Der Mörder,Gott und Ich

Kapitel 2

Angels Sicht

Ich wurde von Macklemore geweckt, denn mein Wecker dudelte gerade „Can´t hold us“  , als ich ihn ausschaltete. Ja, nur weil ich gläubig war hieß das noch lange nicht das ich Kirchenlieder hörte. Bei weitem nicht. Ich liebte Macklemore. Seine Texte öffnen einem manchmal die Augen aber meistens lösen sie völlige Lebensfreude in mir aus. So auch heute. Mit einem fetten Grinsen stieg ich aus meinem Bett. Ich ging duschen und föhnte danach meine Haare. Tänzelnd ging ich zu meinem Schrank und fischte die üblichen Sachen heraus. Eine blaue Jeans und ein Shirt. So unauffällig wie es halt nur ging. Meine blonden Haare band ich zu einem Pferdeschwanz. Dann ging ich runter in die Küche, wo mein Dad schon mit seinem Morgenkaffe am Tisch saß und Zeitung las. Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Na mein Engel. Du scheinst ja wieder sehr gute Laune zu haben.“  „Jaaa die hab ich auch.“ gab ich lächelnd zurück. Wir beide wussten jedoch ganz genau, dass das sich noch im Verlauf des Tages ändern würde. So war es nämlich immer. Ich wachte gute gelaunt auf und kam als Miesepeter wieder nach Hause. Ich frühstückte schnell und holte meinen Rucksack. Zum Abschied warf ich meinem Dad einen Luftkuss zu und er fing ihn wie immer, gespielt auf. Es ist zu einer Art Abschiedsritual bei uns geworden. Lachend ging ich aus dem Haus. Die Schule war zum Glück nicht weit und ich war schon in 10 Minuten dort. Im Klassenraum erwartete mich El schon sehnsüchtig. Sie kam auf mich zu gerannt. „Angel, Angel Angel! Rat mal mit wem ich am Samstag ein Date hab!“ flötete sie aufgeregt. „Doch nicht etwa mit Louis?!“ antwortete ich entsetzt. „Dooooch.“ Quietschte El. Sie grinste wie ein Honigkuchenpferd und hüpfte herum wie ein kleines Kind. Louis war Eleanors Internetbekanntschaft. Sie hat mir schon so oft seine ach so „süßen“ Nachrichten gezeigt die er ihr täglich schrieb, aber wer weiß denn wer dahinter steckt. Vielleicht schreibt El ja auch in Wirklichkeit mit einem 53 Jahre alten Irren. Aber auf mich wollte sie ja nicht hören.  „ Sei vorsichtig damit El, das kann gefährlich sein. „Jaja. Weiß ich doch.“ Antwortete sie nur und dabei beließen wir es. Der heutige Schultag war wie immer schlimm. Im Unterricht konnte ich mich irgendwie nicht konzentrieren und in den Pausen wurde ich ununterbrochen von der Schultussi und ihrer Clique runter gemacht. Als die Schule endlich aus war, verabschiedete ich mich von Eleanor und ging nach Hause. Dort angekommen schmiss ich meine Sachen in die Ecke und ging auf Nahrungssuche. Als ich den Kühlschrank öffnen wollte, sah ich einen Zettel dort hängen.

„Angel, ich bin bei Großmutter Nelli.

Ich habe total vergessen dass ich dort

heute hin muss. Meinst du, du schaffst

die Kapelle heute allein? Ich glaub an

dich.

In Liebe Dad <3“

Jetzt war meine Laune wirklich auf dem Nullpunkt angekommen. Die Kapelle war eine Heidenarbeit. Ich sah es immer wenn mein Dad alles allein machen musste. Man sah es in seinen Augen, diese anscheinend nie endende Erschöpfung. Und trotzdem machte er jedes Mal weiter, nur um dann in den Augen der Menschen die ihm gegenüber saßen, etwas zu lesen dass nicht jedem gegeben ist… Hoffnung. Dieses Wort beruhigte meinen Vater so sehr, dass all die Erschöpfung die in sein Gesicht geschrieben war, wie weg geblasen ist. Ich bewundere meinen Vater sehr dafür. Mit einem Seufzen machte mich auf den Weg in die Kapelle. Als ich fertig mit den Vorbereitungen war setzte ich mich in Dads Büro. Es war ebenfalls in der Kapelle.

Als ich die Messe schloss, durfte ich wie am Vortag die ganzen Kerzen ausblasen. Eigentlich ist alles ganz gut gelaufen, dafür, dass ich ganz allein war. Ohne meinen Dad. Ich hatte alle Kerzen ausgemacht und stellte gerade die Kerzenleuchter wieder an ihren richtigen Platz als ich wieder dieses Schluchzen vernahm. Diesmal kam es aus dem großen Vorleseraum. Dort wo wir die Messen hielten. Mit schnellem Schritt bewegte ich mich dort hin. Abrupt blieb ich stehen. Dort auf der hintersten Bank saß ein blonder Junge… und er weinte.