Das Zimmer war dunkel und er hörte den leisen gleichmäßigen Atem, der von ihr ausging. Sie schlief also wirklich. Neben ihr blinkte ein kleines Lämpchen, welches zu einem Handy gehörte. Ja, er hatte auch in der Muggelwelt nach ihr gesucht, aber hatte natürlich nichts gefunden. Mit der verschiedenen Technik in der ihm mittlerweile so fremden Welt, hatte er sich ebenfalls vertraut gemacht.
Leise setzte er sich neben sie auf die Bettkannte und betrachtete ihre schlafende Gestalt. Sie war zierlich und hatte auch ein wenig abgenommen. Aber sie sah nicht abgemagert aus. Eigentlich hatte er gedacht, dass sie nach einer Schwangerschaft ein paar Kilos mehr auf den Rippen hätte und es hätte ihn gefreut. Die Kilos hätten gezeigt, dass sie Mutter war und zwar von seinem Kind. Wo war es überhaupt?
Sein Blick wanderte weiter hinauf und er betrachtete ihr Gesicht. Sie hatte ein paar schwarze Striche im Gesicht, die vorhin noch nicht dort waren. Hatte sie geweint? Er streckte seine Hand nach ihrem Gesicht aus, um die Spuren zu beseitigen. In diesem Moment begann ihr Handy zu vibrieren und auf dem Bildschirm blinkte eine Nachricht auf.
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Neben ihr vibrierte ihr Handy und sie schlug langsam ihre Augen auf. Mit der Hand tastete sie blind danach und hielt es sich vors Gesicht. Eine Sprachnachricht ihrer Freundin. Müde drückte sie auf Play und hörte sich die Nachricht an.
„Wir wünschen dir einen guten Rutsch und komm gut ins neue Jahr", lachte sie und im Hintergrund hörte sie ein kleines Kind glucksen. Ihr Herz zog sich für einen Moment schmerzhaft zusammen, aber dann lächelte sie. Dann drückte sie auf Aufnahme.
„Ich wünsche euch auch einen guten Rutsch und knuddel deine Kleine von mir. Sie ist wieder mal so süß. Ich will auch sowas. Bis nächstes Jahr. Ich habe euch lieb", lachte sie in ihr Handy und schickte die Nachricht ab. Nun war sie ein wenig wacher und nahm eine Person neben sich wahr.
„Ich habe doch gesagt, dass du nicht nach mir gucken brauchst. Mir geht es soweit gut. Ich brauche nur ein bisschen Schlaf und dann bin ich nachher auch wieder top fit", lächelte sie aufmunternd und richtete sich auf, um ihrem Freund einen Kuss zu geben. Als sie saß und die Gestalt vor sich in der Dunkelheit musterte, stimmten aber die Proportionen nicht.
Ihr kam die Person bekannt vor und auf einmal durch flutete sie die Erkenntnis. ‚Nein! Nicht schon wieder. Warum tut er mir das immer wieder an?', dachte sie aufgewühlt. „Was wollen Sie? Hier oben wollen wir keine Gäste haben!", zischte sie leise.
Severus räusperte sich. „Ich wollte nach dir sehen und mit dir reden. Bitte hör mich an", bat er leise, aber flehend. Resigniert seufzte Hermine, lehnte sich gegen das Kopfteil des Bettes und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie wusste, dass sie ihm nichts vormachen konnte.
„Ich habe damals einen riesigen Fehler begangen", fing er an zu erzählen. „Ich hatte Angst. Ich habe nicht geglaubt, dass ich in der Lage bin ein Vater zu sein. Ich weiß, dass ich mit dir über meine Ängste hätte reden müssen, aber ich habe mich geschämt. Vor was hat ein Severus Snape denn auch bitte Angst? Ich kann es dir heute sagen. Ich habe Angst davor dich nie wieder zu sehen und ich hatte damals Angst davor, wie mein Vater zu werden. Ich hatte keine schöne Kindheit, Hermine und das weißt du auch. Mein Vater war ein riesiges Arschloch und hat nur gesoffen. Wenn er betrunken war, wurde er aggressiv und hat das zuerst an meiner Mutter ausgelassen. Er wollte nie Kinder und das habe ich deutlich mit Missachtung und verbalen Ausdrücken zu spüren bekommen. Irgendwann hat es ihm nicht mehr gereicht meine Mutter physisch anzugreifen und ist auf mich übergegangen. Zu diesem Zeitpunkt hatte meine Mutter nicht mehr die psychische Kraft mich vor meinem Vater zu verteidigen und er hat mich geschlagen, bis ich nur noch grün und blau war. Ich war ein Unfall und das hat er mir deutlich zu verstehen gegeben. Es waren andere Zeiten und wir haben, wie du weißt in einem Viertel gewohnt, in dem es niemanden interessiert hat, ob Kinder Zuhause misshandelt wurden. Ich wollte nicht so werden wie er, aber ich hatte doch nur ihn als Vorbild einer Vater-Figur. Ich wollte, wenn ich Vater werde, dass ich ein guter Vater bin. Aber selbst meine Schüler hatten immer Angst vor mir und ich kann mich an kein einziges Kind erinnern, welches keine Angst hatte, wenn es mich gesehen hat. Wie konnte ich also ein guter Vater werden? Ich will nicht, dass mein Kind Angst vor mir hat. Ich hatte also eine abgrundtiefe Panik, dein Leben und das Leben unseres Kindes zu Hölle zu machen. Meine Eltern waren sehr glücklich miteinander, bis ich kam. Ich wollte weder dir noch unserem Kind jemals etwas antun, aber wer garantierte mir, dass ich nicht auch so werden würde, wie mein Vater? Das konnte niemand und die meisten Menschen würden mir dies sogar durchaus zutrauen", seufzte er und strich sich mit einer Hand durch die schwarzen, langen Haare.
