nicht, der Fußboden ist kalt. Ich halte Lene fest und sie streichelt langsam über meinen Kopf. Klar, mir ist nicht entgangen, dass auch bei ihr die Tränen fließen. Doch ich kann nicht mehr. Ich schnappe nach Luft und am liebsten würde ich schreien, doch es ist nur ein Krächzen, ein Hauchen. Mehr ist es nicht. Und wir sitzen zusammen hier und weinen...

A Long Way - Ehrlich Brothers FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt