Frohe Kundschaft
Emma Thompson
Erschrocken blicke ich zur Seite, als mir der Kopfhörer aus meinem Ohr herausgerissen wird und ich aus meiner ganz eigenen, erschaffenen Blase geweckt werde. Seine grünen Augen funkeln mich provozierend, aber mit einem verschlagenen Grinsen an.
„Es ist ein ganz neues Bild von dir, dich hier noch wach vorzufinden." Schmunzelnd klappe ich die Seiten aufeinander und streiche mit meinen Fingern über den Einband.
„Seitdem deine Mutter mir das Album gegeben hat, kann ich es nicht mehr aus den Händen legen", erkläre ich nachdenklich. Sein Lächeln wird sanfter, als ich ihm über seine Wange fahre.
„Du kannst morgen auch noch in Erinnerungen schwelgen. Es wird Zeit ins Bett zu gehen, findest du nicht auch?"
Ich schaue auf die Uhr und stelle fest, dass es wirklich schon Mitternacht ist. Lachend zieht mich Damian auf seinen Schoß und schlingt seine Arme um meinen Körper. „Ich verspreche es dir, ich habe es nicht mitbekommen." Grinsend lege ich meine Finger um sein Gesicht. „Darf ich wissen, wo du stehen geblieben bist?" Neckisch schüttle ich meinen Kopf, wodurch er jedoch nur das Fotoalbum näher an sich zieht und nun selber nachschaut.
„Die Hochzeit meiner Eltern?" Ich brauche ihm nicht zu antworten, die Stille scheint Bestätigung genug zu sein. Denn ja, das ist die Hochzeit seiner Eltern. Die Fotos sind bereits leicht vergilbt und doch erkennt man das Strahlen auf ihren Gesichtern.
Ich befreie mich aus seinem umgarnenden Griff, um meine Zähne putzen zu gehen. Doch auch in unserem angrenzenden Bad schlingt er seine Arme um mich. Ich sehe seine dunklen Augenringe und seine blasse Haut.
Sorgsam schenke ich ihm einen Blick. Bei uns auf der Arbeit ist gerade eine absolute Ausnahmesituation, beziehungsweise bereits eine Katastrophe, ausgebrochen.
Immer mehr Unternehmen springen von uns ab und interessieren sich für andere, wesentlich größere Agenturen, sodass wir weniger Einnahmen haben. Und die, die wir haben, müssen wir mit drei Architekten ausgleichen. Das bringt jedem nicht viel Schlaf ein.
„Ich habe übrigens morgen ein Gespräch mit Cornelius", nuschelt Damien in meine Halsbeuge. Ich drehe mich erstaunt um, brauche nicht einmal weiter nachzuhaken, da ergibt er sich seufzend.
„Du hast also auch keine Ahnung, warum er mich zu sich ruft?" Ich schüttle meinen Kopf. „Feuern wird er dich schon nicht, immerhin bist du sein bester Mitarbeiter." Das Lächeln auf seinen Lippen lässt ihn sogleich jünger erscheinen.
Dennoch verschwindet der nachdenkliche Funken nicht aus seinen Augen. Vor allem nicht, als er seinen Kopf auf meine Schultern legt, nachdem ich meinen Mund von der Zahnpasta befreit habe. „Egal was es ist, es wird wichtig genug sein, um von deiner Arbeit eine Pause zu machen", muntere ich ihn auf. Er schüttelt den Kopf. „Genau das ist es, was mich stört. Cornelius wird hoffentlich nicht so dumm sein und noch einen Auftrag anschaffen." Strengen Blickes schaue ich ihn wieder an. „Hör auf so über ihn zu reden. Er wird wissen, was für sein Unternehmen gut ist." Meine Finger verschränken sich mit den seinen, um ihn langsam wieder ins Bett zu ziehen.
„Trotzdem würden wir nicht in solch einem Dilemma stecken, wenn er nicht bereits genug Arbeit für uns hätte."
*
Müde halte ich meine Augen offen und blinzle gegen die Sonnenstrahlen, die durch das Rolloneben dem Fahrstuhl, fallen. Vielleicht hätte ich mich gestern Nacht doch nicht solange mit dem Album rumschlagen und stattdessen einfach schlafen gehen sollen. Dann wäre ich nun zumindest nicht so unglaublich müde und könnte vernünftig meine Arbeit verrichten. Ich luge über meine Schulter und erkenne hinter dem Milchglas Damiens Silhouette. Augenblicklich gleitet meine Hand zu dem Ring um meinen Finger, was mich zu Lächeln beginnen lässt. Es sind gerade mal drei Monate vergangen, seitdem er mir den Antrag gemacht hat und ich habe noch immer nicht –
„Er spinnt!" Ich zucke zusammen und drehe mich sogleich herum, sodass ich Damian entgegen schaue. Meine Brauen sind zusammengezogen.