Hermine hatte stillschweigend zugehört und ihr Herz verkrampfte sich vor lauter Mitleid. Sie wusste von seiner schweren Kindheit und auch von seinem Vater, aber für sie stand immer fest, dass er niemals so sein könnte. Er trug dafür viel zu viel Liebe in seinem Herzen und war ein viel zu rechtschaffener Mensch. Sie wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als er noch etwas sagte.
„Haben wir einen Sohn oder eine Tochter und wo ist unser Kind?", fragte er leise. Der Gedanke ihm jetzt sagen zu müssen, dass er kein Kind hatte, tat ihr in der Seele weh. Durch seine Worte war ihr klargeworden, dass er nur so gehandelt hatte, weil er ihr Kind liebte und es einfach beschützen wollte, auch wenn es vor sich selber war. Sie hätte damals nicht gehen dürfen, aber das war nun nicht mehr zu ändern.
„Ich... du... Ja, du hättest mit mir reden müssen, dann hätte ich dir gesagt, dass genau diese Ängste zeigen würden, dass du ein guter Vater werden würdest. Du hättest mir nicht so weh tun müssen. Du hast dieses Kind geliebt und deshalb hast du dir solche Sorgen gemacht. Einem schlechten Vater wäre es egal gewesen, ob er so gehandelt hätte, wie dein Vater oder nicht. Aber dir war es nicht egal und durch deine Liebe hast du unsere Familie entzweigebrochen. Wir haben doch sonst auch immer über alles gesprochen. Warum also nicht bei diesem wichtigen Thema?", fragte sie. Sie hatte die Hoffnung noch ein paar Minuten das Gespräch hinaus zögern zu können.
„Ich weiß auch nicht. Ich glaube das ist noch so ein Punkt. Wenn ich dir gesagt hätte, dass ich Angst habe, dass ich unser Kind schlecht behandeln würde, dann hättest du mich doch bestimmt sofort verlassen", flüsterte er leise und starrte auf seine Hände hinunter. Hermine konnte nur den Kopf über ihren Mann schütteln.
„Ich habe dich verlassen, weil du mir weh getan hast. Ich hatte Angst, dass du unser Kind niemals lieben würdest. Dabei hast du es von der ersten Sekunde an geliebt und wolltest es nur beschützen. Wenn ich das gewusst hätte, dann hätten wir es zusammen schaffen können. Du wärst ein wundervoller Vater geworden", seufzte sie und lächelte wehmütig. Deshalb hatte sie ihr ganzes Leben aufgegeben. Sie konnte es einfach nicht fassen. Seine Körperhaltung sprach Bände. Er hatte all die Jahre unter der Trennung tierisch gelitten und er liebte sie und das Kind immer noch. Er wirkte so unendlich traurig und gebrochen.
„D-D-Darf ich unser Kind sehen?", fragte er mit brüchiger Stimme. Nun war es so weit sie musste ihm die Wahrheit sagen. „Ich würde dir gerne unser Kind zeigen, aber ich kann nicht. Bevor du es falsch verstehst, bitte höre mir auch zu", begann sie leise und wartete auf seine Reaktion. Er nickte nur traurig.
„Es ist so, dass ich nicht weiß, ob wir einen Sohn oder eine Tochter haben. Ich weiß auch nicht, wie es ausgesehen hat. Nachdem ich dich verlassen habe, hatte ich eine Fehlgeburt. Ich hatte einfach zu viel Stress. Ich war komplett aufgewühlt und traurig und habe dich vermisst. Meine Frauenärztin hat mir dann später erklärt, dass gerade in den ersten 3 Monaten eine Fehlgeburt sehr häufig auftritt und wenn die Frau dann auch noch psychischen oder physischen Stress ausgesetzt ist, dann ist das Risiko noch größer. Bei mir ist es nun mal eingetreten und ich kann es leider nicht mehr ändern. Nachdem ich das Kind verloren hatte, war ich nicht ganz bei mir, aber mein Stolz hat mich davon abgehalten zu dir zurückzukehren. Du wolltest mein Kind nicht, also hattest du auch kein Recht mich wieder zurück zu bekommen. Wenn du das überhaupt gewollt hättest. Ich war ein Jahr alleine und habe gelitten und war kurz davor alles zu beenden. Dann habe ich Alex Sohn kennengelernt und er hat mich wiederaufgebaut. Ich habe ihn schätzen und auch lieben gelernt. Es tut mir alles sehr, sehr leid, wie es kommen musste", erklärte sie traurig. Es tat ihr unendlich weh, ihm jetzt so weh zu tun. Aber hatte sie eine andere Wahl?
Sie sah, wie seine Körperhaltung noch mehr zusammenbrach und er leise nickte. „Ich hätte für dich und für euch da sein sollen. Ich trage die Schuld an dieser Fehlgeburt. Es ist verständlich, dass du nicht wieder zu mir zurückgekehrt bist. Es tut mir leid, dass ich dich belästigt habe", setzt er traurig hinterher und stand auf. „Ich liebe dich und das werde ich immer tun", murmelte er und verließ das Zimmer.
Hermine starrte ihm hinter her. „Ich liebe dich auch", seufzte sie und ließ sich wieder in die Kissen fallen.
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Gibt es ein Wiedersehen?
FanfictionEs sind 5 Jahre vergangen seit Professor Severus Snape und Hermine Granger sich getrennt haben. Hermine hat sich in die Muggelwelt zurückgezogen und hat Britannien den Rückengekehrt. Doch konnte ihr Herz den dunklen Mann nie ganz vergessen! Was pass...