„Ich verstehe nicht", gebe ich murmelnd von mir, erahne allerdings bereits, wieso sich die Falte auf seiner Stirn bildet.
„Er möchte mit dir reden, vielleicht bringst du ihn ja endlich wieder zur Vernunft!" Und mit diesen Worten geht er in sein Büro. Schön. Dann finde ich eben selber heraus, was ihn so aufwühlt.
Cornelius erwartet mich bereits mit einem freudigen Lächeln in seinem Gesicht, während er tiefenentspannt in dem Sessel hängt. Wie üblich sind seine Fenster aufgerissen, sodass die frische Luft das Zimmer abkühlt. Er wird wieder mit einer Erkältung hier sitzen, wenn er sie nicht bereits hat. „Damian war ganz schön aufgebracht", beginne ich vorsichtig, ehe ich mich in dem Stuhl vor seinem Schreibtisch niederlasse und ihn auffordernd anschaue. „Ich schätze allerdings, dass ich bereits weiß worum es sich handelt", füge ich noch rasch hinzu, wodurch er sich von seiner Stuhllehne abstützt und mich weiter mit einem Blick bedenkt.
„Ich habe das Projekt gefunden." Da er den Artikel besonders stark betont hat, wird mir mehr oder minder bewusst, dass Damians Theorie richtig war. Noch ein Projekt. Noch mehr Arbeit. Und keine weiteren Mitarbeiter.
Meine Lippen pressen sich aufeinander, während ich meine Hände unter meine Beine schiebe, da ich bereits auszukühlen drohe. „Cornelius, glaubst du, das ist so eine gute Idee? Sowohl Damian, als auch Peete und Valerie haben wirklich genug zu tun." Er winkt lachend meine Bedenken und die der anderen fort. Bereits als ich mein Praktikum hier während meines Studiums gemacht habe, war er solch ein Sturkopf. Nichts konnte ihn umstimmen.„Mache dir darum keine Sorgen, Emma. Ich habe nämlich ein Ass im Ärmel." Überrascht zucken meine Brauen nach oben. Das klingt gut. Allein wie seine Euphorie überzulaufen scheint, scheucht selbst meine Zweifel fort.
„Echt? Ich meine, das ist super. Was ist es?"
„Du."
Meine Mundwinkel beginnen sich sogleich wieder zu senken. Nein. Nein, das ist absolut schlecht.
„Cornelius." Ich beiße mir auf meine Lippe, unterbreche mich aber selber, als er mir die Mappe vor die Nase hält. Ungerne löse ich meine Finger aus dem warmen, allerdings überwiegt meine Neugierde.
Ich bereue es sogleich, ich die ersten Fotos des Hauses sehe. „Ziemlich großer Auftrag", sage ich leise, was ihn beinahe kichern lässt.
„Die Fassade ist bereits renoviert worden, dann ist die Firma allerdings pleite gegangen und musste die Arbeiten liegen lassen. Wenn wir das abgeschlossen haben, können wir uns alle eine Auszeit von mehreren Jahren gönnen." Ich reiße meine Augen auf.
„Was nicht passieren wird." Seine grünen Augen bekommen einen strengen Ausdruck wodurch ich mir schwer das Grinsen verkneifen kann.
„Okay und wie soll ich dort mitspielen?"
„Es gibt einen Garten auf der Dachterrasse und im Erdgeschoss. Es wird dein Projekt sein. Zudem wirst du Damian unter die Arme greifen."
Sprachlos blicke ich ihn an. Das kann er nicht ernst meinen. „Ich bin deine Assistentin", erkläre ich kaum hörbar.
„Meine Assistentin, die Landschaftsarchitektur studiert hat. Damian ist mit seinem Projekt kommende Woche fertig. Das danach wird an Valerie abgegeben, sodass ihr euch beide alleine darum kümmern könnt. Ich werde auf Abruf bereit sein und euch unter die Arme greifen." Noch immer verstehe ich ihn nicht. Ich möchte es kaum. „Das muss ein Scherz sein."
Er lacht.
Wie wunderbar.
„Denke darüber nach, Emma. Ich würde es dir nicht anbieten, wenn ich nicht wüsste, dass du es könntest."
Dann bin ich mal auf eure Meinungen gespannt

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He Owns My Heart
Roman pour AdolescentsSechs Jahre sind vergangen, seitdem Aiden scheinbar aufgegeben hat. Kann Emma ihm erneut ihr Herz schenken? *** Emma hat sich ihr eigenes Leben aufgebaut - mit ihrem Verlobten und ihrem Job als Architektin. Sie hat die Vergangenheit, den Schmerz und...
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